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Brigade Dirlewanger

Brigade Dirlewanger

Titel: Brigade Dirlewanger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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nicht von der Todesangst geführt, sondern von dem umsichtigen General Bor-Komorowski geleitet.
    Der Putsch greift von der City her auf die anderen Stadtteile über, verbreitet sich wie ein Lauffeuer bei Rückenwind, ist plötzlich bewaffnet, zählt fünfzigtausend Freischärler. Die blutigbraune Ostpolitik hatte die Polen jahrelang wie Ungeziefer behandelt und durch Deportation und Exekution eine Politik der ›Festigung des deutschen Volkstums‹ betrieben. Jetzt war der Damm gebrochen, und wild flutete der Freiheitswille durch die im Handstreich wieder eroberte Stadt.
    Für die deutsche Wehrmacht bedeutet es zu nächst einen Zweifrontenkrieg; gerade als man versucht, die Abwehr in der HKL zu stabilisieren, steht nun auch im Rücken der Feind. Das OKW kommt nicht dazu, taktische Gegenmaßnahmen zu betreiben. Himmler, mittlerweile Befehlshaber des Ersatzheeres, ist die Wehrmacht bei der Niederringung des Aufstandes zu schlapp, und er vertraut die Führung lieber seinen bewährten SS-Generalen vom Schlage eines Bach-Zelewsky und Reinefarth an, die wiederum die verdienten Mordbrigaden Dirlewanger und Kaminski anfordern. Verbrecher gegen Rebellen. Mörder, die man deckungslos in den Tod hetzt, nachdem man ihnen vorher ausdrücklich Vollmacht zur Plünderung und Vergewaltigung einräumte. Und damit beginnt das vielleicht grausamste Kapitel des zweiten Weltkriegs.
    Die Grundausbildung wurde im Eilzugstempo vorangetrieben. Im Hintergrund grollten die Geschütze. Die Schlacht kam näher. Sie rumorte wie eine veraltete Dreschmaschine. Dirlewangers Traum schien sich zu erfüllen: direkter Fronteinsatz.
    Die Neuen wurden bis zum Umfallen geschliffen. Gestern hatte man sie bis zehn Uhr abends in der Gasmaske durch das Gelände gejagt und dann noch zwei Stunden ›Budenzauber‹ mit ihnen veranstaltet. Viele fielen, wie sie waren, auf die Strohsäcke, unfähig, sich auszuziehen.
    Jetzt, im Morgengrauen, schon wieder Pfiffe. Die B-Soldaten fahren hoch, purzeln durcheinander. Antreten! Bevor sie noch am Appellplatz erscheinen, werden sie zurückgejagt, um mit feldmarschmäßiger Ausrüstung wiederzukommen. Dann hören sie Geräusche. In langer Reihe schiebt sich aus dem Zwielicht eine Lkw-Kolonne heran. Alles Fahrzeuge mit Polizeinummern. Die Fahrer und Begleiter sind stumm, sie haben finstere Gesichter.
    Die erste Kompanie ist an der Spitze der Kolonne. Paul Vonwegh hat die Männer, die ihm geblieben waren, als Kompanietrupp eingeteilt. Schräg ihm gegenüber döst Brillmann, noch immer verwundet. Er wollte sich drücken, war aber zu feige, auch nur einen Versuch zu wagen. Petrat, der Frauenmörder, wirkt nervös. Der Gorilla pennt. Aus Kordt, dem Jungen, ist ein verlässlicher, harter Bursche geworden.
    Der Kompanieführer ist zerstreut. Gestern hat er die erste Antwort erhalten: In dem Feldpostbrief war die Nachricht, daß Karen, vermutlich auf Veranlassung der schwedischen Botschaft, aus dem Frauen-KZ entlassen sei. Derzeitige Adresse unbekannt.
    Vonwegh schwankt zwischen Angst und Erleichterung.
    Vorn ist hinten. Hinten brennt der Himmel. Auch von vorn kommt der Geschützdonner. Die Kolonne stockt. Die B-Soldaten sehen sich an. In ihren Augen lichtert die Angst. Ihre Gesichter glänzen.
    Ausgerechnet Petrat dreht als erster durch. Er springt hoch, reißt die Plane auseinander, dreht sich um und keucht: »Die wollen uns vor Gericht stellen! … Die bringen uns nach hinten, um uns zu erschießen …«
    »Halt's Maul!« fährt ihn Kordt an.
    »Zuerst befehlen sie uns, die Russen umzubringen, und dann spielen sie die feinen Hunde …«
    »Quatsch!« versetzt Gruhnke, der Berliner Ganove. »Hauptsache, die Straße stimmt«, brummelt er und feixt breit. »Geht doch Richtung Heimat!«
    »Aber langsam«, antwortet Kordt.
    »Kleinvieh macht auch Mist«, entgegnet Gruhnke.
    Die Kolonne rumpelt weiter. Einen Moment sehen sich Vonwegh und Brillmann an. Das Gesicht des Kompaniechefs bleibt ausdruckslos. Aber der Bindestrich bettelt lauernd. Vonwegh spuckt aus. Jetzt sieht er hinaus, liest die Anschriften an den Häusern. Sie fahren durch einen Arbeitervorort.
    »Warschau«, sagt er und dreht sich zu seinen Leuten um.
    »Was sollen wir denn hier?« fragt Petrat.
    Vonwegh braucht nichts zu erläutern. Der Kampf ist so nah, daß man zwischen MG-Feuer, Pak, Granatwerfern und Pistolenschüssen unterscheiden kann. Die Kolonne hält. Die B-Soldaten springen über die Bordwand. Überrascht und erschrocken stellen sie fest, daß Dirlewanger

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