Bride Trilogie 01 - Bluete der Zaertlichkeit
bewachsen war. Wenn jemand über die Brüstung fiel, wurde er hier aufgefangen.
Undeutlich und nur mit zusammengekniffenen Augen konnte er den schwachen Abdruck eines nackten Fußes in dem feuchten Boden erkennen. Sie war gerettet. Gerettet! Schwach vor Erleichterung sackte er an der Mauer zusammen.
Die Erleichterung wechselte aber schnell in wütende Entrüstung um. Hatte die kleine Hexe doch absichtlich versucht, ihm einen panischen Schrecken einzujagen! Dessen war er sich sicher, so wie er Dominic hieß. Vielleicht wollte sie ihm seinen gedankenlosen Versuch heimzahlen, sie ins Dorf mitzunehmen.
Der Zorn war so groß, dass er jede Vorsicht vergaß. Von der Mauer tat er wie Meriel den Schritt ins Leere und ließ sich auf den vorstehenden Sims fallen. Er landete hart. Die Erde bröckelte unter seinem Gewicht. Er stürzte ab und dachte, sein letztes Stündlein hätte geschlagen.
Mit einer herumschleudernden Hand packte er einen kräftigen, windgebeugten Strauch und hielt sich im letzten Augenblick daran fest. Er war gerettet. Zitternd klammerte er sich an die knorrigen Zweige. Wahrscheinlich war Meriel leichter aufgekommen. Abgesehen davon musste sie die Burg wie ihre Westentasche kennen, auch wenn ihr verblüffender Trick verdammt gefährlich war. Vielleicht begriff sie nicht, in welche Gefahr sie sich damit begeben hatte. Er hatte einfach nicht die geringste Ahnung, wie dieses verrückte kleine Hirn arbeitete.
Als sich seine Nerven ein wenig beruhigt hatten, drückte er den Rücken flach an die Mauer und arbeitete sich Meter für Meter am Kliff entlang. Sie hatte ihren Spaß gehabt, bei Gott, aber wenn sie dachte, sie könnte ihn damit abschütteln, so irrte sie gewaltig.
KAPITEL 9
Im dichten Gestrüpp des alten Burggrabens verborgen, wartete Meriel geduldig auf Renbourne. Da sie hauptsächlich das Eingangstor im Auge behielt, hätte sie ihn beinahe übersehen, als er hinter der Burgmauer auftauchte und den gleichen Weg nahm, den sie eingeschlagen hatte. So ein Dummkopf! Warum musste er ihr folgen! Er hätte zu Tode kommen können.
Trotzdem, er war klug genug gewesen, ihr auf die Schliche zu kommen. Einmal hatte sie den gleichen Trick bei einem lästigen Arzt angewandt, der ihr stundenlang auf den Fersen gewesen war, um sich ein Bild über den Grad ihrer Verrücktheit zu machen. Der Tölpel rannte aufgelöst aus der Burg und verlangte schreiend, dass man den Fluss mit Schleppnetzen absuchen müsse. Nach diesem Vorfall hatten ihn die Damen weggeschickt.
Mit wutverzerrtem Gesicht stürmte Renbourne den Abhang hinunter auf ihr Versteck zu. Lächelnd kroch sie vorsichtig zur Seite, sodass er sie nicht zu Gesicht bekam.
Am Fuße des Hangs lief sie in ein kleines Wäldchen, da ihr der Nebel nicht mehr lange Schutz bieten würde. Normalerweise wäre sie jetzt ins Haus zurückgegangen, um eine Kleinigkeit zu essen, aber im Augenblick machte es ihr mehr Spaß, ihrem Lieblingspfad zu folgen und dem Chor der Singvögel zu lauschen.
Sie befand sich inmitten einer dicht mit Bäumen bewachsenen Stelle, als sie einen Laut hörte, der nicht in diese Idylle passte, lang gezogen und schmerzerfüllt. Sie verharrte und zog die Stirn in Falten. Da, jetzt war es wieder zu hören. Es klang wie Knurren und Winseln zugleich. In ihrer Nähe musste sich ein leidendes Tier befinden.
Sie folgte den Lauten bis zu einer kleinen Lichtung. Ein Paar Füchse war zu sehen. Der Rüde umkreiste unruhig eine winselnde Fähe, deren Vorderpfote in den scharfen Zacken einer Eisenfalle eingeklemmt war. Wilde Wut packte Meriel bei dem Anblick. Wilderer!
Zu Beginn des Frühlings hatte sie dieses Fuchspaar bei ihrem Liebesspiel beobachtet. Ihre Kehle hatte sich zugeschnürt, als sie sah, mit welch spielerischer Verzauberung sie einander umwarben. Jetzt zogen sie gemeinsamen Nachwuchs auf. In einem unvorsichtigen Augenblick war die Füchsin wahrscheinlich in die versteckte Falle geraten, die für einen Hasen ausgelegt worden war. Sie lag keuchend auf der Seite, die senkrechten Pupillen der Augen weit vor Angst und Schmerz geöffnet. Die rechte Vorderpfote war eine blutende Fleischmasse.
Meriel verdrängte ihren Zorn zugunsten wichtigerer Dinge und trat auf die Lichtung hinaus. Der Fuchsrüde ließ ein hohes, scharfes Bellen hören und zog sich zurück, aber sie vermutete, dass er sie aus nächster Nähe beobachtete. Langsam näherte sie sich der Füchsin, summend, um das verletzte Tier zu beruhigen. Es half nichts; als Meriel eine Hand
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