Bride Trilogie 01 - Bluete der Zaertlichkeit
sich das letzte Mal einander verbunden gefühlt? Wahrscheinlich beim Tod ihrer Mutter. Die Countess wurde plötzlich von einem Fieber befallen und die beiden Buben wurden von ihren Schulen nach Hause zitiert. Rugby lag näher und Dominic traf als Erster in
Dornleigh ein. Seine Mutter lächelte und flüsterte seinen Namen. Ihre beiden Söhne hatte sie nicht ein einziges Mal verwechselt. Mit kaum hörbarer Stimme fügte sie hinzu: »Pass auf deinen Bruder auf. Er ist nicht wie du. Er ... er gibt schnell auf.«
Bald danach fiel sie in einen Dämmerschlaf, aus dem sie nicht mehr erwachte. Mit versteinertem Gesicht zog sich der Earl in sein Arbeitszimmer zurück. Erschüttert wartete Dominic auf die Kutsche, die seinen Bruder bringen würde, und dachte an die Worte, die seine Mutter gesagt hatte. Innerlich schwor er, niemals den genauen Wortlaut zu wiederholen. Kyle würde es zutiefst verletzen, wenn er erfuhr, dass seine Mutter ihn als schwach betrachtete. Dominic wusste, dass sie das nicht wörtlich gemeint hatte, aber besser, er versuchte gar nicht erst, es ihm zu erklären.
Kyle traf an diesem Abend sehr spät ein. Dominic rannte die Treppen zur Diele hinunter. Er wusste in diesem Augenblick nur, dass allein er seinem Bruder die Nachricht mitteilen musste. Sobald Kyle eingetreten war, flog sein Blick zu Dominic mit der wortlosen Bitte, es möge noch Hoffnung bestehen.
Dominic schüttelte den Kopf. Die Kehle war wie zugeschnürt. »Sie ist gegangen, Kyle. Die ... die letzten Worte galten dir. Sie dachte in Liebe an dich.« Und genau dies hatte sie mit ihren letzten Worten ausdrücken wollen.
Kyles Gesicht schien auseinander zu fallen. »Sie ist gestorben und ich war nicht bei ihr. Ich war nicht bei ihr!«
Vom Schmerz seines Bruders erschüttert, streckte er ihm die Arme entgegen. Sie hielten einander fest umschlungen, während Kyle in ein wildes Schluchzen ausbrach. Dominic liefen die Tränen über die Wangen. Sie waren im Schmerz vereint.
Die Erinnerung daran hallte auf merkwürdige Weise nach. Dominic wurde allmählich gewahr, dass er seinen Bruder in diesem Augenblick fühlen konnte. Und heute spürte er den gleichen furchtbaren Kummer von damals, von dem Tag, an dem Kyle ihn gebeten hatte, nach Warfield zu kommen. Dieser Schmerz schien jetzt sogar noch stärker zu sein. Was, zum Teufel, war geschehen?
Ein weiterer Gedanke kam ihm und wollte ihn nicht wieder loslassen. Kyle war außer Landes. Irland? Nein, weiter als das. Frankreich vielleicht, oder Spanien? Oder Portugal? Darum hatte er auch gesagt, dass man ihn nicht benachrichtigen könne. Aber warum musste er jetzt ins Ausland reisen? Wenn es eine Vergnügungsreise gewesen wäre, dann hätte er sie sicherlich aufschieben können. Auch würde Dominic jetzt nicht die tiefe Verzweiflung spüren, die Kyle in diesem Augenblick durchlebte. Verdammt noch mal, wenn er doch nur etwas tun könnte!
Aber vielleicht war dies doch möglich. Wenn er Kyle spüren konnte, dann musste es auch umgekehrt funktionieren.
Er versuchte ein Gebet zu sprechen, gab aber rasch wieder auf. Es war ihm nicht gegeben, heilige Worte zu sprechen. Stattdessen stellte er sich vor, dass er dem Bruder die Arme entgegenstreckte und ihm die Hand auf die Schulter legte. Er ließ ihn wissen, dass er nicht allein war, trotz der Entfernung, die zwischen ihnen lag. Vielleicht geschah es nur in seiner Einbildung, aber er glaubte zu spüren, dass er Kyles Schmerz gelindert hatte. Er hoffte es wenigstens.
Erschöpft von dem aufregenden Tag, drehte er sich zur Seite und versuchte einzuschlafen. Aber sein Hirn ließ ihm keine Ruhe. Er dachte an Kyle und an Meriel. Seine zukünftige Schwägerin.
Er durfte nicht zulassen, dass seine Beziehung zu ihr enger wurde. Er befand sich bereits auf gefährlichem Boden. Dieser mögliche Konflikt mit seinem Bruder zählte zu den schicksalhaften Katastrophen, die eine Familie für immer auseinander reißen konnten.
Aber es würde gewiss nicht schaden, Meriels Sträußchen anzunehmen und seinen Duft noch einmal einzuatmen. Würzig und süß, so wie sie.
Mit den Blumen in der Hand fiel er endlich in einen tiefen Schlaf.
KAPITEL 18
»Besuch ist für Sie da, Mylord.«
Dominic blickte von seiner Gartenarbeit auf. Er war gerade eifrig damit beschäftigt, kleine Kohlpflanzen zu vereinzeln, damit sie genug Platz hatten, um zu großen, kräftigen Kohlköpfen heranzuwachsen. Das junge Hausmädchen, das ihm die Nachricht überbrachte, errötete. Die
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