Konferenzraum stürmte und ohne Umschweife zur Sache kam – wobei er höchstens noch – schnell, schnell – seine Mails checkte.
Das Problem bei George besteht darin, dass er eigentlich immer woanders ist, dachte ich und spürte das Vibrieren meines Handys. Entweder er redet mit jemand anderem oder mailt jemand anderem oder hetzt über irgendeinen Flughafen, weil er gerade irgendwo anders war oder hinwill. Unauffällig öffnete ich die SMS und dachte: Warum kann dieser Mensch niemals dort sein, wo er gerade ist. Nein, ist das denn die Möglichkeit, bin ich nicht ein Tausendsassa, ich bin schon in der Luft. Ich bin ein Vogel, warum frühstücken wir nicht in China?
SMS war von Roxster.
Und da George so oft abwesend ist, muss man die eigene Botschaft in einen Aufmerksamkeits-Slot einpassen, der nicht breiter ist als ein Tweet. Obwohl, es hat auch seine Vorteile. Mir ist nämlich aufgefallen, dass Männer mit den Jahren immer einsilbiger und grantiger werden, während Frauen sich zu nervigen Quasselstrippen entwickeln und am Ende immer nur ein und dasselbe sagen. Der Dalai Lama sagt, alles ist ein Geschenk, und so betrachte ich auch George. Als lebenden Fingerzeig, nicht dauernd zu quatschen, sondern mich in meinen Aussagen auf das Wesentliche zu …
»Hallo?« George türmte sich vor mir auf und riss mich in die Gegenwart zurück.
»Hallo …«, sagte ich verwirrt und drückte schnell auf Sen den. Die SMS war unterwegs: Warum hatte George gerade Hallo gesagt, wenn wir uns vor zehn Minuten schon begrüßt hatten?
»Sie sitzen da … ich weiß nicht, wie«, meinte George und machte dasselbe Gesicht wie Billy, wenn er demonstrieren wollte, wie belämmert ich wieder aus der Wäsche guckte.
»Ich denke nach«, sagte ich und schaltete mein iPhone aus, das prompt wieder dieses Quaken von sich gab. Also schaltete ich es schnell wieder an. Oder aus.
»Denken Sie besser nicht zu viel«, sagte er. »Okay, wir haben wenig Zeit, ich muss gleich nach Ladakh.«
Was habe ich gesagt? Ladakh!
»Ach, Sie machen einen Film in Ladakh?«, fragte ich unschuldig, obwohl ich fest davon überzeugt war, dass er nur nach Ladakh flog, um nicht hier zu sein. Nebenbei ein kurzer Blick auf mein iPhone, um zu sehen, wer mich da anquakte.
»Nein«, sagte George und suchte sämtliche Taschen ab. »Es war nicht Ladakh, es war …« Unsicherheit flackerte in seinen Augen. »Lahore, richtig. Bin in fünf Tagen wieder da …«
Womit er aus dem Konferenzraum lief, vermutlich, um seine Sekretärin zu fragen, wohin er denn nun flog. Die SMS war von Jude.
Schrieb schnell zurück:
Jude:
Ich:
Plötzlich kamen zwei SMS auf einmal. Die erste war Judes Antwort:
Ich machte die nächste SMS auf. Sie war von George.
Ich blickte hoch und bekam einen Schreck, dass mir die Luft wegblieb. Irgendwie hatte sich George wieder in diesen Raum gebeamt und saß mir direkt gegenüber, zusammen mit einem etwas klein geratenen Hipster, der wohl der Regisseur war. Er trug ein schwarzes Hemd, einen grau melierten Dreitagebart und eine runde Spielberg-Brille, doch seine gerötete Haut legte Zeugnis davon ab, dass er dem Alkohol wohl nicht abgeneigt war. Er war somit definitiv kein hipper Steven Spielberg mit dem ewig glatten Gesicht, das – i wo! – noch nie ein Peeling gesehen hatte, weil es von einer höheren Macht durchglüht wurde.
Ich blinzelte die beiden an, sprang auf, streckte ihm über den Konferenztisch hinweg die Hand entgegen und schenkte ihm das kreischtuntigste Lächeln, das ich hatte.
»Dougieeeee! Schön, Sie endlich persönlich kennenzulernen. Ich habe so viel über Sie gehört. Wie geht es Ihnen? Wie war die Anreise?«
Warum nur mache ich mich immer zum Affen, sobald ich unsicher werde?
Zum Glück kam gleichzeitig Georges Assistentin herein und teilte ihm nervös mit: »Es ist nicht Lahore, es ist Le Touquet.« Worauf George fluchtartig den Raum