Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Britannien-Zyklus 01 - Die Herrin vom See

Titel: Britannien-Zyklus 01 - Die Herrin vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
Vom Netzwerk:
Halskette, die er trug. Ihr Vater, erinnerte sie sich, hatte die Weisheit ihrer Mutter sehr wohl geschätzt. In jenem Augenblick vermisste sie ihre Eltern auf schmerzlichste Weise. Wie blauäugig war es doch von ihr gewesen, zu erwarten, dass ihre eigene Ehe ebenso verlaufen würde.
    »Also ist dein Gemahl kein Anwärter?«, erkundigte sich Igraine.
    »O nein. Ich bin übrigens Flavia. Mein Mann ist Gaius Turpilius, ein Ehrenmann aus achtbarer Familie, aber kein Fürst. Seine Stimme hat Uther. Mein Gemahl hat bei mehreren Feldzügen unter ihm gedient.«
    »Das hat meiner auch«, erwiderte Igraine nüchtern. »Dennoch hätte ich wohl lieber Uther als Hochkönig.«
    Nachdem Flavia erst zu reden begonnen hatte, schien sie begierig darauf, sich mit Igraine anzufreunden. Binnen kürzester Zeit erfuhr Igraine, dass Flavia zu Hause einen jungen Sohn hatte und sich weitere Kinder wünschte, jedoch fürchtete, es sollte nicht sein, denn der Knabe war groß und die Geburt schwierig gewesen.
    »Ein feiner, strammer Knabe ist er, mein Gai; trotzdem ist es hart, Söhne zu gebären, wenn man weiß, dass sie in den Krieg ziehen werden, sobald sie in der Lage sind, ein Schwert zu halten. Fast wünschte ich, er wäre ein Mädchen geworden.«
    »Auch Mädchen können eine Herausforderung sein«, meinte Igraine und dachte daran, wie Morgause geweint hatte, als sie fortgeritten war. Dennoch war sie überzeugter denn je zuvor, dass es klug gewesen war, das Mädchen wohlbehalten im Norden zu lassen.
    Mittlerweile sprach Eldol von Glevum. Seine Verbindung zu Vitalinus gab ihm einen Anspruch auf den Thron, stellte jedoch gleichzeitig seine schwerste Bürde dar. Glücklicherweise schien er in keiner Weise danach zu trachten und unterstützte stattdessen seinen Befehlshaber.
    »Hältst du den Beschützer Eboracums für einen ernst zu nehmenden Anwärter?«
    »Das wäre er gern, aber er ist jung und unerprobt«, antwortete Igraine leidenschaftslos. »Dasselbe gilt für Agricola von Demetia und für Honorius. Viele der Männer, die mögliche Anwärter gewesen wären, sind bei Sorbiodunum gestorben. Nordländer von jenseits der Wälle, wie Ridarchus, leben zu weit entfernt, um in Erwägung gezogen zu werden, wenngleich sie nützliche Verbündete darstellen. Ich hoffe, sie wählen Uther.«
    »Du weißt aber sehr viel darüber«, stellte Flavia fest.
    »Wirklich? Hört man meinen Gemahl reden, sollte man das keineswegs meinen…«
    Flavia folgte der Richtung ihres Blickes; plötzlich setzte Begreifen ein. »Willst du denn nicht Königin werden?«
    »Ich will vor allem nicht, dass Gorlosius Hochkönig wird«, entgegnete Igraine.
    Flavia zog eine Braue hoch, dann weiteten sich ihre Augen. »Und wer im Namen Christi und dessen heiliger Mutter ist das?«
    Sie deutete hinab, und Igraine erblickte eine große Gestalt, die sich aus den Schatten hinter Uther gelöst zu haben schien. Ein unpassendes Auftreten sondergleichen, dachte Igraine, als sie trotz der Entfernung die leicht gebückte Haltung und das dunkle Haar erkannte. Doch er hatte sich verändert; die prunkvollen Gewänder waren durch eine schlichte weiße Robe ersetzt worden, der Bart wucherte bis auf die Brust hinab. Als hätte er ihren Blick gespürt, schaute er empor; die Augen unter den buschigen Brauen waren stechend wie die eines Falken.
    »Das ist mein Vetter Ambros«, erklärte sie mit sanfter Stimme, »den man Merlin nennt…«
     
    Sie traf Merlin erst, nachdem der Rat vorüber war und die Fürsten und deren Eheweiber sich in der Kirche versammelten, um Uthers Salbung und Krönung beizuwohnen. Ungeachtet aller Einwände war seine Wahl in Igraines Augen unvermeidlich gewesen. Der Name Pendragon war in aller Munde. Hätten die Fürsten einen anderen Herrscher erkoren, wäre ihm niemand gefolgt.
    Im Verlauf des Rates hatte Igraine Flavias schlichte Freundlichkeit zu schätzen gelernt. Nun standen sie gemeinsam vor der kleinen Kirche, die Mäntel dicht um sich geschlungen, da ein feuchter, Regen verheißender Wind aufgekommen war. Sie warteten mit den anderen Frauen und den unbedeutenderen Häuptlingen, bis die Fürsten herauskamen, denn die kleine Kirche bot zu wenig Platz für sie alle. Merlin stand ein wenig abseits und wirkte in der weißen Robe wie ein Mönch. Doch aus dem zu schließen, was Igraine gehört hatte, hatte er dem Christentum in jeder Form abgeschworen. Gelegentlich ertappte sie ihn dabei, dass er sie beobachtete, aber sooft ihre Blicke einander begegneten, wandte er die

Weitere Kostenlose Bücher