Brigade Dirlewanger
den Vorgeführten heran. »Wie heißen Sie?«
»B-Soldat Haubach, Herr Oberst.«
»So …«, entgegnet der Polizei-Offizier, »sind Sie schon lange bei dem Haufen?«
»Eineinhalb Jahre, Herr Oberst.«
Prinz dreht sich zum Spieß um. »Holen Sie mir seine Personalpapiere«, sagt er ruhig.
Müller-Würzbach stapft mit steifen Schritten aus dem Raum.
»So«, fährt der Vernehmende fort, »eineinhalb Jahre …« Schnell stößt er zu: »Heißen Sie schon lange Haubach?«
»Ja … jawohl, Herr Oberst …«, stottert der Mann.
»Denken Sie mal scharf nach …«, entgegnet Prinz, zündet sich eine Zigarette an und wendet sich an einen Feldwebel seines Gefolges: »Sie stenographieren Wort für Wort mit. Melden Sie mir rechtzeitig, wenn Sie nicht mehr mitkommen.«
»Ich habe alles, Herr Oberst.«
Prinz tritt dicht an den B-Soldaten heran, mustert ihn kalt, sieht, wie ihm die Augen ausweichen, wie der Mann fahl wird, sich mit dem Handrücken über die Stirne fährt. »Sie schwitzen ja, Haubach …«, sagt er ruhig. »Nehmen Sie gefälligst Haltung an!« donnert er ihn im nächsten Augenblick zusammen.
Der Standartenführer hat sich wieder in der Gewalt. Was soll schon passieren? scheint sein Gesicht auszudrücken. Wo gäbe es Mitwisser? Und wer würde es wagen, mir offen entgegenzutreten?
In diesem Moment kommt Müller-Würzbach zurück. Mit leeren Händen.
»Und?« fragt ihn der Oberst.
»Keine Papiere vorhanden«, meldet der Spieß, »vermutlich von einer anderen Dienststelle …«
»Vermutlich von Ihnen beseitigt«, unterbricht der Oberst. Er wendet sich an den Standartenführer: »Wenn Sie nicht sofort verschwinden, Dirlewanger, lasse ich Sie unverzüglich von meinen Leuten festnehmen!« sagt er kalt.
»Sie büßen mir das …«, knirscht der Chef des Sonderkommandos. Aber er verläßt mit seinem Gefolge den Raum.
Oberst Prinz wendet sich wieder an den Mann namens Haubach. »So«, sagt er, »und nun reden wir zwei Fraktur miteinander …«
Der B-Soldat hängt an seinem Stuhl und verfolgt die Bewegungen des Obersten mit irren Augen. Die Haare hängen ihm wirr in seine schweißnasse Stirn. Er starrt auf den Boden, vom Grauen gelähmt. Dann sieht er auf. Keiner scheint ihn zu beobachten.
Ich heiße Haubach, sagt er sich, ich führte niemals den Namen Aumeier … Ich stamme aus Niederbayern … Mein Vater lebt noch, meine Mutter ist vor vier Jahren gestorben … Ich bin Automechaniker von Beruf … Vorbestraft wegen Einbruchs … Sechs Jahre, Sicherheitsverwahrung.
Er sagt es ein Dutzend Male vor sich hin, leiert es herunter, hält sich an den eigenen Worten fest und weiß, daß er erledigt ist, wenn er schweigt – und sterben wird, wenn er den Mund aufmacht. Es kann ihm gleichgültig sein, ob ihn Oberst Prinz hängt oder Dirlewanger. Leben möchte er, leben!
Ich heiße Haubach, beginnt er wieder. Und dann verlaufen sich seine Gedanken, bleibt sein Bewußtsein einfach stehen wie eine verstopfte Sanduhr.
»Die Polizeikompanie soll am Lagerrand warten«, befiehlt der Oberst, »und erst auf mein Kommando eingreifen … Sorgen Sie dafür, daß die Verbindung nicht abreißt.«
»Jawohl, Herr Oberst«, entgegnet der junge Leutnant.
»Und nun zu Ihnen … Haubach …«, beginnt Prinz die eigentliche Vernehmung. »Sie heißen doch immer noch Haubach?«
»Ja … jawohl, Herr Oberst.«
»Haben Sie Angst vor mir?«
»N … nein, Herr Oberst …«
»Dann sehen Sie mich doch an!«
»Ja …«, stottert der Mann.
Der Polizeioffizier nimmt umständlich eine Zigarette aus der Tasche, zündet sie gemächlich an, beobachtet den Verhafteten ein paar Sekunden wie unschlüssig, reicht ihm eine Zigarette. »Sie rauchen doch?«
»Jawohl, Herr Oberst«, antwortet er beflissen.
Prinz wirft ihm die Streichholzschachtel zu. »Warum zittert Ihre Hand so?« fragt er und lächelt kalt. »Verlassen Sie sich darauf«, fährt er fort, »ich gehe jeder Sache auf den Grund … Wenn Sie uns Schwierigkeiten machen wollen, bitte …« Er staubt die Asche in eine Konservenbüchse. »Es wäre nicht gut für Sie …« Er übergibt den B-Soldaten seinem Leutnant zur weiteren Vernehmung.
Der angebliche Haubach kommt ganz gut über die erste Runde. Er hat seine neuen Personalien richtig auswendig gelernt. Nur kommen seine Antworten zu schnell. So wirkt er wie ein Musterschüler, der durch zu gute Leistung verrät, daß er abschrieb.
Die Polizeioffiziere lösen einander ab. Das Verhör wird verschärft. Aber es
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