Bring mich heim
Stimme gedämpft.
Vorsichtig erhob ich mich. Ich ging zu dem Waschbecken und sah mich an. Mit den Fingern fuhr ich mir über das Gesicht. Sie war nicht ich, aber sie musste ich werden. So wollte ich nicht leben. Ich wischte mir die Tränen weg, welche langsam meine Wangen runterkullerten.
Mit einem kräftigen Atemzug schlenderte ich zur Tür, sperrte auf. Er lehnte mit seinem Kopf gegen den Türrahmen. Die Arme waren vor seinem nackten Oberkörper verschränkt. Meine Augen wanderten diesen auf und ab. Samuel sah viel besser aus als in meinen Gedanken. Nur mit so wenig Kleidung auf diesem perfekten Körper machte er das hier nicht gerade einfacher.
Mit einem verzweifelten Blick sah er mich an. »Es tut mir leid, Mia. Ich kann dir diese Situation erklären.« Mit seinem rechten Zeigefinger deutete er in das Badezimmer. »Darf ich zu dir hereinkommen?«, fragte er vorsichtig. Ich nickte, während ich mit meinem nervösen Tick anfing.
»Könntest du damit bitte aufhören?« Ich zog die Augenbrauen zusammen.
»Mit dem Lippenbeißen. Es lenkt mich etwas ab.« Er zuckte mit den Schultern. »Ich bin halt auch nur ein Mann.«
Kampfhaft versuchte ich aufzuhören, doch Dinge, die man womöglich schon sein gesamtes Leben machte, waren nur sehr schwer abzustellen.
Auffordernd sah ich ihn an. Um nicht weiter an meiner Lippe zu beißen, wippte ich nun von einem Fuß zum anderen.
»Du musst schlecht geträumt haben«, begann er zu erzählen. »Ich ging zu dir, um zu sehen, ob ich dich irgendwie wach bekommen konnte. Aber nur durch Zureden funktionierte das nicht.« Er ging einen Schritt näher zu mir. Ich einen zurück. »Du hast gemurmelt, dass ich bei dir bleiben soll. Ich ... ich war mir auch absolut nicht sicher, ob ich das wirklich machen sollte.« Nervös fuhr er sich mit beiden Händen durch sein Haar, blieb beim Nacken stehen und hielt sich dort fest. »Nur sagtest du es erneut. Du hast dich einfach zu mir gelegt.« Ich riss meine Augen auf.
»Nein, das habe ich nicht gemacht«, sagte ich leise.
Samuel nickte mir zu. »Sonst wäre ich nicht bei dir geblieben. Aber du warst danach auf der Stelle ruhig. Und ...«
»Schon gut«, unterbrach ich ihn. Ich griff mir an die Schläfen. Mein Unterbewusstsein tat genau das, was Dr. Weiß wollte, das ich machte.
»Mia, wirklich ich ...«
Abermals stoppte ich ihn. Hielt eine Hand in die Höhe. »Es ist okay, Samuel.« Ich ging an ihm vorbei und setzte mich auf das Bett. Er folgte mir. Stellte sich vor mich hin.
»Was ist eben passiert?«
Ich atmete tief ein. Genervt schüttelte ich meinen Kopf. »Glaub mir, das willst du nicht wissen.«
Sam kniete sich vor mich hin, damit er mir besser in das Gesicht sehen konnte. »Und wenn ich es doch will«, sagte er leise. »Ich bin nicht blind, Mia. Ich sehe, du willst mehr.« Frustriert stand er auf. »Verdammt ...«, mit der Faust schlug er gegen die Mauer. »Wieso darf ich dich nicht anfassen? Ich kann es fühlen, diese Anziehungskraft. Wo verdammt noch mal ist dein Problem«, schrie er. »Wieso darf ich noch nicht mal deine Hand halten«, sagte er leiser. Er ging im Zimmer auf und ab. Im ersten Moment war ich sprachlos. Starrte ihn nur an. Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich wusste nicht, dass er so darüber dachte. Er war so bedacht mit mir. Machte keine Andeutung. Nichts. Erst Minuten später war es mir möglich, ihm Kontra zu geben.
»Weil ich es selbst nicht kann, okay? Du willst nicht in mein beschissenes Leben verwickelt werden. Ich hasse mich. Ich kann mich nicht ansehen.« Mit einem Satz sprang ich von dem Bett hoch. Raste zu meinem Rucksack und begann einzupacken. Samuel sagte nichts dazu. Er stand wie versteinert auf einem Fleck, den Blick zum Boden gerichtet.
Ich deutete auf meinen Körper. »Sieh mich an.« Er bewegte sich nicht. »Sie mich verdammt noch mal an.« Ich war laut. So, dass sich meine Stimme etwas überschlug. Ich war wütend. Auf mich. Auf alles. Auf ... ich wusste es nicht.
Fragend sah er mich an: »Ich verstehe dich nicht.« Er war wieder ruhig und ging weiter zu mir. »Mia, sieh dich genau an. Du bist einfach nur wow ... Ist dir aufgefallen, wie dir alle nachsehen? Weißt du, warum sie das machen?«, fragte er mich.
»Samuel, ja, ich weiß es. Ich weiß ganz genau, warum mich alle angaffen«, schrie ich. »Ich hasse, dass es jeder macht. Nicht mal hier bleibe ich davor verschont«, sagte ich emotionslos.
Er sah mich irritiert an. »Was redest du da bitte?«
»Ich bin dir mit Sicherheit auch nur
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