klar wolle er eigene Kinder, und das am besten mit einer Frau seines Alters. Und es sei auch schwer einzuschätzen, wie seine Freunde auf mich reagieren würden oder seine Mutter, aber sein Entschluss stehe fest: Er habe noch nie jemanden getroffen, mit dem er so gut klarkomme wie mit mir. Und deshalb, deshalb wolle er jetzt Nägel mit Köpfen machen und sich klar entscheiden: für mich, für die Kinder, für seine Rolle als neuer Vater.
Ich starrte ihn an. Ich liebte Roxster ja. Liebte seine Schönheit und Jugend, seine sexuelle Ausstrahlung. Noch mehr liebte ich seine Art und das, wofür er stand. Er war witzig, unbeschwert, immer nett, dabei handfest, aber auch gefühlvoll und zurückhaltend. Nur: Bei seiner Geburt war ich bereits einundzwanzig Jahre alt. Wer weiß, was sich zwischen uns ergeben hätte, wären wir nur im selben Alter. Aber noch während ich ihn ansah, wusste ich, dass ich sein Leben nicht ruinieren wollte. Denn meine Kinder waren mit Abstand das Beste, das mir je widerfahren war – und genau diese Möglichkeit – eigene Kinder zu haben – wollte ich ihm nicht nehmen.
Kann sein, ich bin manchmal ein bisschen blöd, aber in diesem Moment war ich schlauer als er. Ich wusste, er wollte es ernsthaft mit mir versuchen, doch ich wusste zugleich, dass er das nicht durchhalten würde. Irgendwann, vielleicht in einer Woche, vielleicht in sechs Wochen oder in sechs Monaten, würde bei ihm die Sicherung durchbrennen – spätestens wenn er selber ein »gewisses Alter« erreichte, sagen wir fünfunddreißig. Und die emotionale Achterbahnfahrt, die dann folgte, wollte ich mir und ihm ersparen.
Es sollte auch nicht so sein wie zwischen Judi Dench und Daniel Craig am Schluss von Skyfall . Vom Alter her eine ähnliche Konstellation wie zwischen mir und Roxster. Und, ja, diesmal war die Alte das wahre Bond-Girl, nicht diese konturlose Naomie Harris, die – reichlich unfeministisch – unbedingt die neue Miss Moneypenny spielen wollte. Und, ja, Judi Dench war diejenige, die Daniel Craig wirklich liebte und durch den Kugelhagel trug. Aber hätte Daniel Craig auch mit Judi Dench geschlafen, vorausgesetzt sie hätte den Kampf überlebt? Ich würde sagen, warum nicht? Am besten in einer schön ausgeleuchteten Sex-Szene. Judi Dench in einem hinreißenden schwarzen Negligé von La Perla … denn das wäre echt mutig, von wegen Aufbruch zu neuen …
»Jonesey, unterdrückst du etwa wieder einen Orgasmus?«
Ich fuhr hoch und sah Roxster, der vor mir auf die Knie gefallen war. In so einem Moment durch geistige Abwesenheit zu glänzen ist nicht besonders nett. Mein Gott, war Roxster schön … Und dennoch …
»Roxster«, stieß ich hervor, »das ist nicht dein Ernst, oder? Das kannst du nicht machen, du mutest dir zu viel zu, glaub mir.«
Roxby McDuff sah mich einen Moment nachdenklich an, dann lachte er bekümmert, erhob sich und schüttelte den Kopf.
»Nein, Jonesey, du hast recht. Es kann nicht mein Ernst sein.«
Danach umarmten wir uns, traurig, glücklich, sinnlich und zärtlich zugleich, und erst jetzt wusste ich, dass es wirklich zu Ende war. Wir hatten gemeinsam den Schlussstrich gezogen.
Wir ließen voneinander ab, und ich öffnete die Augen und sah hinten am Waldrand Mr Wallaker stehen. Stocksteif starrte er in unsere Richtung.
Als er meinen Blick bemerkte, ging er grußlos weiter.
Verwirrt und wehmütig, wie ich war, und auch erschrocken, dass Mr Wallaker etwas gesehen haben könnte, das wie eine Verlobung aussah, in Wirklichkeit jedoch eine Trennung war … packte mich auf dem Nachhauseweg der überwältigende Drang, dem Gesagten noch etwas hinzuzufügen. Ich meine, der Mensch ist so, er kann ja nie sicher sein, dass er vollständig verstanden wurde, deshalb musste ich unbe dingt … zum allerallerletzten Mal … und genau in diesem Moment kam eine SMS von Roxster. Das war schon ziemlich unheimlich.
Roxster:
Ich:
Roxster:
Ich:
Roxster:
Ich:
Roxster:
Ich:
Roxster:
Ich:
Auch ich werde ihn ewig lieben. GDB : ganze dickes Bussi – oder eben großer delikater Burger.
Ich wartete noch einen Moment. Denn vielleicht wollte er noch dafür sorgen, dass nicht ich die letzte SMS geschrieben hatte, deren Botschaft dann einsam im digitalen Raum verging. Und tatsächlich meldete das Handy noch eine allerletzte Nachricht.
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