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Bring mich heim

Bring mich heim

Titel: Bring mich heim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Wagner
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Gutes erahnen. Die Stirn warf Falten. Sein Kiefer war angespannt. Nervös schaltete er seinen Kugelschreiber ein und aus. Ich wurde umso nervöser. Das Klicken machte es nicht besser. Ich zupfte an meiner Nagelhaut. Es tat verdammt weh, aber ich wusste, dass das, was ich jetzt zu hören bekam, noch mehr wehtun würde.
    »Das hier ist der härteste Teil meiner Arbeit«, begann er. Ich fing nur meinen Kopf zu schütteln an. Ich wusste es.
    »Nein«, sagte ich leise und hielt mir den Mund zu, damit mir kein Schluchzen entkam.
    »Hören Sie mir zu.« Abermals schüttelte ich den Kopf. Aber ich hörte genau, was er sagte, denn ich konnte mich nicht von der Stelle bewegen. Auch wenn ich weglaufen wollte. »Es tut mir leid, das hier sagen zu müssen. Leider hat ihre Therapie nicht alles zerstört. Es begann, etwas Neues zu wachsen. Und zwar ...«
    »Nein, sagen Sie nicht wo«, schnitt ich ihn ab. »Ich will es nicht wissen.« Meine eigenen Wörter klangen dumpf in meinen Ohren. Es war, als ob ich neben mir stand.
    »Frau Lang«, seufzte er. Setzte sich aufrechter hin. »Wir können alles mit einer weiteren Operation entfernen. Danach gäbe es wieder die Therapie.«
    Ich schüttelte einfach nur meinen Kopf. Mein Herz klopfte laut. Meine Ohren sausten. »Wie lange?«, fragte ich ihn emotionslos.
    »Hier war nie die Rede vom Sterben. Sie können weiterl ...«
    »Wie lange?«, unterbrach ich Dr. Oberbichler ein weiteres Mal etwas schärfer.
    »Wenn wir nichts unternehmen, kann ich für nichts garantieren. Tage, Wochen, Monate. Der Tumor dürfte schnell gewachsen sein. Sonst hätten wir in bereits das vorige Mal entdeckt. Aber er gehört operativ entfernt. Er drückt ...«
    Ich hielt meine rechte Hand hoch, um ihn zu stoppen. »Ich will es nicht wissen«, sagte ich kraftlos. Ich würde das nicht ein weiteres Mal aushalten.
    »Frau Lang ...«
    »Nein«, fauchte ich ihn an. »Nein, Dr. Oberbichler. Wissen Sie, wie ich gelitten habe? Wissen Sie, wie es mir ging? Sie wissen es nicht«, sagte ich voller Wut. »Ich wollte so nicht. Es ging mir permanent schlecht. Niemand konnte mich so ausstehen. Ich konnte mich nicht so ausstehen. Ich kann es noch immer nicht. Eigentlich bin ich gerade dabei alles zu akzeptieren, wie es ist, wie es war. Denke mir, dass es einen Sinn haben musste, dass genau mir das geschah. Und dass ich wieder zurückgeholt wurde.« Leiser sprach ich weiter. »Aber dem ist nicht so. Nein, der Plan hat etwas anderes vorgesehen. Es gab nie einen Plan und wenn, war es der, mich aus dieser Welt zu holen. Von wem auch immer. Man bekommt nicht zwei Chancen. Diese eine hielt mich für ein Jahr länger am Leben.« Ich biss mir kräftig auf meine Lippen. Schmeckte das Blut auf meiner Zunge. »Wenn man das Leben nennt. Jetzt das hier ...«
    Dr. Oberbichler studierte mich, bis er wieder zu sprechen anfing. »Es würde ihre Zeit verlängern. Die Chancen stehen gut, wenn wir es rasch erledigen.«
    Ich stand auf. »Ab jetzt bestimme ich, wie mein Leben aussieht. Nicht eine Krankheit.« Ich ging zur Tür. Bevor ich die Klinke herunterdrückte, hörte ich ihn noch sagen. »Das war nicht unser letztes Gespräch, Mia. Ich werde Sie nicht aufgeben. Ich lasse Ihnen etwas mehr Zeit zum Nachdenken. Aber ich werde Sie nicht aufgeben.«
    »Aber ich mich«, murmelte ich, als ich herausging.
    Diese Nachrichten wollte ich nicht hören. Mein Bauchgefühl hatte sich an diesem Tag bestätigt, dass es nicht gut enden würde. Ich musste weg von hier. Ich wollte niemanden damit belasten. Meine Familie sollte mich als Mia in Erinnerung behalten. Am besten wäre es gewesen, wenn sie mich als die Mia, welche ich war, im Gedanken hätten. Aber zumindest durften sie eine gesunde Mia im Kopf behalten. Eine Mia, welche eine Zukunft vor sich hatte. So sollten sie mich in Erinnerung behalten. Niemand durfte davon erfahren. Niemand ...
    Das war der Tag, an dem ich mir Dr. Weiß‘ Rat zu Herzen nahm. Er hatte recht. Ich musste weg. Eigentlich wollte ich nie seiner Empfehlung nachgehen. Ich hasste es, neue Dinge zu bewältigen. Und diese Reise war etwas komplett Neues. Früher liebte ich die Herausforderung. Jedoch wenn ich hiergeblieben wäre, dann hätte ich es nicht verstecken können. Jedenfalls wäre mir meine Mutter ziemlich bald auf die Schliche gekommen. Es gab einfach keine andere Entscheidung, als zu fliehen. Am besten in den nächsten Tagen.
    Die Reise meines Lebens.

Kapitel 53
    Samuel – Gar nichts
    Graz, Juli 2012
    Ich saß nun eine Stunde in

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