Bridget Jones 03 - Verrückt nach ihm
blickte ihm nach. Was sollte denn dieser Spruch? War dieser Spinner mit seinem drögen Lehrerdasein derart unzufrieden, dass er sich in eine James-Bond-Welt träumte? Oder verkleidete er sich als Oliver Cromwell und spielte am Wochenende mit gleichgesinnten Flachköpfen historische Schlachten nach?
Überall waren die Wettkämpfe nun in vollem Gang, und ich steckte mein iPhone weg. »Komm, Mabel«, sagte ich, »sehen wir uns Billys Weitsprung an.«
Als das Ergebnis verkündet wurde, gab es Applaus, und Billy hüpfte vor Freude in die Luft.
»Siehst du, hab ich doch gleich gesagt«, sagte Mabel.
»Was denn?«, fragte ich.
»Beim Fünfkampf machen sie immer auch Metermaßmessen.«
»Ja, es ist auch im Breitensport eine zunehmend populäre Sportart.«
Es war Mr Wallaker, diesmal in Begleitung einer leicht schwankenden Dame, die unter den Schulmuttis irgendwie deplatziert wirkte und die ich vorher auch noch nie gesehen hatte.
»Dürfte ich Sie um ein Schlückchen Pimm’s bitten?«
Sie trug ein dem Anschein nach teures Plisseekleid und hochhackige Sandaletten mit Blingbling drauf, doch ansonsten wirkte sie wie ein Schminkopfer. Im stillen Bild des Spiegels hatte ihr Make-up wohl noch zauberhaft ausgesehen, doch leider bestand es den Alltagstest nicht und wurde zur grotesken Maske, sobald sie den Mund aufmachte.
»Du auch ein Pimm’s, Liebling?«
Liebling? Das war doch unmöglich Mr Wallakers Frau? Wie war das denn passiert?
Auch Mr Wallaker wirkte einigermaßen verwirrt, was sonst nicht seine Art war. »Bridget, das ist … das ist Sarah. Gehen Sie ruhig zu Billy, ich mach das schon mit dem Pimm’s«, sagte er leise.
Doch da kam Billy auch schon angestürmt und vergrub vor Freude den Kopf in meinem Kleid.
Als wir zusammenpackten und zur Siegerehrung wollten, tauchte die schwankende Wallaker-Ehehälfte abermals auf.
»Könnte ich vielleicht noch ein Pimm’s?«, lallte sie, wodurch sie mir immer sympathischer wurde. Es ist doch schön, wenn sich andere noch mehr danebenbenehmen als man selber.
Dann sagte sie: »Tausend Dank« und nahm mich überrascht in Augenschein. »Jemand in Ihrem Alter, der noch sein echtes Gesicht hat, das sieht man auch nicht oft.« Während der ganzen Siegerehrung ging mir dieser Satz nicht mehr aus dem Kopf. Was sollte das heißen, echtes Gesicht? Nur weil ich es wagte, nicht als Botox-Zombie herumzulaufen? Oder sollte Talitha am Ende doch recht haben, und ich würde noch an Einsamkeit zugrunde gehen, weil mein Gesicht aussieht wie eine alte Vintage-Ledertasche. Kein Wunder, dass Roxster mich nicht wollte.
Nach der Preisverleihung liefen Billy und Mabel wieder zu ihren Freunden, und ich ging ins Clubhaus, wo ich mich eine Weile ins kühle Klo verziehen wollte, wurde aber von folgendem Plakat am Schwarzen Brett abgelenkt.
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Ich tippte gleichwohl die Nummer der Lebenshilfe unauffällig in mein iPhone. Dann war das rettende Klo erreicht, und ich unterzog mein Gesicht unter dem harschen Licht der nackten Glühbirne einer mitleidslosen Prüfung. Doch die Wallaker-Ehehälfte hatte recht. Vor allem um die Augen herum waren die Falten unübersehbar. Die Kinnpartie neigte zur Verdopplung, Hals knittrig wie beim Schildnöck und hängende Mundwinkel wie Angela Merkel. Das Einzige, was zur Oma noch fehlte, war die graue Betondauerwelle. Es war also wahr: Ich war alt.
TIEFKÜHLGESICHT
Dienstag, 18. Juni 2013
62 kg (davon 0,5 kg Botulinum-Neurotoxin)
Ich meine, viele lassen sich Botox spritzen, oder? Es ist auch nicht vergleichbar mit einem Lifting o. Ä. »Du hast es erfasst«, sagte Talitha, als sie mir die Telefonnummer gab. »Du gehst ja auch zum Zahnarzt.«
Doch auf der Treppe in die kleine Praxis im Untergeschoss einer Seitenstraße der Harley Street fühlte ich mich trotzdem wie auf dem Weg zu einer Engelmacherin.
»Es soll aber noch natürlich aussehen«, sagte ich und versuchte im Geiste, das Bild der Wallaker-Ehehälfte durch das von Talitha zu ersetzen.
»Ja«, sagte der Botox-Arzt mit dem fremdländischen Akzent. »Viel zu vielen Leute sehe komisch aus.«
Dann spürte ich die ersten feinen Piekser in der Stirn.
»Nur noch Mund, dann gut. Aber Mund musse, weil sonst sehe aus wie Queen. Unglucklich betrubt, obwohl vielleicht nicht ist. Queen
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