Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brigade Dirlewanger

Brigade Dirlewanger

Titel: Brigade Dirlewanger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
Vom Netzwerk:
bleibt legal. Auch wenn es gegen Dirlewanger geht, duldet Oberst Prinz keine Übergriffe, schon um sich nicht dem Vorwurf auszusetzen, er habe Aussagen erpreßt.
    Haubachs Lippen sind dick. An ihren Rändern klebt Speichel. Sein Hals ist trocken. Er spuckt fast die Worte aus. Er hat das Gefühl, daß seine Gelenke geschwollen sind; dabei ist Dirlewangers Günstling und Hausmetzger gar nicht im Stehbunker, nach dem er sich jetzt sehnt.
    Noch eine Stunde. Der Verdächtige lallt schon.
    »Geben Sie ihm ein Glas Wasser«, sagt Prinz gleichgültig, »und dann weiter …« Er sieht auf die Uhr. »Na, Haubach«, greift er schließlich selbst wieder in die Vernehmung ein, »wie wär's mit einem kleinen Geständnis?«
    »Ich … ich habe doch nichts … zu gestehen …«, lamentiert der Mann.
    »Hat man Sie vielleicht verwechselt?« fragt der Oberst.
    »Nein … nein«, würgt der angebliche Haubach an dem Wort. »Nein …«, stöhnt er. »Nein!« brüllt er dann, will vom Stuhl hochfahren, sinkt zurück. »Nein …«, zucken seine Lippen stumm.
    »Sie können doch nichts dafür«, fährt der Polizeioffizier im Plauderton fort, »oder haben Sie etwas ausgefressen?«
    Der B-Soldat schüttelt verbissen den Kopf. Sein Gesicht wirkt gehetzt. Seine Augen pendeln hin und her. Er kämpft gegen den Schwindel in seinem Kopf. Er ist in Atemnot, fährt sich mit dem Finger an den Hals. Noch ist es der Kragenausschnitt, nicht die Schlinge …
    »Na, schön …«, sagt der Oberst, »dann müssen wir eben selbst sehen, wie wir weiterkommen …« Er gibt einem Ordonanzoffizier einen Wink.
    Es ist still im Raum. Selbst diese Pause ist einkalkuliert. Ein Delinquent bricht erst zusammen, wenn die Nerven mit ihm durchgehen. Im ersten Moment schließt der B-Soldat die Augen. Ich heiße Haubach, arbeiten seine Gedanken weiter. Meine Mutter ist tot … Mein Vater lebt … Sicherheitsverwahrung … Warum ist es so still? überlegt er, warum glotzen die mich so an? Was haben die gegen mich? Was kann ich dafür? Ich bin doch bloß ein Metzger, ja, weiter nichts, bloß ein … Quatsch, bricht er ab. Die letzte Energie bäumt sich in ihm auf. Er lehnt sich zurück. Reiß dich zusammen, befiehlt er sich selbst, die können dir gar nichts tun.
    Der B-Soldat ist ganz ruhig. Er greift nach dem Wasserglas. Er trinkt langsam, bewußt, Schluck für Schluck. Der Kloß in seinem Hals löst sich. Was bin ich für ein Idiot, denkt er, ist doch alles in Ordnung! Die können doch einem nichts anhaben, hinter dem Dirlewanger steht! Selbst der Schmerz in den Gelenken ist auf einmal weg.
    Der angebliche Haubach hört die Schritte, achtet aber nicht auf sie. In seinem Gesicht klebt ein schiefes Lächeln. Er bemerkt, daß alle zur Türe sehen, die aufgerissen wird.
    Dann sieht er den Eintretenden und sackt im Stuhl zusammen. Er hängt mehr, als er sitzt. Das gibt es nicht, denkt er, das kann nicht sein …
    »Gehen Sie nur dicht an ihn heran, Kleinschmidt«, befiehlt der Oberst.
    Der eingetretene B-Soldat steht zwei Meter vor dem Vernommenen. Noch trägt er die Lumpen Dirlewangers. Aber er hat sich losgelöst. Sein Haß macht ihn groß und sorglos. Er hat einen Kumpel zu rächen, Haubach, der einmal drei Jahre saß, ohne ihn zu verpfeifen, und der formlos umgelegt wurde, nur damit dieses fette Schwein da weiterleben konnte … »Ja, Herr Oberst«, bestätigt er kalt, »das ist Aumeier. Er war … ist Metzger beim Stab.«
    »Wie heißen Sie nun wirklich?« fragt Prinz den Zusammengesunkenen. »Haubach … oder Aumeier?«
    Der bullige Niederbayer ist erledigt. Er stöhnt bloß noch und röchelt.
    »Sind Sie ganz sicher?« wendet sich der Polizeioffizier wieder an Kleinschmidt.
    »Jawohl, Herr Oberst«, antwortet der Zeuge.
    Es ist nur eine Formsache. Seine Aussage ist längst zu Papier gebracht und sichergestellt. Er hatte sich am Nachmittag vor dem Appell bei dem höheren Polizei- und SS-Offizier gemeldet, unter Einhaltung der genauen Reihenfolge, die ihm sein Zugführer Paul Vonwegh eingeschärft hatte. Es war ihm gelungen, unbemerkt an den Oberst heranzukommen. Dann ließ er sich in Schutzhaft nehmen, bevor er zu seiner Aussage kam. Er bat darum, den angeblichen Haubach im Russenlager II sofort festzunehmen, bevor Dirlewanger Wind von der Sache bekam und ihn beseitigte.
    Prinz erkannte sofort die Ungeheuerlichkeit des Falls Haubach-Aumeier. Er wußte, daß ein Vorfall dieser Art bei Himmler tödlicher sein mußte als die ganze Akte P.A./IX DORA. Dem

Weitere Kostenlose Bücher