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Brigade Dirlewanger

Brigade Dirlewanger

Titel: Brigade Dirlewanger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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flucht er. »Wenn sich die Geschichte mit diesem Hochstapler rumspricht … sind wir blamiert bei der ganzen Armee … Haben Sie den Verantwortlichen festgestellt?«
    »Jawohl, Standartenführer«, antwortet Vonwegh, »B-Soldat Brillmann.«
    Dirlewanger nickt. »Knöpfen Sie sich den Mann vor«, entlässt er den Zugführer.
    Vonwegh ist noch nicht richtig weg, ruft man ihn wieder zurück. Die Mine, denkt er, ist hochgegangen. Weise steht mit wichtigem, geschäftigem Gesicht neben dem Chef.
    »Schon wieder Ihr Zug!« sagt Dirlewanger ungnädig. »Das ist ja eine tolle Schweinerei! … Ein Mann von Ihrem Haufen hat behauptet … ich hätte diesen Fatzke, diesen Polizeioberst Prinz, umlegen lassen …«
    »Jawohl, Standartenführer«, versetzt Vonwegh, »B-Soldat Exner.«
    »Sie wissen das? … Und warum erfahre ich es nicht?«
    »Habe Meldung erstattet … schriftlich, auf dem Dienstweg.«
    »Sehen Sie nach!« faucht Dirlewanger den Spieß an, der den Eingang durchsieht und es bestätigt.
    »Mensch, Vonwegh«, sagt der Standartenführer ruhig, »lassen Sie doch den Papierkrieg in solchen Dingen … Der Mann hätte ja ungeheuren Schaden anrichten können.« Er liest Vonweghs Meldung, in der Gruhnke und Kortetzky als Zeugen angegeben sind.
    Er macht kurzen Prozess. Er läßt den Bunkerkapo kommen.
    »Zuerst fünfundzwanzig auf den Bock«, befiehlt er. Das Blinzeln seiner Augenlider morst das Todesurteil. »Und sehen Sie zu, daß dieser Exner bald 'ne Lungenentzündung kriegt.«
    Zwei Wochen später wird der degradierte SS-Untersturmführer Exner so formlos beigesetzt wie die russischen Zivilisten, die er mit Belles MP ermordet hat.
    Zwei Monate später hat Himmler immer noch nicht über Dirlewanger entschieden. Sein Schicksal schwankt zwischen Gunst und Verschiß. Die Untersuchung von Minsk hat nichts Neues ergeben, außer dem Gerücht, Dirlewanger sei der Attentäter.
    Die Front kommt näher. Wenn es so weitergeht, kommt die Brigade noch in direkten Feindeinsatz. Die Partisanen multiplizieren sich. Man braucht Dirlewanger jetzt, und das bringt ihn wiederum über eine Runde. Die Einheit wächst trotz ihrer ungeheuerlichen Verluste auf Regimentsstärke an.
    Nach dem 20. Juli 1944 drohen die Baracken zu platzen, so werden sie überbelegt. Mehr und mehr Politische unter den Kriminellen. Es kommt ein anderer Zug in den Laden, es herrscht ein neuer Ton. Vonwegh übernimmt eine Kompanie und trifft alte Freunde aus dem Lager Buchenwald wieder.
    Vor dem Warschauer Aufstand im August 1944 war die Schlacht im Osten in brutheißen, lähmenden Sommertagen zu einem Sterben ohne Beispiel aufgelebt, als wollte der zweite Weltkrieg nach fast fünf Jahren beweisen, wie jung er sich noch wähnte. Plötzlich standen die Russen vor Minsk und machten die Etappe zum Kriegsschauplatz.
    Hitler hatte den Nachhilfeunterricht von Stalingrad, den Verlust dreihunderttausend deutscher Soldaten, nicht begriffen; seine sturen Durchhaltebefehle begünstigten jetzt den unvermeidlichen Zusammenbruch. Auch an diesem Frontabschnitt war der rechtzeitige Aufbau einer zweiten Verteidigungslinie durch bellenden Fanatismus ersetzt worden, der die Rote Armee weniger aufhielt als befestigte Stellungen.
    So war geordneter Widerstand schon gebrochen, bevor er begann. Die Auflösung kochte im Hexen kessel von Minsk. Es gab kein Halten mehr. Versprengte verstopften die Straßen. Kampfgruppe!* blockierten den Nachschub. Panzer blieben ohne Sprit liegen. Verbände fluteten ohne Führer zurück.
    Jeder suchte ein Loch, einen Ausweg, einen Balken. Die Kameraden waren gefallen. Die Überlebenden wollten durchkommen. Die Angst macht Soldaten wie Offiziere zu einer klassenlosen Gesellschaft ohne Dienstgrade. Ob Pionier, ob Infanterist, ob von der Feldgendarmerie oder von einem SS-Verband, ob Etappenschieber oder Aufhängespezialist, ob Ritterkreuzträger oder so genannter Feigling, jeder schwamm im Strom als Treibholz, und wer hängen blieb, hatte Pech. Die anderen schossen im Eiltempo an ihm vorbei. Der Rückzug war auf dem Vormarsch in den Untergang. Das Finale steigerte sich zum Furioso.
    Die Rotarmisten waren zum Endspurt angetreten. Sie zeigten sich nicht mehr als die gleichen Iwans, über die der deutsche Vormarsch hinweggewalzt war, die aufgerieben, zusammengeschossen oder gefangen genommen wurden. Die Rote Armee war ausgeblutet und erschöpft, aber der Hass hatte sie hart und schnell gemacht. Die Verbrechen der Braunen vervielfachten den Ungestüm der Roten.

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