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Bring mich heim

Bring mich heim

Titel: Bring mich heim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Wagner
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konnte und in der tiefsten Stunde seiner Freundin eine Affäre beginnen konnte. Nein, darauf gab es keine Worte. Ich fühlte bei diesen Worten Wut. Diesen Typen wollte ich nie begegnen. So hörte ich ihr einfach nur zu. Mia verlangte auch keine Antworten von mir.
    Es war schwer, sie so zu sehen. Ihre Stimmung schwankte von lachend auf todtraurig. Sie pausierte öfter, um sich zu sammeln. Danach sah sie mich wieder an und sprach weiter. Die gesamte Zeit über hielt sie meine Hand. Rückte etwas näher ran.
    Es war schon Abend, da lehnte sie ihren Kopf an meiner Schulter an. »Danke, dass du mir zugehört hast.«
    »Gern geschehen«, murmelte ich in ihr Haar. Atmete ihren Duft ein.
    »Weißt du«, Mia sah zu mir hoch, »ich habe bis jetzt noch niemandem alles erzählt. Jeder weiß nur Bruchteile von dem, was in mir vorgeht. Vor allem warum. Aber ich wollte es auch nie jemandem sagen. Nicht unter Zwang. Nicht einmal mein Therapeut kennt die komplette Geschichte. Er muss mit mir verzweifeln, und wenn er wüsste, dass ich es jemandem erzählt habe, den ich erst seit ein paar Tagen kenne.«
    Ich gab ihr einen leichten Kuss auf die Haare. »Danke, dass du es mir gesagt hast.«
    Sie lächelte mich an. »Ich fühle mich wohl bei dir.«

Kapitel 36
    Mia – Glückliche Tränen
    Nizza, Juni 2012
    Ich ließ mich durch mein Herz leiten. Vielleicht hätte ich das eher tun sollen. Und ich wäre nie in dieses Tief gefallen. Jedoch gab es auch nichts, wohin mich mein Herz hätte leiten können.
    Nach unserem Gespräch sprachen wir kein weiteres Mal über meine Krankheit. Ich wollte es auch nicht. Denn ich hatte alles gesagt. Beinahe alles ... nur Details nicht, welche ich ihm ersparen wollte. Oder doch mir?
    Aber ich war froh, nichts mehr erzählen zu müssen. Samuel drängte auch nicht. Er fragte nicht nach. Und dennoch schien es ihn ausgesprochen zu beschäftigen. Er wirkte oft abwesend. Extrem in seinen Gedanken verloren. Vor allem abends, wenn wir zurück im Zimmer waren und jeder sein Ding machte. Samuel spielte auf seiner Gitarre. Dabei starrte er ins Nichts aus dem Fenster. Er war irgendwo anders. Ich konnte ihn in Ruhe beobachten, wie er gedankenverloren Lieder zupfte und leise mitsang. Er war auch nicht ansprechbar. Wo auch immer er war. Jedoch genoss ich es, ihm zuzuhören und anzusehen. Er wurde mein beliebtestes Motiv, welches sich in diesem schwarzen Buch befand. Denn ich begann nach meinem Gespräch mit Sam wieder täglich zu zeichnen. Es fehlte mir. Mir gingen die schmutzverschmierten Finger ab. Das Geräusch, wenn der Stift auf das Papier drückte und sonst kein anderes wahrnehmbar war.
    Ich verstand nicht, was in mir vorging. Sollte ich doch tatsächlich zurückkommen? Gefühle, welche ich lange Zeit nicht gefühlt hatte, kamen zum Vorschein, gemischt mit diesen neuen unbekannten.
    Vielleicht lag es an diesen Berührungen. Sie machten mich nervös. Gut nervös. Ich ließ Samuel meine Hand halten. So oft er wollte. So oft ich wollte. Jedes Mal durchströmten Glücksgefühle meinen Körper. Samuel durfte sogar seinen ungemütlichen Schlafplatz auf der Couch gegen das allzu gemütliche Bett tauschen.
    »Ich dachte, du willst zurück in eine dieser tollen Herbergen?« Er lachte lautstark.
    »Schon gut, du hast gewonnen. Ich gehe nicht mehr dorthin.«
    »Ha, ich wusste es«, sagte er, ein schelmisches Grinsen war in seinem Gesicht. Mit verschränkten Händen sah ich ihn an. Er hob seine entschuldigend.
    »Ich sagte schon, dass du gewonnen hast. Kein Grund hier einen Gewinnertanz oder Ähnliches zu veranstalten. Aber nur unter einer Bedingung. Ich zahle dir jeden Cent retour. Verstanden?«
    »Das werden wir dann sehen«, zwinkerte er mir zu.
    »Samuel!«, warf ich bissig zurück. Mehr als ein Lächeln bekam ich darauf nicht zur Antwort.
    Wir blieben vier Tage in Nizza. Den ersten verbrachten wir ohnehin im Zimmer. Die restlichen drei gingen wir einfach nur spazieren. Am Strand, durch die Gassen der Altstadt. Es war viel schöner, als Sehenswürdigkeiten zu jagen. Ich benötigte die Ruhe. Der letzte Tag an diesem Ort war wohl der wunderbarste.
    In den engen Altstadtgassen ließ ich meine Finger über die Sandsteinmauern streifen. Sie waren kalt, obwohl die Sonne brannte. All meine Sinne wurden wieder geweckt. Ich schloss die Augen, atmete dabei tief ein. Und ging blind taumelnd weiter. Einige Male stieß ich in Samuel.
    »Was machst du?«, fragte er neugierig.
    Ich sah ihn lächelnd an. »Genießen.« Wir blieben stehen.

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