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Bride 02 - Tempel Der Liebe

Bride 02 - Tempel Der Liebe

Titel: Bride 02 - Tempel Der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
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seinen Begleiter. Jin Kang war bei weitem nicht so beeindruckend wie sein Herr. Er trug eine hochgeschlossene dunkelblaue Tunika und weite Hosen. Das war die Uniform fast aller Männer und Frauen hier. Seine Kleider waren zwar aus besserem Stoff gefertigt als die eines einfachen Arbeiters. Dennoch waren sie sehr schlicht, nur ein schmaler Rand an den Ärmeln war bestickt.
    Kyle hatte Lust, seine neue Umgebung kennen zu lernen. Deshalb sagte er: »Wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich mir gern ein wenig die Beine vertreten und mir zunächst den Hafen ansehen.«
    »Wie Herr wünschen.« Jins leise Stimme war so zurückhaltend wie seine ganze Erscheinung.
    Sie verließen den Englischen Garten und begaben sich ins Hafengetümmel. Europäische Waren wurde ausgeladen, gleichzeitig wurden chinesischer Tee und andere Erzeugnisse auf kleinen Booten zu den Handelsschiffen verfrachtet, die in Whampoa vor Anker lagen. Kyle und sein Begleiter mussten schwitzenden Hafenarbeitern und mit Ballen beladenen Wagen ausweichen, während sie sich einen Weg durch den Hafen bahnten. Überall konnte man den rhythmischen Singsang der kantonesischen Sprache hören.
    Während sie durch das Getümmel gingen, betrachtete Kyle seinen Begleiter Jin aus den Augenwinkeln. Der junge Mann trug eine blaue Mütze. Sie bedeckte seinen Kopf von den Brauen bis zum Ansatz eines dicken Zopfes, der ihm auf den Rücken hinabfiel. Um die Taille trug er einen kleinen Geldbeutel. Sein gesenkter Blick und die hochgezogenen Schultern machten ihn nicht gerade zu einer einnehmenden Erscheinung. Und obwohl er größer war als der Durchschnitt, würde er augenblicklich in der Menge verschwinden, wenn er sich unter seine Landsleute mischte.
    Natürlich war es nützlich für einen Spion, wenn man ihn nicht bemerkte. Jin Kang musste versteckte Fähigkeiten besitzen. Vielleicht war er intelligent. Kyle sah genauer hin. Jin war fast mädchenhaft hübsch. Er hatte eine blasse, zarte Haut und Züge, die ihn unmerklich von den anderen Kantonesen unterschieden. Vielleicht stammte er aus Nordchina. Die Chinesen aus dem Norden waren größer als die Kantonesen; bestimmt gab es weitere Unterschiede zwischen den Chinesen verschiedener Regionen.
    Da Jins Gesichtsausdruck nichts preisgab, betrachtete Kyle die Umgebung. Hinter dem Hafengebiet lag ein schwimmendes Dorf aus aneinandergebundenen Booten, zwischen denen gerade genug Platz war, damit ein sampan vorbei konnte. Auf jedem Hausboot befand sich im Heck ein kleiner Ofen zum Kochen. An vielen Booten hingen seitlich Bambuskäfige, in denen gackerndes Geflügel sein Schicksal als Abendessen erwartete. Ganze Familien lebten auf so engem Raum, dass die Hütte eines englischen Arbeiters im Vergleich dazu riesig erschienen wäre.
    Kyle wollte sich gerade wegdrehen, als ein kleines Kind von einem Hausboot in der Nähe ins Wasser fiel. Er hielt den Atem an. Er fragte sich, ob jemand bemerkt hatte, dass es hineingefallen war. Dann sah er die hölzerne Boje, die an den Rücken des Kindes gebunden worden war.
    Eine ältere Schwester hatte das Kind ins Wasser fallen gehört. Sie tauchte jetzt schimpfend auf und fischte das Kind aus dem Wasser. »Dieser Junge oder dieses Mädchen hat Glück gehabt, dass er oder es diese Rettungsboje auf dem Rücken hatte«, bemerkte Kyle.
    Er hatte keine Antwort erwartet, aber Jin Kang erwiderte: »Junge, nicht Mädchen.« Es war das erste Mal, dass der Mann etwas sagte, nachdem man sie einander vorgestellt hatte.
    »Wie können Sie so sicher sein, dass es ein Junge ist?«
    »Keine Bojen für Mädchen«, sagte Jin kurz. »Sind es nicht wert.«
    Kyle dachte, er hätte sich verhört. »Töchter sind es nicht wert, gerettet zu werden?«
    »Eine Tochter großziehen, nur um sie zu verheiraten, ist wie ein Schwein für das Fest von anderen füttern.« Es hörte sich an, als zitierte Jin ein altes Sprichwort.
    Verglichen mit der bereits sehr herzlosen Einstellung anderer Asiaten war das hart. Gott helfe den Chinesinnen.
    Kyle drehte sich um und ging zum Platz, dem Gelände zwischen dem Hafen und den Hongs. Hier sah es aus wie auf einem Jahrmarkt in England. Es wimmelte von Bettlern und Wahrsagern, fliegenden Händlern und Herumtreibern. Kyle zog viele Blicke auf sich, wenngleich sie nur flüchtig waren. An diesem Ort sah man nur sehr selten einen Europäer.
    Eine Gruppe blinder Bettler, die mit einem Seil aneinandergebunden waren, schlurfte auf den Platz. Sie klagten lauthals ihr Leid und schlugen mit Stöcken auf

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