Bring mich heim
deshalb aufgefallen, oder?«, warf ich in den Raum. Ich riss an meinen Haaren. »Das ist der Grund. Jeder sieht, wie krank ich bin. Man sieht es einfach.« Ich seufzte leise. »Ich kann es nicht verbergen.«
Sam sah ratlos aus. Vorsichtig bewegte er sich weiter zu mir. »Du siehst doch nicht krank aus, Kleine. Du siehst bezaubernd aus. Sogar in diesem pinken Pyjama. Ich mag deine Art. Du hast einen wunderbaren Charakter. Mia, ich mag dich.« Er hatte ein Lächeln im Gesicht.
Ich blickte nur traurig zurück. »Samuel, du kannst nun damit aufhören.« Ich ließ mich zu Boden plumpsen. »Du brauchst mir nichts vorspielen.«
Er schüttelte kräftig den Kopf und setzte sich zu mir. »Ich verstehe noch immer nicht.«
Beinahe tonlos sagte ich: »Samuel, ich ... ich bin krank. War krank ... wie auch immer. Mein Körper schreit doch danach.« Er bewegte sich etwas vorwärts. Schüttelte abermals den Kopf.
»Erinnerst du dich an unsere erste Begegnung? Ich nur allzu gut, denn ich stand kurz vor einer Panikattacke. Ich hasse Berührungen von Fremden.« Ich musste tief Luft holen. Der Kloß im Hals wurde wieder spürbar. »Hast du dich nicht über mein Verhalten gewundert? Diese bescheuerte Atemtechnik ist wohl kaum zu übersehen.«
»Mia, ...« Er strich sich durch sein Haar. »Panikattacke?« Samuel sah verwirrt aus.
»Weil mich deine Finger berührten. Du bist fremd. Genau das passiert dann.«
Samuel kam noch etwas zu mir. »Aber ich bin es nicht mehr.« Mein Blick war auf den Teppichboden gerichtet. »Sieh hoch zu mir, bitte.« Nach einem kräftigen Atemzug sah ich in seine Augen. »Ich bin es nicht mehr, Mia.« Er streckte seine Hand aus und wartete. »Ich bin bereits in deinem Leben.« Er war in meinem Leben. Ob er jetzt verschwand oder da blieb. Die Erinnerung konnte ich aus keinem unserer Köpfe streichen.
Mit rasendem Herz und zittriger Hand streckte ich meine auch aus. Zwischen unseren Fingern befanden sich wenige Millimeter.
Er lächelte mich an. »Atmen.« Ich wusste, wie sich meine Fingerspitzen auf seiner Haut anfühlten. Aber diese Situation war anders. Samuel war wach und konnte viel mehr machen, als ich eigentlich wollte. Ich wollte nur ein bisschen Nähe, Wärme.
»Wenn es dir genug ist, hör ich auf der Stelle auf«, sagte er leise. »Du musst einfach Stopp sagen.« Ich nickte ihm zu. Sachte legte ich meine Hand in seine. Zufrieden lächelte er mich an. Ich griff mit meiner zweiten Hand nach seiner. Hielt so seine in meinen beiden. Mein Puls raste vor Aufregung. Glücksgefühle durchströmten meinen Körper. Mutig rutschte ich die wenigen Zentimeter, welche uns trennten, zu ihm. Unsere Knie berührten sich beinahe. Mit der linken Hand fasste ich zu seinem Herz. Es pochte wild gegen seinen Brustkorb. Samuel war ebenso aufgeregt wie ich. Er hob seine freie Hand. Kam kurz vor meiner Wange zum Stehen. Mit den Augen fragte er mich, ob er noch näher kommen durfte. Zustimmend nickte ich.
Nur hauchzart streifte er meine Haut mit seinen Fingerspitzen. Gänsehaut machte sich am gesamten Körper breit. Ich kannte diese Gefühle nicht. Aber ich war froh, dass ich sie zuließ.
Kapitel 35
Samuel – Die Wahrheit
Nizza, Juni 2012
Mia und ich saßen eine Ewigkeit am selben Fleck. Meine Hand an ihrer Wange. Ihre Hand über meinem Herzen. Keiner sagte ein Wort. Zwischen uns herrschte eine tiefe Zufriedenheit. Etwas Unbeschreibliches. Es war das Intimste, was ich je erlebt hatte.
»Komm mit«, sagte ich zu ihr. Sie folgte mir bereitwillig. Wir setzten uns in das Bett. Lehnten uns an, hielten noch immer die Hand des anderen.
»Was ist geschehen?«, fragte ich vorsichtig. Sie sah mich an. Ihre Augen waren bereits feucht. »Du musst es mir nicht erzählen«, fügte ich hinzu.
Sie schien zu überlegen, ob sie mehr preisgeben sollte, was und wie viel. Abermals biss sie nervös an ihrer Lippe. Ich hob meinen Arm. Sie stockte leicht. »Es passiert dir nichts«, sagte ich sanft. Mit meinem Daumen strich ich hauchzart über ihre Unterlippe und befreite diese von ihren Zähnen. Sie waren vollkommen weich. Nur diese eine Stelle war etwas aufgeraut. Wie gerne würde ich ihr einen zarten Kuss darauf geben. Langsam ließ ich meinen Daumen von ihrem Mund gleiten. Mia schloss die Augen und atmete tief ein. Danach sah sie mich an. Ihre Augen fingen zu leuchten an. Und sie begann zu erzählen.
»Es ging alles viel zu schnell. Wenn es mir nicht schlecht gegangen wäre ... wer weiß, wo ich dann jetzt schon wäre.« Sie wandte
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