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Brigade Dirlewanger

Brigade Dirlewanger

Titel: Brigade Dirlewanger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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Meldung zu machen.
    Der Zugführer, von Dirlewanger während eines Saufgelages zum SS-Unterscharführer und damit zum Halbgott dieses Sauhaufens ernannt, nickt beiläufig und bleibt stehen. Er spürt die Blicke seiner Leute und strafft sich wie von selbst. »Warum haben Sie die Verbindung zu mir abreißen lassen?« fragt er kalt.
    »Weil wir …«, Exner deutet auf die Häuser. »Wir mußten erst …«
    »Plündern«, unterbricht ihn Vonwegh, »und deswegen mußten die anderen ins Gras beißen … fast der ganze Zug.«
    »Ja, aber …«
    »Halten Sie den Mund«, erwidert Vonwegh halblaut, »und kommen Sie mit!«
    Der degradierte SS-Offizier hängt lautlos an der Seite des Zugführers, wie ein Schatten. Sie erreichen das erste Gehöft. Die Toten liegen unordentlich durcheinander, wie sie gerade fielen. Nur den Unterscharführer hat man hierher gebracht und etwas abseits gelegt.
    »Belle hat's erwischt«, sagt Exner hastig.
    »Das seh' ich«, antwortet Vonwegh fühllos. »Und die hier?« Er deutet auf vier Frauen, zwei Männer, ein vielleicht zehnjähriges Kind.
    »Russenpack«, versetzt Exner.
    »Wurden Sie beschossen?«
    »Nee«, erwidert der Mann, der sich rasch auszeichnen wollte.
    Paul Vonwegh geht weiter, gelassen, ruhig. Exner bleibt zurück, aber der Zugführer befiehlt ihn mit einer Handbewegung an seine Seite. Mit einem Blick erfasst er die Spuren der Plünderung und nickt, geht langsam weiter, öffnet die Tür zum Nebenraum, sieht sich um, erkennt die Wiege aus rohem Holzgestell, tritt heran, beugt sich über das vielleicht zwei Jahre alte Kind, das friedlich auf dem Rücken liegt, mit offenen, farblos blauen Augen, zwischen denen der Einschuss sitzt.
    Vonwegh richtet sich auf und dreht sich nach Exner um. Sein Gesicht wirkt glatt, wie eine abgeriebene Wand.
    »Waren Sie das?« fragt er.
    »Klar.«
    »Auch ein Partisan?«
    »Russenbalg«, flucht der B-Soldat.
    »Stellen Sie eine Liste der Beute zusammen«, befiehlt der Zugführer kalt. »Wer in drei Minuten auch nur einen Feuerstein in der Tasche hat, wird erschossen.« Er läßt Exner stehen, tritt nach draußen. Er ist wie zerschlagen. Aber er zwingt sich, an das Nächstliegende zu denken: Sicherung nach vorne und hinten, Versorgung der Verwundeten. Wie viele Ausfälle? Er beugte sich über die beiden Verletzten. Kordt hat eine Chance; bei Müller ist er nicht sicher. Kirchwein steht mit grünem Gesicht daneben.
    Vonwegh geht mit dem Epileptiker abseits. »Wer hat die Russen umgelegt?« fragt er.
    »Exner«, antwortet er, »alle … Belle wurde von hinten …«
    »Halten Sie die Klappe!« unterbricht ihn der Zugführer. »Sie haben nur auf Fragen zu antworten, kapiert?«
    »Jawohl«, erwidert der Epileptiker erschrocken. Er geht wieder zu den anderen. Kuberg, der Mann ohne Feinde, dem schon nach einer Woche die anderen den Spitznamen ›Baron‹ verliehen haben, steht verstört abseits. Neben ihm Braun, der Politische. Sie sind noch nicht robust genug, um Einsätze dieser Art zu überstehen.
    Vonwegh registriert es befriedigt, geht auf sie zu. Er hält sich an seinem eigenen Sarkasmus fest, als er in der gezierten Sprache des Barons zu Kuberg sagt: »Na … konveniert unser Haufen nicht mit Ihrem Geschmack?«
    Kuberg dreht sich um und kotzt.
    Merkwürdig, denkt der Zugführer im Weitergehen, daß man Menschlichkeit am sichersten an der Magenreaktion erkennt …
    Exner rückt mit seiner Liste an. Vonwegh steckt sie achtlos ein wie ein Taschentuch. Er sieht den schweratmenden Brillmann. Ein Wink, und der Mann wird hochgerissen. Er steht benommen da, Kopf schräg zwischen den Schultern, Rücken hohl.
    »Stehen Sie bequem«, sagt Vonwegh, »gehen Sie in das erste Haus hier … Im Nebenraum liegt ein totes Kind … Holen Sie es und tragen Sie es zu den anderen …«
    Brillmann schwankt wie ein Baum, in den ein Windstoß fuhr. »Das …«, stöhnt er, »das kann ich nicht …«
    »Wollen Sie den Befehl verweigern?«
    »Nein, Uscha«, röchelt der Bindestrich.
    »Haun Sie ab!« Er folgt Brillmann langsam, der im Haus verschwindet.
    Gruhnke steht wie zufällig neben ihm, betrachtet Exner. »Er hat das Kind erschossen …«, murmelt er zwischen den Zähnen. »Die Sau bring' ich auch noch um!«
    Paul Vonwegh lächelt melancholisch. »Aber erst gehst du ins Haus«, sagt er leise zu dem Berliner Ganoven, »und siehst nach, wo der …«, er dehnt das Wort, »Staatsanwalt bleibt …«
    Gruhnke nickt. Vonwegh wartet. Von den Vorposten wird ihm gemeldet,

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