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Brigade Dirlewanger

Brigade Dirlewanger

Titel: Brigade Dirlewanger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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setzt dann lautlos hinzu: »Achtung, Aufnahme!« Ohne Übergang brüllt er: »Nehmen Sie Haltung an! … Stehen Sie nicht da wie Pique Sieben … Ich sperr' Sie ein! … Raus mit Ihnen, ich will Sie nicht mehr sehen, Sie Armleuchter, Sie kümmerlicher!«
    Der Zugführer reagiert sofort, springt hoch, steht stramm, knallt die Hacken aneinander.
    Der Oberst lächelt ihm noch einmal zu, bevor sein Gesicht für die Vernehmung des Nächsten wieder den alten, bärbeißigen Ausdruck annimmt.
    Als Paul Vonwegh zu seinen Leuten zurückgeht, hat seine Miene den typischen LMA-Ausdruck des frisch zusammengeschissenen Rekruten. Und diesen Mann habe ich für einen Trottel gehalten, denkt er und spürt, wie schwer es ihm fällt, weiter zu simulieren.
    Von hinten klopft ihm einer auf die Schulter. Paul Vonwegh dreht sich langsam um.
    »Mach dir nichts draus«, sagt Oberscharführer Weise mit zufriedenem Grinsen, »der fährt auch mal wieder ab …«
    »Jawohl, Oscha.«
    »Und wenn es mit der Sache Fleischmann keine Komplikationen gibt … schlage ich dich zur Beförderung vor.«
    »Jawohl, Oscha …«
    »So harte Burschen wie dich können wir brauchen«, versetzt Weise abschließend und bezieht wieder seinen Beobachtungsposten.
    Ein paar Männer der Baracke VIII haben den Zwischenfall mit gemischten Gefühlen verfolgt. Der Zugführer fängt wieder das typische Gewirr der Empfindungen auf: Neid, Mißtrauen, Angst.
    »Sieh dich mit Weise vor …«, knurrt der alte, ehrliche Gruhnke, als sie allein sind, »ein ganz falsches Aas …«
    »Dich hängen sie noch mal an deiner Schnauze auf«, erwidert Vonwegh lachend.
    B-Soldat Gruhnke nickt. »Aber vorher schlage ich noch einem Denunzianten den Schädel ein«, antwortet er und spuckt aus.
    Vonwegh weiß, daß er künftig nicht mehr allein unauffällige Wache gegen das mysteriöse ›Horchgerät‹ schieben muß …
    Erst vierundzwanzig Stunden nach seiner offiziellen Ankunft im Waldlager führen Polizeioberst Prinz und SS-Standartenführer Dirlewanger das erste sachliche Gespräch miteinander.
    Dirlewanger fühlt sich so überlegen, daß ihm dieser arme Polizeitrottel schon wieder leid tut. »Nun«, beginnt er gönnerhaft, »haben Sie etwas herausgefunden?« Er lacht schräg. »Klar würden mich alle Unregelmäßigkeiten selbst brennend interessieren … Man kann seine Augen nicht überall haben …«
    Oberst Prinz nickt lustlos. »Nein«, antwortet er dann, »gar nichts, Standartenführer … Es ist eigentlich das einzige, was mich stutzig macht …«
    »Wieso?«
    »Es gibt keine Einheit, bei der alles stimmt …«
    Jetzt spürt Dirlewanger doch die Ironie des Besichtigenden, der hinzusetzt: »Nicht einmal Ihre …«
    »Na ja, Oberst«, versetzt der Standartenführer, »wir sind ein Haufen besonderer Art … Das sind Verbrecher … Sie kann man nur mit Mitteln in der Hand haben, die mir die Reichsführung SS offiziell übertragen hat … Das ist nicht schön, das geb' ich gerne zu …«
    Prinz zündet sich eine Zigarette an. Er kennt Dirlewangers Vollmachten. Er weiß, daß sie echt sind. Wenn er an sie denkt, läuft es ihm kalt über den Rücken. So was gab es noch niemals in der Geschichte, weder bei Landsknechten, noch bei Marodeuren, noch bei Panduren. Dieser Mann hat noch mehr Vollmacht als ein KZ-Kommandant. Und trotzdem werde ich ihn zur Strecke bringen, denkt der Oberst.
    »Ich weiß nicht, ob Sie wissen, daß wir mit einer Verlustquote von achtzig Prozent arbeiten …«
    »Ich habe mir die Gefallenenlisten angesehen.«
    »Das gibt es bei keiner anderen Einheit«, erwidert Dirlewanger wie im Triumph. »Sie mögen meine Löwen für unfein halten … In Zuchthäusern oder KZ's sind sie bloß nutzlose Fresser … Aber hier tun sie etwas, für uns … für den Führer … für Großdeutschland … Verstehen Sie?« Der Standartenführer lächelt fahl. »Und wenn sie dabei draufgehen, was soll's? … Gibt doch genug Nachschub in den Zuchthäusern, oder?«
    »Ich bin nicht befugt, an den Maßnahmen des Reichssicherheitshauptamtes Kritik zu üben«, entgegnet der Polizeioffizier steif.
    Dirlewanger schenkt sich einen Schnaps ein. Er bietet Prinz ein Glas an, aber der Mann lehnt entschieden ab, so gerne er einen nähme, so dringend er einen brauchte.
    »Weiß schon«, sagt der Standartenführer, »Sie sind noch von der alten Schule … und unsere Zeit ist nicht immer leicht zu begreifen …« Er prostet dem Oberst zu, trinkt mit einem Ruck aus und setzt hinzu:

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