Brigade Dirlewanger
Reichsführung SS zum Rapport gemeldet.
Kurz vor drei Uhr. Sind das Schatten? Huschen sie lautlos auf die verdunkelte Dienststelle zu? Ein Posten bleibt stehen und sieht in die Nacht. Er gähnt.
»Du«, ruft er seinen Kumpel auf der anderen Seite an, der mit der Hand abwinkt.
Alles in Ordnung. Wie immer. Wache in Rußland. Kalt, einsam und langweilig. Man zerlegt die Zeit in Portionen, zählt die Sekunden, ist mit dem Kopf zu Hause und überlegt, ob im Spind noch etwas zum Essen ist, sieht ungeduldig auf die Uhr und flucht über die anderen, die im warmen Nest liegen können, freut sich auf die Ablösung und liest in Gedanken noch einmal den letzten Feldpostbrief.
Es ist noch stiller und noch kälter. Der Wind kommt jetzt heftig auf. Er heult wie ein misshandeltes Tier.
Mit einem Schlag erwacht die Stadt.
Kilometerweit ist die Explosion zu hören.
Sekunden später schießen aus einem Gebäude des Polizeigeländes am Südrand der Stadt Flammen empor, reißen dunkelrote Löcher in die Finsternis, fressen sich in den Nebel hinein.
Die Panik fällt über die eigenen Beine. Seit der Donnerschlag der Explosion die Landser aus den Betten riß, drängen ihre Einheiten von allen Seiten ungestüm nach dem grellrot am Himmel markierten Ziel. Alarmsirenen von rechts; von links kommen die hektischen, kurzen Huptöne der Brandwachen; die Mitte ist verstopft wie ein verschlammtes Abflussrohr.
Der Plan ist hundertmal geübt, aber jetzt versperrt einer dem anderen den Weg: Die Feuerwache behindert die Feldgendarmerie, die Infanterie blockiert den motorisierten Verbänden die Straße. Minuten nach dem Anschlag ist eine halbwegs geordnete Anfahrt zum Brandherd hoffnungslos geworden.
Der Ortskommandant ist ein alter Militär und kein kriminalistischer Fachmann. In solchen Fällen pflegt er sich auf Oberst Prinz zu verlassen, den gleichen Mann, der jetzt vermutlich unter den Trümmern seiner eigenen Dienststelle liegt.
Keiner weiß, wer zuerst am Tatort war. Als die schnellsten Helfer schlaftrunken aus den benachbarten Unterkünften stürzten und begriffen, daß der Anschlag ausgerechnet auf dem Polizeigelände gezündet worden war, mußten sie grinsen. War es nicht ein Witz, ein unverschämter Treppenwitz des Partisanenkrieges? Die Bombe im Haus ersetzte den Feuerwehrmann …
Als die ersten das brennende Gebäude erreicht hatten, standen sie eine Sekunde betroffen davor. Die Schadenfreude war so gründlich weg, als wäre sie nie da gewesen. Sie hörten die Schreie und spürten die Flammen: die Schreie, die anschwollen und plötzlich abbrachen, die in ein Geheul übergingen und versickerten wie Wasser im Sand, so schnell, so gründlich, so endgültig …
Sie wollen in das Haus eindringen. Die Hitze schlägt sie zurück. Hitze in einer Nacht von minus siebzehn Grad! Die Flammen greifen gierig nach dem nächsten Haus. Bald schießen sie in bizarren Formen nach oben, züngeln nach rechts, lichtem höhnisch und giftig wie Hexenaugen, spucken wahllos Kaskaden glühender Funken, die auf die Helfer herniederprasseln wie ein verpfuschtes Feuerwerk.
Sie spüren es nicht. Der Rauch beizt die verwaschenen Augen. Sie husten und gurgeln mit dem Holzgeschmack. Sie toben stumm, mit Schwielen der Ohnmacht an den Händen. Unvermittelt halten sie an, horchen mit verzerrten Gesichtern, leicht vornübergebeugt.
Nichts mehr zu hören drinnen, kein Schrei, kein Röcheln. Aus. Vorbei. Der Zorn peitscht ihr Blut.
Auf den Dächern der Nachbargebäude werden nasse Decken ausgelegt, die nach der Berührung mit Wasser so schnell brettsteif gefroren waren, wie sie jetzt zu Zunder verglimmen. Winterbrände sind so tückisch wie häufig, entstehen vorwiegend bei Kältewellen durch Überheizung. Aber das hier, sehen Fachleute der Feuerwehr, die sich endlich bis zu dem Polizeigebäude durchgekämpft haben, schon auf den ersten Blick, muß eine ganze andere Ursache haben.
Ein Attentat dieses Stils hatte es noch nie gegeben. Hier steckte mehr dahinter, als die Russen sonst in die teuflische Guerillaschlacht zu werfen pflegten. Diesen Überfall hatten keine todesmutigen Muschiks, keine fanatischen Jungkommunisten, keine parteigeschulten Funktionäre verübt, sondern Spezialisten, die vermutlich aus der Luft hinter den deutschen Linien abgesetzt worden waren und sich in dem deutschen Polizeihauptquartier jedenfalls so gut auskannten wie in ihrem Kasernenspind.
Das stellen die Sachverständigen auf Anhieb fest, die endlich an den glühenden Trümmerhaufen
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