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Brigade Dirlewanger

Brigade Dirlewanger

Titel: Brigade Dirlewanger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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Polizeioffizier kam es nur darauf an, Dirlewanger zu erledigen. So inszenierte er am Nachmittag die Verhöre über das Gemetzel in Polen nur noch mit halber Kraft, auf dem Rückzug sozusagen, um den Standartenführer so lange hinzuhalten, bis der unfreiwillige Kronzeuge Aumeier in seinem Gewahrsam war.
    »Wollen Sie noch weiterlügen?« fährt der Vernehmende unvermittelt den verstörten Aumeier an.
    »Gestehen Sie endlich!« drängt der Leutnant mit dem Holzbein.
    »Wir prüfen Ihre Fingerabdrücke«, ruft ein anderer Offizier.
    »Wir stellen Sie allen anderen gegenüber«, schaltet sich der Oberst wieder ein.
    Aumeier kann nicht mehr denken. In seinem Kopf dreht sich ein Karussell. Frage auf Frage. Pfeil auf Pfeil. Alle sind sie spitz. Alle treffen sie ins Schwarze. Und das ist er. Er kann nicht mehr. Er möchte sich die Ohren zuhalten. Aber seine Arme sind zu schwach. »Aufhören«, stöhnt er, »hört doch auf! … Ich kann doch nicht …«
    »Geben Sie zu, daß Sie Aumeier heißen?« stoppt eine kalte Stimme das Karussell.
    »Ja …«, röchelt der angebliche Haubach, »ja …«
    Prinz überzeugt sich durch einen Blick auf seinen Schreiber, daß alles protokolliert ist.
    »Interessant«, schließt er dann. »Holen Sie mir den Spieß!«
    Als Müller-Würzbach ein paar Minuten später den Raum betritt, übersieht er mit einem Blick, was los ist. Aus, denkt er, vorbei mit Dirlewanger. Es geht ihm nur noch darum, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen.
    »Kennen Sie den Mann?« fragt Prinz ohne Einleitung.
    »Ja … es ist B-Soldat Aumeier, der beim Stab …«
    »Und warum nennt er sich Haubach?« unterbricht ihn Prinz.
    »Das … das weiß ich nicht, Herr Oberst.«
    »Dann werden wir eben Haubach selbst fragen«, versetzt der Polizeioffizier, »rufen Sie ihn her!«
    »Das geht nicht …«
    »Führen Sie den Befehl aus!« brüllt der Vernehmende den Spieß an.
    »Haubach ist … gestorben …«
    »An Blinddarmentzündung?« fragt Prinz sarkastisch.
    »Nein, Herr Oberst … Er wurde … erschossen …«
    »Erschossen? … Warum?«
    »Auf Befehl von Standartenführer Dirlewanger …«
    »An Stelle Aumeiers, nicht? … Sie wissen das doch?«
    »Nein, Herr Oberst«, lügt Müller-Würzbach.
    »Euch lege ich allen das Handwerk …«, verläßt der Polizeioffizier zum erstenmal den Boden der Sachlichkeit, »allen … wie ihr da seid!«
    Der Spieß will gehen. Ein Ordonanzoffizier hält ihn auf.
    »Sie unterschreiben erst noch Ihre Aussage«, kommentiert der Oberst. Übungsziel erreicht, denkt er dann, Dirlewanger überführt. Aus dieser Sache kommt keiner mehr heraus, stellt er richtig fest, wer auch sein Gönner sein mag …
    Dirlewanger hatte sich nach dem Auftauchen Aumeiers in sein Schlafzimmer zurückgezogen. Der Zorn nahm ihm den Verstand. Am meisten verbitterte ihn, daß er von dem verknöcherten Prinz, den er für einen alten Trottel gehalten hatte, hereingelegt worden war. Er sagte kein Wort zu seinen Burggendarmen, als er seinen Privatraum betrat.
    Sein Gefolge munkelte, daß der Chef als letzten Ausweg die Pistole wählen würde. Selbst seine nächsten Trabanten konnten sich an ihren zehn blutigen Fingern abzählen, daß er erledigt war. Seit Stunden stehen die Burggendarmen am Gang und warten auf den Schuß. Doch nichts rührt sich.
    Dann kommen Schritte, leise, schlürfend. Die beiden Posten vor der Türe sehen sich an. Jetzt, denken sie.
    Da geht die Tür auf.
    Der SS-Standartenführer grinst. Er ist betrunken. Seine gelben Augäpfel liegen tief in den dunklen Höhlen, von roten Fäden durchzogen. Die beiden Posten hauen die Hacken zusammen.
    »Na«, sagt Dirlewanger, »dann gehen wir mal zu Tisch … Oder habt ihr keinen Appetit?«
    »Jawohl, Standartenführer«, rufen sie gleichzeitig.
    Entweder ist er blau wie noch nie oder übergeschnappt.
    Das Essen wird aufgetragen. In der Tafelrunde sind Lücken: Oscha Weise fehlt; Belle, der Unterscharführer, ist nicht auffindbar. Der Spieß ist von der Vernehmung noch nicht zurück.
    »Musik!« ruft der Standartenführer.
    Dann sitzen sie alle bei Tisch. Dirlewanger scheint keine anderen Sorgen zu haben, als festzustellen, wer weniger Appetit als sonst zeigt. Ein solcher Mann wäre ein Opportunist, ein Verräter. So essen sie im Wettlauf um seine Gunst, sicherheitshalber.
    Dann hat ein Ordonnanzoffizier Dirlewanger beigebracht, daß eine fremde Polizeieinheit, von Prinz herbeigerufen, in der Nähe des Waldlagers Stellung bezog, bereit zum

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