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Britannien-Zyklus 01 - Die Herrin vom See

Titel: Britannien-Zyklus 01 - Die Herrin vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
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der bedeutsamste Brennpunkt der Macht in diesem Teil der Insel«, erklärte Merlin. »Die Geister, deren Gebeine an diesem Ort ruhen, werden sich mit jenen vereinen, die in uralten Tagen hier begraben wurden.«
    »Nun, dies ist die Grenze Britanniens«, meinte Uther seufzend. »Wir nennen uns nicht einmal mehr Briten, sondern Combrogi, die Männer des Landes.« Er verkörperte einen interessanten Gegensatz zu seinem Bruder. Beide waren von griechischen Tutoren unterrichtet worden, Uther aber hatte sich die raue Sprache der Soldaten angeeignet, die er befehligte, vielleicht, um sich vom Kaiser zu unterscheiden.
    Sie ritten ein Stück weiter; Uther richtete sich im Sattel auf und deutete mit der Hand. »Was ist das?«
    Aus dem Gras erhoben sich dunkle Schemen. Nach ein paar weiteren Schritten verwandelten sie sich in einen Kreis stehender Steine, untereinander verbundene Blöcke, die eine Gruppe Trilithen umgaben. Die Römer hatten zwar höhere und verschlungenere Bauwerke errichtet, nie jedoch mit derart gewaltigen Steinen. Kahl zeichnete die Umfriedung sich gegen die verlassene Ebene ab und wartete mit brütender Macht.
    »Das ist der Tanz der Riesen.«
     
    Während die Tage gegen Samhain hin zunehmend kürzer wurden, arbeiteten die Männer, und als sie fertig waren, war die Reihe der Grabhügel um einen länger. Darunter lagen die Gebeine der Anführer Britanniens. Am Vorabend des Festes befahl Merlin den Arbeitern, einen Feuerkreis um den Grabhügel zu errichten, sich dann zum Fluss hinunter zurückzuziehen und die Feuer die Nacht hindurch brennen zu lassen.
    »Ich gehe zum Steinkreis und vollführe den Zauber, der diese Geister an das Land binden wird.«
    »Müsst Ihr dabei allein sein?«, wollte Uther wissen, und Merlin zog eine Augenbraue hoch, denn in einer solchen Nacht hätte jeder andere Mann sich mit Amuletten behangen und am Feuer zusammengekauert. »Wenn nicht, dann komme ich mit Euch.«
    »Ich ebenso«, schloss der Kaiser sich ihm an.
    Merlin verbeugte sich. Bislang hatte er wenig Gelegenheit gehabt, Aurelianus näher kennen zu lernen, aber obwohl der Körper des Kaisers nicht gerade vor Kraft strotzte, war doch er es, von dem Uther die Willensstärke hatte. Bereits jetzt erkannte Merlin, dass es den Sachsen nie gelungen wäre, in Britannien Fuß zu fassen, hätte Vitalinus solche Zielstrebigkeit besessen und diese Gabe, Männer dazu zu bringen, ihm zu folgen.
    »Für geringere Menschen wäre es gefährlich. Doch es scheint passend, dass die nun herrschenden Könige dort stehen, wo die Häuptlinge vergangener Zeiten ihre Macht entfalteten.«
    »War dies ein Druidentempel?«, hatte Uther gefragt, als sie unter dem Steinportal hindurchgeritten waren.
    »Eine Art Tempel, aber nicht von den Druiden errichtet, obwohl sie einige seiner Geheimnisse lüfteten. Er wurde erbaut, noch bevor unser Volk in dieses Land kam.«
    »Waren es Trojaner, wie manche behaupten, oder weise Männer aus Ägypten, die den Menschen beigebracht haben, diese Steine aufzurichten?«, erkundigte sich Aurelianus. Gegen den Frost in dicke Mäntel gehüllt, saß er auf einem der umgestürzten Steine wie auf einem Thron.
    »Die Überlieferungen, die ich gelehrt wurde, besagen, es waren weder die einen noch die anderen«, antwortete Merlin. »Die Weisen, die solche Steinkreise errichtet haben, kamen von Westen, aus einem Land der Magie weit jenseits des Meeres. Zuerst nach Erin, dann nach Britannien. Von diesen Inseln wurde das Wissen südwärts getragen, bis hinunter in die Länder rings um das Mittelmeer.«
    Es war beinahe Mitternacht. Sie schauten über das Gras zu den Feuern, die einen Kreis um den Grabhügel bildeten, dann empor zum Sternenglanz des Himmels.
    »Die Sterne sind wie Wachfeuer einer gewaltigen Armee, die im Himmel ihr Lager aufgeschlagen hat«, meinte Uther. »Werden diese Geisterkrieger kommen, um uns in unserer Not beizustehen?«
    »Wenn ich sie rufe, werden sie kommen. Jetzt müsst Ihr still sein, ganz gleich, was Ihr seht oder hört.« Merlin holte aus seinem Beutel eine Hand voll Kräuter hervor und verstreute sie in einem schützenden Kreis um die beiden Fürsten. Dann stimmte er einen leisen Sprechgesang an und schritt mit dem Sonnenlauf um die Einfriedung. Jeden Stein, bei dem er angelangte, grüßte er, und er vermeinte, in den flechtenüberzogenen Felsblöcken die Anfänge eines erwidernden Schimmerns zu erkennen. Die Riesen erwachten.
    Merlin schälte sich aus den Kleidern, legte das Wolfsfell in die Mitte

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