Brigade Dirlewanger
heran. »Ach, nee«, sagt er, »der muß wohl kotzen?« Gönnerhaft wendet er sich an die Umstehenden. »Gebt ihm auch was zum Saufen! … Noch einer da, der schlapp macht?«
Keiner rührt sich.
»Schau, schau … alle haben Schwein … lauter Sonntagskinder …«
»Jawohl«, murmeln die B-Soldaten im Chor.
Der SS-Oberführer kramt aus seiner Tasche einen Zettel hervor. »Einsatzbefehl«, sagt er bedeutungsvoll, »vom Reichsführer SS persönlich … mit der Hand geschrieben …« Er hebt die Stimme: »Ihr könnt mit den Polen machen, was ihr wollt … Alles ist erlaubt!« Er steckt seine Vollmacht wieder ein. »Klingt gut, was? … Musik in euren Ohren … endlich was zu erleben … Solange ihr eure Pflicht tut, ist alles gut … Jeder darf behalten, was er klaut …«
»Jawohl, Oberführer.«
Der Chef der Sonderbrigade sieht von einem zum anderen. Er grinst. Ein paar stehen abseits. Die meisten sind schon angetrunken. Er läßt den B-Soldaten noch ein paar Minuten Zeit, dann hetzt er sie in die Stadt hinein, Richtung Zentrum, treibt sie erbarmungslos an, macht sie zu reißenden Wölfen. Wölfe morden im Rudel aus Instinkt, Dirlewanger aber durchtränkt die Instinkte seiner Mordbrigade erst mit Alkohol.
Petrat feixt. Kortetzky füllt sich die Feldflasche. Brillmann hängt mit den Augen eines Musterschülers an Dirlewangers Lippen. Vonwegh beobachtet ihn und nimmt sich vor, ihn mit dem nächsten Himmelfahrtskommando loszuschicken. Er weiß, daß der Bindestrich vom Reichssicherheitshauptamt angefordert wird, aber er läßt ihn sich nicht abkaufen. Er wird ihn der Zentrale zurückgeben, aber tot …
Während Vonwegh überlegt, sucht er Braun vergeblich mit den Augen. Der Speichel in seinem Mund schmeckt wie geronnene Milch. Der Kompanieführer spuckt aus, aber es hilft nichts.
»Herrschaften«, schreit Dirlewanger, »allmählich fertigmachen! … Es gibt keinen Pardon … Nehmt gefälligst den Gewehrkolben und spart Munition, klar?«
»Jawohl, Oberführer«, brüllen sie.
»Wer das nicht befolgt, den stelle ich wegen Vergeudung von Reichseigentum an die Wand.« Er grinst. »In einer Stunde gehen wir nach vorne und übernehmen die Spitze …«, setzt er hinzu, »wir gehen stur geradeaus … Denkt daran, der direkte Weg ist der kürzeste! … Klar, daß wir hier die erfolgreichste Einheit sind … Alsdann«, tippt er sich an die Mütze, »morgen Abend großes Festbankett im Warschauer Rathaus!«
Er entlässt mit einer Handbewegung die B-Soldaten. »Kompanieführer zu mir!« befiehlt er dann und sieht einem Zug polnischer Zivilisten nach, die, flankiert von SS-Soldaten, an der anderen Straßenseite vorbeigetrieben werden. »He, Rottenführer«, ruft er einen Bewacher an, »was ist mit denen?«
»Werden erschossen, Oberführer.«
Dirlewanger nickt. Die Zivilisten torkeln weiter. Den Schluß bildet eine junge Frau mit einem kleinen Kind am Arm. Das Kind lächelt. Die Frau weint. Der Posten droht mit dem Gewehrkolben. Es ist nur ein halber Kilometer bis zu dem Park, an dem sich das Erschießungskommando gruppiert. Erschossen wird, wer sich greifen läßt, ohne Unterschied des Alters oder Geschlechts. Achthundert Tote am Tag ist das Mindeste, was der Chef von dem Henkerpeloton erwartet …
»Also, Vonwegh«, fährt Dirlewanger fort, »Sie übernehmen die linke Flanke, Feuerschutz.« Er nickt, nimmt einen Schluck. »Sie gehen nach rechts, Weise … Kein Haus auslassen …«
Der Melder einer Infanterieeinheit fragt nach dem Gefechtsstand des Kampfgruppenkommandeurs. Müller-Würzbach, der Spieß, zuckt die Schultern. Reinefarth fährt hinter der Front in einem Omnibus hin und her. Wo soll man ihn suchen?
»Was ist denn los?« fragt Dirlewanger unwillig.
Der Melder steht stramm, leiert seinen Spruch herunter.
»Was wollen Sie denn von ihm?« fragt der SS-Oberführer dann.
»Eine Pak«, antwortet der Obergefreite, noch immer atemlos, »direkter Beschuss … Wir kommen nicht durch … Wir brauchen schwere Waffen …«
»Scheißkerle!« entgegnet Dirlewanger gemächlich. »Schwere Waffen … Bei euch piept's wohl, was?« Er läßt den Mann stehen und ruft seinen Unterführern zu: »Rauchen einstellen! Fertigmachen!« Dann betrachtet er wieder den verdutzten Melder. »Schon mal was von meiner Brigade gehört?«
»Nein«, erwidert der Obergefreite erschrocken.
»Kann ich mir denken … Dann werde ich euch mal vorführen, was schwere Waffen sind …«, brummelt er, »Los«, dreht er
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