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Britannien-Zyklus 01 - Die Herrin vom See

Titel: Britannien-Zyklus 01 - Die Herrin vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
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gesehnt. Nun sehnte sie sich nach dessen Frieden. Ihr Pferd schnaubte und versuchte, sich aufzubäumen, als ein Bettler eine Schale voll Glasperlen beinahe unter der Schnauze des Tieres schwenkte. Sie zügelte das Ross und blickte verärgert zu ihrem Gemahl.
    »Falls du mich schon wieder bitten willst, dir die Rückkehr zur Insel der Maiden zu gestatten«, sagte Gorlosius, »lautet die Antwort nach wie vor nein. Ich habe dich gehen lassen, um das Totenbett deiner Mutter zu besuchen, nicht um die Hohepriesterin eines heidnischen Kults zu werden. Während wir hier in Londinium weilen, will ich kein Wort davon hören, verstanden? Die Fürsten werden keinen Mann wählen, der ihnen eine heidnische Königin bescheren würde!«
    Seit dem Tod seines Vaters, dachte sie wütend, ist er noch herrschsüchtiger geworden.
    »Glaubst du, mein Schweigen wird einen Unterschied machen?«, fragte Igraine. »Sie wissen alle, wer ich bin. Ich dachte, du hättest mich geheiratet, um ein Bündnis mit den Mächten des Nordens zu besiegeln.«
    »Mit den weltlichen Mächten des Nordens«, herrschte er sie an. »Und du hättest meine Tochter nicht auf der Insel lassen sollen.«
    »Deine Botschaft befahl meine Anwesenheit an deiner Seite«, entgegnete sie zuckersüß. »Von Morgause war darin nicht die Rede.«
    »Nun, das ist jetzt ohnehin geschehen, und vielleicht schadet es gar nicht. Bis ein Mädchen das rechte Alter zum Heiraten erlangt, kümmert es ohnehin niemanden, wo es weilt.«
    »Mich wundert ja, dass ihr Männer noch keinen anderen Weg gefunden habt, um Nachkommen zu zeugen, wenn ihr Frauen für so minderwertig haltet.«
    Gorlosius weigerte sich, diese bissige Bemerkung mit einer Erwiderung zu würdigen.
    Vor ihnen ragte der alte Palast des Statthalters auf; die Krieger, die das Tor bewachten, nahmen Habtachthaltung ein, als der cornovische Fürst an ihnen vorbeiritt, und sie erwiderten Igraines Lächeln. Es war nicht ihre Schuld, dass Igraines Gemahl ihr befohlen hatte, ihn zu begleiten, dachte sie, während sie sich einen Weg über den Innenhof bahnten. Und vielleicht würde sie eines Tages Freunde brauchen.
     
    Die Basilika von Londinium war das größte Bauwerk, das Igraine je gesehen hatte; zudem war es höchst zugig. Es war ein Ort der Gerichtsbarkeit und der Beratung, und als solcher blieb er bestehen. Den Altar, auf dem einst Weihrauch für den Kaiser geopfert worden war, hatte man abgetragen, doch an den Wänden prangten nach wie vor die abbröckelnden Bilder toter Caesaren. Igraine hatte gehört, dass der Kaiser in Byzantium immer noch als Gott verehrt wurde. Seufzend beobachtete sie von ihrem Platz bei den anderen Frauen aus die mit den Armen fuchtelnden Gestalten unter ihr. In Britannien waren die Dinge anders.
    »Es gab eine Zeit«, erklärte Eleutherius von Eboracum, an die anderen Fürsten gewandt, »da wir selbst für diese Hallen zu zahlreich gewesen wären! Zu viele unserer Männer aus achtbaren Familien sind nach Gallien gegangen. Diejenigen von uns, die geblieben sind und sich tapfer dem Feind gestellt haben, sollten herrschen, nicht ein Mann, dessen Familie geflüchtet ist.«
    »Unsinn!«, widersprach ihm Uther. »Die Hälfte der Fürsten Dumnonias und Demetias herrscht im unteren Britannien über mehr Länder als hier. Mein Vater ist nie vor den Sachsen weggerannt; mein Bruder und ich sind nur gegangen, um diese Insel nicht durch einen Bürgerkrieg zu schwächen. Und als Britannien nach uns rief, sind wir zurückgekehrt. Ihr selbst habt die ›Söhne des Ambrosius‹ zurückgerufen, um euch anzuführen – nicht allein Aurelianus. Ihr habt mich bereits gewählt!«
    Er sprach mit ruhiger Stimme, dennoch weithin vernehmlich. Zwar befand er sich zu weit von Igraine entfernt, als dass sie seine Züge zu erkennen vermochte, doch sie fragte sich, ob die entspannte Körperhaltung auf Sorglosigkeit oder herausragende Selbstbeherrschung zurückzuführen war.
    Die neben ihr sitzende Frau beugte sich dichter zu ihr. »Er sagt nur die Wahrheit. Und es heißt, seine Soldaten lieben ihn. Ginge er hinaus und spräche zu seinen Männern, sie würden ihn auf ihre Schilde heben, so wie in den alten Tagen Kaiser erkoren wurden.«
    Wieso entscheiden eigentlich allein die Männer, fragte sich Igraine. Die Sachsen töteten Frauen ebenso wie Krieger. Natürlich hieß es, eine Frau beeinflusse das Ergebnis, indem sie ihren Gemahl beeinflusse; aber für Gorlosius verkörperte sie lediglich ein Sinnbild seines Ranges, wie die goldene

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