Bridget Jones 03 - Verrückt nach ihm
letzten gemeinsamen Momente, der Stoff seines Anzugs an meiner Haut, ich noch im Nachthemd, der Abschiedskuss, von dem niemand ahnte, dass es der letzte sein würde. Verzweifelt versuche ich heute, die Erinnerung an seinen letzten Blick nicht auch noch zu verlieren. Dann das Klingeln an der Tür, die betretenen Gesichter und schließlich der immer gleiche Gedanke: »Ich werde ihn niemals …« und »Ach, wenn doch nur …« Doch all das durfte keine Rolle spielen. Heute muss ich sagen, dass die Leute vom Kriseninterventionsteam, alle samt Experten mit sanfter Stimme und schwer betroffenem Lächeln, weniger brachten als rein praktische Prob lemlösungsstrategien. Wie etwa schafft man es, eine Windel zu wechseln und gleichzeitig Fischstäbchen zu braten? Mein Ehrgeiz war nicht einmal besonders groß. Ich wollte lediglich, dass das Schiff nicht unterging. Mag sein, es lag mit schwerer Schlagseite im Wasser, aber da hilft es schon, einfach nicht von der Pumpe zu gehen. Was Finanzen und Lebensversicherungen anging, hatte Mark vorgesorgt. Wir zogen weg aus dem großen Haus in Holland Park, ein Haus voller Erinnerungen, und kauften uns etwas Kleineres in Chalk Farm. Bis hin zum Schulgeld war alles geregelt, ich brauchte nicht einmal arbeiten zu gehen. Und dennoch, alles, das mir von ihm geblieben war, waren Mabel und Billy – mein Mark in klein. Ich war Mutter und Witwe, eine Frau, die scheinbar unbeirrt ihren Weg ging und doch innerlich so leer und verwüstet war, dass die alte Bridget nirgendwo mehr existierte.
Nach vier Jahren allerdings wurde es meinen Freunden zu bunt.
TEIL 1
Rühr mich nicht an!
EIN JAHR ZUVOR …
Dies sind Tagebuchauszüge aus dem letzten Jahr. Sie beginnen exakt an Marks viertem Todestag und zeigen, wie ich in den gegenwärtigen Schlamassel geraten bin.
TAGEBUCH 2012
Donnerstag, 19. April
79,5 kg; Alkoholeinheiten: 4 (geht in Ordnung); Kalorien: 2.822 (trotzdem: besser richtige Mahlzeiten im Shoreditch House essen als alte Käseränder und Fischstäbchen allein zu Hause); Aussicht oder Verlangen, im Leben jemals wieder Sex zu haben: 0.
»Aber jemand muss sie mal flachlegen«, erklärte Talitha resolut, nippte an ihrem Wodka-Martini und besah sich zu meinem Schrecken die verfügbaren Kandidaten in dem schicken East Londoner Privatclub.
Es war an einem dieser halbregelmäßigen Abende, die Talitha, Tom und Jude für mich veranstalten – »damit ich mal rauskomme«. Immerhin scheint es noch etwas mehr Spaß zu machen, als mit der Oma an die See zu fahren.
»Meine Rede«, sagte Tom. »Übrigens, habe ich schon erzählt, dass ich auf LateRooms.com eine Suite im Chediin Chiang Mai gebucht habe, für nur zweihundert Pfund die Nacht! Es gab auch noch eine Junior-Suite für 179 auf Expedia, aber die hatte keine Terrasse.«
Mit den Jahren ist Toms Geschmack immer exklusiver geworden. Urlaub macht er nur noch in schweineteuren Boutique-Hotels, und auch uns versucht er von einem Lifestyle zu überzeugen, der sich direkt am Blog von Gwyneth Paltrow orientiert.
»Tom, halt die Klappe«, murmelte Jude und blickte von ihrem iPhone auf, wo sie kurz auf DatingSingleDoctors nachgesehen hatte. »Die Angelegenheit ist viel zu ernst. Wir müssen etwas unternehmen, sonst macht sie endgültig einen auf Rühr-mich-nicht an.«
»Ihr versteht das nicht«, sagte ich. »Das ist ein Ding der Unmöglichkeit, ich will keinen. Und selbst wenn, was nicht der Fall ist, selbst wenn, wird kein Mann großes Interesse an mir haben. Ich bin das absolute Gegenteil von sexy, kein Mensch verliebt sich mehr in mich.«
Ich starrte auf meinen Bauch, der sich allzu deutlich unter dem schwarzen Top abzeichnete. Ja, es stimmte: Ich war wieder zur Jungfrau geworden. Und das in einer Welt, in der man mit erotischen Bildern geradezu bombardiert wird. Das Plakat mit der Hand auf dem Hintern. Die Sandalenreklame mit knutschenden Pärchen am Strand, von den echten Paaren im Park nicht zu reden. In der Apotheke liegen die Kondome direkt neben der Kasse und künden von einem Zauberreich, das mir für immer verschlossen bleibt.
»Es hat doch keinen Sinn, dagegen anzukämpfen, ich bin nun mal eine Witwe an der Grenze zum Seniorenalter. Und irgendwann bin ich nichts weiter als eine verhutzelte alte Jungfer«, erklärte ich melodramatisch und hoffte auf Widerspruch. Etwa durch einen schmeichelhaften Vergleich mit Penelope Cruz oder Scarlett Johansson.
»Jetzt sei nicht albern«, sagte Talitha und bedeutete dem Kellner, ihr noch einmal
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