Bridget Jones 03 - Verrückt nach ihm
auf böse, ärgerlich und eigentlich strafwürdig.
Und Mabel, gänzlich unbeeindruckt, legte noch eins drauf, schnappte sich eine Gabel vom Tisch und stach Billy damit. Dann rannte sie weg und versteckte sich hinter dem Vorhang.
»Mabel, ich zähle bis drei: Eins … Gib mir die Gabel!«, sagte ich.
»Ja, mein Gebieter«, sagte sie und feuerte die Gabel auf den Boden. Aber sie lief gleich zur Schublade und holte sich eine neue.
»Mabel, ich sag’s nicht noch einmal: Zwei!«
Doch ich hatte bereits keine Kraft mehr. Was sollte ich tun, wenn ich bei drei war?
»Also dann machen wir etwas anderes«, rief ich, um gute Stimmung besorgt. »Gehen wir in den Park!« Irgendwie war ich der Meinung, es sei jetzt nicht die Zeit, Mabel auf die Finger zu klopfen.
»Ach nöööö! Ich will lieber Wizard 101 spielen.«
»Da muss man ja extra hinfahren. Ich gucke lieber SpongeBob .«
Aber jetzt ärgerte es mich doch, wie sich durch amerikanische Trickfilme, Computerspiele und den allgemeinen Konsumscheiß die Werte der Kinder derart verschoben hatten. Dachte an meine eigene Kindheit und hätte ihnen als Inspiration am liebsten unser Pfadfinderlied beigebracht.
» Mit flatternden Wimpeln, so ziehen wir aus, unser Sang die Straße hin braust … «, legte ich los.
»Mummy«, sagte Billy mit Marks alter Strenge.
» Ja, stolz und frei unsre Fahnen wehn, der leuchtenden Sonne zu … «, sang ich. » Mit blinkenden Augen marschieren wir, kennen nicht Rast noch Ruh … «
»Hör auf«, sagte Mabel.
» Tiralla, Tiralla, Tirallalla, gut Pfad! «
»Mummy, echt …«, sagte Billy.
» Ja, wir Pfadfinder sind froh und frei, unsre Losung ist: Allzeit bereit! «
Nervös starrten sie mich an, als sei ich ein Untoter aus Pflanzen gegen Zombies .
»Kann ich jetzt an den Computer?«, fragte Billy.
Ganz ruhig öffnete ich den Kühlschrank und langte im obersten Fach nach dem Schoko-Schatz von Oma.
»Schokoladen-Taler, hey!«, rief ich wie ein Alleinunterhalter auf einer Kindergeburtstagsparty, der eine kleine »Hänsel und Gretel«-Show bringt, und tanzte lustig voran. »Folgt der Spur der Taler und seht, wohin sie euch führt! Oder besser: den beiden Spuren, denn es sind zwei!«, fügte ich hinzu, um Streit zu vermeiden. Im Übrigen dachte ich strategisch und legte die Spur die Treppe hoch zur Haustür, wobei es mir egal war, ob Handwerker schon Hundekacke in den Teppich getreten hatten.
Immerhin, die beiden folgten gehorsam und stopften sich mit Hundekacke-Talern voll.
Auf dem Weg zum Auto gab mir Mabels Verhalten erneut zu denken. Glaubt man der Autorin von Warum französische Kinder keine Nervensägen sind , liegen bösartige Übergriffe wie der mit der Gabel ganz klar außerhalb des cadre , doch das trifft wohl auch auf mein Lockangebot mit den Schokotalern zu. Eins zwei drei – Kinder sind keine Hexerei empfiehlt sogar null Toleranz bis hin zu verbrannter Erde in Rumsfeld-Manier.
»Mabel?«, sagte ich zaghaft.
Keine Reaktion.
»Billy?«
Ebenso keine.
»Erde an Mabel und Billy?«
Doch sie wirkten wie weggetreten. Warum können sie nicht im Haus so sein, damit ich in Ruhe den Modeteil der Sunday Times von letzter Woche lesen kann?
Beließ es erst einmal dabei. Geh mit dem Flow , und mach das Beste aus jedem Moment deines Lebens, beruhigender ist es allemal. Auf einmal machte sogar das Autofahren Spaß. Die Sonne schien, die Leute waren draußen, Liebespärchen, die sich untergehakt hatten …
»Mummy?«
Hah! Darauf hatte ich gewartet. Ich warf mich sogleich in staatsmännische Obama-Positur und hob an. »Gut, dass du fragst. Denn ich habe euch – dir, Billy, ganz besonders aber dir, Mabel – etwas zu sagen. Bei uns wird niemand geschlagen. Und Gewalt kann in unserem Haus niemals die Antwort sein. Deshalb mache ich euch einen Vorschlag: Für jeden Tag, an dem ihr niemanden haut oder stecht, bekommt ihr einen Goldstern. Und wenn doch, bekommt ihr einen Minuspunkt. Und ich sage euch sogar noch mehr, und ich sage es als gewaltfreier Mensch wie als Mutter. Wer am Ende der Woche fünf Goldsterne hat, bekommt eine kleine Belohnung seiner Wahl.«
»Ein Familie-Hase-Püppchen?«, rief Mabel aufgeregt. »Oder die Arschbären-Familie.«
»Von mir aus auch eine Waschbärenfamilie«, sagte ich.
»Sie hat aber nicht Waschbären gesagt, sondern Arschbären. Sie hat Arsch gesagt. Kann ich auch Drachenmünzen für Wizard 101 haben?«
»Natürlich.«
»Moment, wie viel kostet eine Waschbärenfamilie? Kriege ich dann
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