Bride Trilogie 01 - Bluete der Zaertlichkeit
ich erreichen, was den Ärzten nicht gelungen ist, aber sie starrte einfach durch mich hindurch. Es war unheimlich. Als ob ich ein Geist sei. Oder sie.« Jenas Mund verzog sich. »Ich war wütend. Mir schien, als hätte sie unsere Freundschaft absichtlich mit Füßen getreten.«
»Sie selbst waren damals auch noch ein Kind«, sagte er beschwichtigend. »Es ist nur zu verständlich, dass Sie über Meriels verändertes Verhalten verärgert waren.«
Jena blickte ihn forschend an. »Sie sind ein sympathischer Mensch, Lord Maxwell. Sie haben viel Verständnis. Ich würde sagen, Sie tun Meriel wohl.«
Er blickte sie verwundert an. Eigentlich ist es andersherum, dachte er. Meriels Nähe machte ihn glücklich. Seit Jahren hatte er das Leben nicht mehr so bewusst erfahren. Sie konnte manchmal ein rechter Quälgeist sein, aber die Welt war durch ihre Gegenwart mit einem Mal lebenswert und aufregend geworden. Bitter erinnerte er sich wieder daran, dass er nicht mit dieser Innigkeit an sie denken durfte, und meinte schlicht: »Ich mag sie und ich hoffe, es trifft umgekehrt auch auf Meriel zu.«
Sie kehrten Artemis den Rücken. Er führte Jena in den Duftgarten, der so angelegt worden war, dass er während des ganzen Jahres eine Folge von verschiedenen Düften spendete. Im Augenblick hatte der schwere Duft des Flieders die Vorherrschaft angetreten. »Haben Sie Meriel besucht, nachdem Sie wieder in England waren?«
»Ich hatte es vorgehabt, es aber dann unterlassen. In Shropshire ist es allgemein bekannt, dass Lady Meriel geistesgestört ist.« Jena lächelte, als ob sie sich selbst verspotten wollte. »Ich habe mir gesagt, dass ich sie nicht beunruhigen wollte, aber in Wahrheit wollte ich selbst nicht gestört werden. Die Vorstellung, dass sie verrückt war, stieß mich ab. Und für meinen Mangel an Mitgefühl wurde ich drastisch bestraft.«
»Vielleicht war der Zeitpunkt für das Wiedersehen noch nicht gekommen«, meinte er nachdenklich. »Jetzt haben Sie für diesen Zustand viel mehr Verständnis.«
»Das ist richtig. Manchmal hatte ich befürchtet, selbst verrückt zu werden.« Jenas Gesicht wurde hart. »Jetzt kann ich verstehen, weshalb Meriel sich in sich selbst zurückgezogen hat - nur auf diese Weise konnte sie in einer unerträglich gewordenen Welt überleben. Ich habe getobt, als man mich in Bladenham eingeliefert hatte, und verbrachte längere Zeitabschnitte in Beruhigungszellen oder in der Zwangsjacke. Als dann die Hoffnungslosigkeit einsetzte, merkte ich, wie ich mich immer mehr zurückzog. Tagelang lag ich auf meiner Pritsche und starrte an die Decke. Ich ignorierte die Aufseher, als ob ich sie damit vertreiben könnte.«
»Was könnte sie wieder in die Welt zurückbringen?«
Sie dachte darüber nach. »Langeweile vermutlich, oder unerträgliche Rastlosigkeit. Ich weiß es nicht. Oder Not. In Bladenham hielt ich Spaziergänge und Übungen im Freien für sinnlos und langweilig, bis Sie auftauchten. In meiner Nähe. Es war wie ein eiskalter Guss, der mich wieder zu mir brachte. Seit meines Aufenthalts in der Anstalt hatte ich keinen Menschen von draußen mehr gesehen. Mir war bewusst, dass ich diese Chance vielleicht nie wieder haben würde, also lauerte ich wie ein Habicht auf den geeigneten Zeitpunkt, um an Sie heranzutreten.«
Er nickte. Bei einer Frau wie ihr war die Situation ganz anders. Jena war nicht verrückt. Ihr Elend und ihre Verzweiflung hatten sie an den Rand des Wahnsinns gebracht. Meriel hatte einen schwerer wiegenden Schaden erlitten, und das im zarten Alter der Kindheit.
»Wie ist Meriel jetzt?«, fragte Jena. »Muss ich etwas Bestimmtes wissen?«
»Sie spricht nicht und sie ist immer noch in der Lage, durch einen Menschen hindurchzusehen, als wäre er nicht vorhanden.« Er wies auf die Umgebung. »Den größten Teil ihrer Zeit verbringt sie mit Gartenarbeit. Und darauf versteht sie sich ausgezeichnet. Ich glaube, sie hat sich der Welt ein wenig mehr geöffnet, aber ich kenne sie noch nicht lange genug, um das beurteilen zu können. Mir ist es lieber, Sie bilden sich Ihr eigenes Urteil.«
Nach einigen Minuten gelangten sie in den Küchengarten. Der Himmel hatte sich zugezogen und Meriel hatte den Hut abgelegt. Der flachsblonde Zopf fiel ihr über die Schulter, während sie sich über ihre Pfefferpflanzen beugte.
Jena sagte ruhig: »Ich hätte sie überall erkannt. Sie wirkt... heiter und gelassen.«
»Das ist sie meistens. Sie ist hier zu Hause.«
»Und unendlich besser aufgehoben als
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