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Briefe an einen Blinden - Dr Siri ermittelt

Titel: Briefe an einen Blinden - Dr Siri ermittelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Cotterill
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Plausch zwischen Vater und Schwiegersohn damit beendet? Ich hätte da nämlich ein paar Neuigkeiten.«
    »Schießen Sie los.«
    »Die Frau des Zahnarztes.«
    »Ja?«
    »Sie ist eine Sau.« Wieder trainierte Siri seine Augenbrauen. »Jedenfalls stammte ihr Blut nicht von einem Menschen.«
    »Was Sie nicht sagen. Ist das Testergebnis aus Bangkok eingetroffen?«
    »Hundert Prozent Schwein.«
    »Dann war der Mord also nur inszeniert.«
    »Die ganze Ehe war nur inszeniert. Ich bin noch mal nach Dong Bang gefahren und habe mich ein bisschen umgehört. Der Zahnarzt war Junggeselle. Die Frau ist erst ein paar Monate vor seinem Tod aufgetaucht.«
    »Zur selben Zeit wie die Briefe.«
    »Genau. Und wie es aussieht, kam sie nur an bestimmten Tagen ins Dorf. Die Nachbarn hielten sie für eine Krankenschwester oder Haushälterin. Dass wir sie damals überhaupt angetroffen haben, war purer Zufall. Sie war vermutlich nur noch da, weil sie den letzten Brief an sich bringen wollte. Sie wartete darauf, dass die Behörden seine Sachen schickten.«
    »Und wir haben ihn ihr quasi auf dem Silbertablett präsentiert.«
    »Wissen Sie noch, wie lange sie brauchte, um ihn zu lesen? Es würde mich nicht wundern, wenn sie ihn sich eingeprägt hätte.«
    »Dann war sie also nichts weiter als ein Kurier, der alle vierzehn Tage das neueste Memo abholte.«
    »Wenn ein Brief kam, setzte sie den alten Knaben einfach in den Bus und wartete auf seine Rückkehr.«
    »Nur wozu die ganze Mühe? Sie hätte doch auch einfach seinen Schlüssel nehmen und den Brief selbst abholen können.«
    »Das hätte sie vermutlich auch getan, aber die Sache hatte einen kleinen Haken.«
    »Nämlich welchen?«
    »Fragen wir doch Ihren Inspektor Migraine. Was gibt es auf einem Postamt?«
    »Briefmarken?«
    »Auch, aber wegen einer Briefmarke hätte sie wohl kaum befürchten müssen, erkannt zu werden.«
    »Erkannt zu werden …? Ah, ich hab’s. Fahndungsplakate. Ihr Foto hängt im Bureau de Poste an der Wand.«
    »Sehr gut.«
    »Weswegen wurde sie denn gesucht?«
    »Spionage. Man sieht es ihr zwar nicht an, aber die saubere Dame hat der neuen Regierung eine Menge Ärger bereitet. Das Plakat fiel mir auf, als ich mich nach Dr. Buagaews Postfach erkundigte. Ihre Staatssicherheitsakte ist so dick, wie mein Unterarm lang ist. Auch der Zahnarzt hatte eine schmale Akte, aber nur weil er royalistischer Sympathien verdächtigt wurde. Wegen seiner Behinderung hielt man ihn wohl für keine allzu große Bedrohung. Er hatte das Postfach vor über zehn Jahren unter falschem Namen angemietet. Wer weiß, was er sich unter der alten Regierung hat schicken lassen.«
    »Gynäkologische Fachzeitschriften aus Europa, nehme ich an. Aber die Frau? Ist sie immer noch auf freiem Fuß?«
    »Sie scheint den Behörden stets einen Schritt voraus zu sein.«
    »Faszinierend. Eine alternde Agentin. Grandios, wie sie uns mit der Inszenierung ihres eigenen Todes auf eine falsche Fährte gelockt hat. Sie hat einen Codenamen verdient. Vielleicht irgendetwas mit ›Teufel‹.«
    »Pech gehabt. Die Staatssicherheit hat ihr bereits einen verpasst.«
    »Da die Jungs vor Fantasie nicht gerade sprühen, ist er wahrscheinlich nicht besonders originell. ›Frau 17B‹?«
    »Sie nennen sie ›den Waran‹.«
    »Hoppla, da muss sie der Parteiführung aber mächtig auf den Schlips getreten sein. Alle Achtung.«
    »Siri, sie ist der Feind.«
    »Ach ja, stimmt. Fast hätte ich’s vergessen.«

23
NICHTS IST UMSONST
    Nicht mehr lang
    Abgesang – falscher Körper, falsches Geschlecht
    Rückgaberecht
    Tod durch Liebesspiele, Mord und Raub
    Infizierte Nadel, Staub zu Staub
    Todsünde
    oder doch
    Vergnügungssteuer?
    »Sehr schön, danke. Aber offen gestanden hätte ich mit Ihnen eigentlich lieber über …«
    »Fünftausend Kip.«
    »Was? Ich habe Sie doch gar nichts gefragt.«
    »Nein. Sie wollen sich mit mir unterhalten. Das macht fünftausend Kip.«
    Siri setzte sich unter das Aeroflot-Schild und zog sich die Schirmmütze tief ins Gesicht. Tante Bpoo steckte in einem grässlichen hautengen Kleid mit Kuhfellmuster, das ihr die Schenkel hochgerutscht war. Zum Glück trug sie khakifarbene Feinrippunterhosen, die den kläglichen Rest ihrer Würde wahrten. Es nieselte leicht, und die Wahrsagerin saß unter einem roten Regenschirm mit weißen Punkten. Siri hingegen wurde von Sekunde zu Sekunde nasser. Die Passanten auf der Samsenthai Road bedachten die beiden Verrückten mit mitleidigen Blicken.
    »Na schön, wenn ich Ihnen

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