Bridget Jones 03 - Verrückt nach ihm
des Lebens gehört. Oder vielleicht ist es auch so, dass Einsamkeit und Alleinsein … Immer noch keine SMS .
23.00 Uhr. Kann nicht schlafen.
23.15 Uhr. Ach, Mark! Mark! Ich weiß, ich habe mich damals genauso verrückt gemacht. Immer die Frage: »Ruft er an, ruft er nicht an?« Aber es war trotzdem ganz anders. Schließlich kannte ich ihn ja so gut. Ich kannte ihn, seit ich als kleines Kind nackt im Garten seiner Eltern herumgetollt war.
Und wenn er schlief, konnte man sich mit ihm unterhalten. So wusste ich immer, wie es in seinem Innern aussah und was er wirklich empfand.
»Mark?«, fragte ich das dunkle, schöne Gesicht, das neben mir schlief. »Bist du nicht … so was von süß ?«
Aber darauf seufzte er nur und schüttelte traurig den Kopf.
»Liebt dich deine Mami gar nicht?«
Wie ein kleiner Junge murmelte er darauf etwas, das sich anhörte wie nein. Mark Darcy, der große, mächtige Menschenrechtsanwalt, doch innen drin noch immer der kleine verstörte Junge, den man mit sieben ins Internat abgeschoben hat.
»Aber ich, liebe ich dich denn?«, fragte ich dann, und ein Lächeln kam über sein Gesicht, und stolz nickte er und zog mich an sich, bis ich mich unter seine Achselhöhle kuscheln konnte.
Wir kannten uns in- und auswendig. Mark war ein Gentleman, und ich vertraute ihm blind in allem, er war der ruhende Pol, von dem aus ich in die Welt aufbrach. Er war mein sicheres Unterseeboot in den gefährlichen Tiefen des Ozeans. Und jetzt habe ich nichts mehr von alledem, und alles macht mir Angst, weil nichts mehr je so sicher sein wird wie früher.
23.55 Uhr. Warum mache ich so etwas eigentlich? Warum fange ich so etwas an? Warum konnte ich nicht einfach für mich bleiben? Traurig, arbeitslos, sexlos, aber immerhin Mutter zweier Kinder, die dem Vater der beiden … nach wie vor treu ist.
MITTERNACHT DER SEELE
Freitag, 19. April 2013 (Fortsetzung)
Fünf Jahre. Ist es wirklich schon fünf Jahre her? Anfangs war jeder Tag ein neuer Kampf. Zum Glück war Mabel noch zu klein, um viel davon mitzukriegen, aber ich sehe Billy vor mir, wie er durchs Haus läuft und sagt: »Ich hab Dada verloren.« Und wie Jeremy und Magda vor der Tür stehen, hinter ihnen ein Polizist. Allein ihr Gesichtsausdruck. Und wie sie sich gleich die Kinder schnappten und sie mir angstvoll in den Arm drückten. »Was ist denn los, Mummy? Was ist denn los?« Auf einmal stehen Regierungsleute im Wohnzimmer, einer schaltet versehentlich die Nachrichten ein. Marks Gesicht ist auf dem Bildschirm zu sehen, darunter die Zeile:
Mark Darcy 1956–2008
Aber diese Erinnerungen bleiben verschwommen. Familie und Freunde umschlossen mich wie ein Uterus, den Nachlass regelten Marks Juristenfreunde. Es fiel mir schwer zu akzeptieren, dass er tot war. Es war wie ein Film, der plötzlich zu Ende ist, obwohl ich eigentlich dachte, noch mittendrin zu sein. Denn auch in meinen Träumen war Mark immer noch da. Ich wachte morgens um fünf auf, und für den Bruchteil einer Sekunde war mein Tagesgedächtnis noch gelöscht, sodass ich dachte, es sei alles wie immer. Doch dann fiel es mir wieder ein, und der Schmerz trieb mir einen Pflock ins Herz und nagelte mich ans Bett, und ich war unfähig, mich zu rühren. Jede Bewegung, dachte ich, würde jetzt den Schmerz weiter im System verteilen. Aber ich wusste auch, in einer halben Stunde würden die Kinder wach, und ich musste funktionieren: Windeln wechseln, Fläschchen machen, so tun, als sei alles in Ordnung. Zumindest bis zum Eintreffen des Babysitters musste ich den Laden zusammenhalten, erst dann war ich berechtigt, mich im Bad einzuschließen und zu heulen. Doch auch da kann man nicht ewig bleiben. Irgendwann legt man Mascara auf und wappnet sich erneut für die Welt.
Denn wer Kinder hat, darf nicht zerbrechen, und so machte auch ich einfach weiter. Keep buggering on! Churchills berühmter Spruch. Eine Armee von Trauerberatern und Therapeuten sparten nicht mit tollen Tipps, wie Billy und Mabel an die Wahrheit »heranzuführen« seien, ohne sie dauerhaft zu traumatisieren. Die Schlüsselbegriffe waren: größtmögliche Offenheit, keine Geheimnisse, mit den Kindern reden und ihnen »ein Grundvertrauen in die Welt« vermitteln. Doch dieses sogenannte »Grundvertrauen in die Welt« (bitte nicht lachen!) war für mich eben nur ein hohles Wort.
Das Einzige, das ich aus diesen Sitzungen wirklich mitnahm, war die Frage »Kannst du das überleben?«. Aber hatte ich eine Wahl? Ich musste alles ausblenden: unsere
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