Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Britannien-Zyklus 01 - Die Herrin vom See

Titel: Britannien-Zyklus 01 - Die Herrin vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
Vom Netzwerk:
nahm auf dem Wolfsfell Platz, atmete tief und gleichmäßig und senkte seine Seele in die Erde hinab. Sogleich spürte er die feinen Verästelungen der Macht, die das Land nährten; aber sie waren lediglich Seitenarme, kein mächtiger Strom wie jener, den er am Tanz der Riesen angezapft hatte. Und doch wirkten selbst diese winzigen Kanäle aufgewühlt. Eine Veränderung nahte, und sie würde schon bald einsetzen.
    Die Farbe des Himmels vertiefte sich zu einem leuchtenden Kobaltblau. Plötzlich erstrahlten die ersten Sterne, doch wohin war der Komet verschwunden? Gemurmel von den Männern lenkte seine Aufmerksamkeit nach oben, und ihm wurde bewusst, dass der Komet rascher wanderte, als er erwartet hatte, denn er stand bereits hoch. Merlin lehnte sich zurück, schaute nach oben und erlaubte seinem Geist emporzusteigen, während er selbst mit der Erde fest verankert blieb.
    Der Kopf des Kometen strahlte heller als die Venus, wenn sie den Morgenstern verkörpert, der Schweif schien sich über den halben Himmel zu erstrecken. Von seiner Schönheit gebannt, brauchte Merlin eine Weile, bis ihm bewusst wurde, dass ihn jemand rief.
    »Seher, sagt mir«, erklang Uthers vor Anspannung leise Stimme, »was verheißt dieser wilde Stern?«
    Merlin, bereits im Dämmerzustand, befolgte den Befehl, wie ein Pferd dem Zügel gehorcht. Seine Wahrnehmung der Welt um ihn herum verblasste; er starrte zu dem Kometen empor, bis dieser sein Blickfeld vollständig ausfüllte. Zunächst war ihm der Kopf des Kometen als bloßer Lichtball erschienen, nun jedoch pulsierte er heftig und verwandelte sich mit einem Mal in das Haupt eines Drachen. Aus weiter Ferne hörte er, wie seine eigene Stimme berichtete, was er sah.
    Die Männer rings um ihn stimmten ehrfürchtiges Gemurmel an. Dann ergriff der Fürst wieder das Wort.
    »Solche Wunder tauchen nicht zufällig auf. Was hat dieses zu bedeuten?«
    Unmittelbar nach der Frage sickerte das Wissen mit solcher Macht in Merlins bewusste Wahrnehmung, dass er sich aufrichtete und ihm Tränen in die Augen stiegen.
    »Kummer und Sorge«, flüsterte er. »Kummer und Wehklagen für Euch, Herr, und für ganz Britannien. Euer Bruder ist tot. Der edle Fürst ist von uns gegangen, das Volk ohne Anführer.« Blind wandte er sich Uther zu und streckte die Hand aus. »Erhebt Euch, Sohn des Ambrosius, und eilt Euch, den Feind anzugreifen. Tut es jetzt, solange das Haupt des Drachen den Himmel beherrscht und Euch den Sieg verspricht. Vernichtet den Feind und bringt Britannien in Eure Hut.«
    Abermals schaute er empor und sah, wie das Maul des Drachen sich öffnete und eine Zunge aus Feuer zwischen den Kiefern hervorschoss. »Der Sieg ist Euch gewiss!«, brüllte er plötzlich. »Und ein Sohn, größer noch als sein Vater, der das Volk retten und ewig währenden Ruhm erlangen wird!«
    Mittlerweile tönten auch die anderen Männer, wollten wissen, wie Aurelianus gestorben war, wo der Feind sich befand, was sie tun sollten. Merlin schüttelte den Kopf und versuchte, der Stimme zu lauschen, die in ihm sprach.
    »Ihr werdet das Lager Eurer Feinde an der Küste finden, wo die Insel der Toten die Bucht behütet«, flüsterte er. »Marschiert jetzt, und überrascht sie, während sie schlafen. Ihr müsst Euch beeilen, denn sie haben vor, mit der Morgenflut loszusegeln!«
     
    Sie marschierten die Nacht hindurch, während der Drache über ihnen leuchtete und ihnen den Weg wies. Und als er mit dem Herannahen der Morgendämmerung zu verblassen begann, wand die Armee der Combrogi sich bereits die Hügel über Madocs Bucht hinab und erblickte das Lager des Feindes, das sich unter ihnen über den Sand erstreckte. Sie hatten Kundschafter ausgeschickt, folglich wusste jeder Einzelne, was er zu erwarten hatte und was zu tun war.
    Außer Merlin. Uther hatte ihm deutlich zu verstehen gegeben, dass er sich keinerlei Gefahr aussetzen durfte. Er hatte ohnehin nie gelernt, wie man mit Waffen aus Eisen kämpfte, und man hatte ihm beigebracht, dass er, wenn er seine anderen Gaben einsetzte, um Leben zu vernichten, sowohl diese Gaben als auch sich selbst zerstören würde. Also wartete er auf der Hügelkuppe im Schütze eines Dornenbuschs. Für vorbeihuschende Feinde war er somit unsichtbar, doch es war seine Prophezeiung gewesen, welche diese Männer in die Schlacht befohlen hatte; er schuldete es ihnen, ihren Kampf mit anzusehen.
    Die Beutefahrer hatten sich in Sicherheit gewogen. Dennoch waren sie nicht dumm. Als Uthers Streitmacht den Hügel

Weitere Kostenlose Bücher