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Britannien-Zyklus 01 - Die Herrin vom See

Titel: Britannien-Zyklus 01 - Die Herrin vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
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mächtigen Kopf, und eine raue, rosa Zunge schleckte die Beeren von Artors Handfläche. Das sonnengebleichte, braune Fell entsprach genau der Farbe des Haars des Jungen.
    Der Bär beschnupperte die Hand, dann leckte er die beerenfleckigen Wangen des Knaben, und Artor hob die andere Hand und streichelte sanft das dichte Fell. Eine Weile verharrten sie so, Menschenjunge und Bärenjunges, dann schnaubte der Bär, sank auf alle viere und stapfte durch die Sträucher davon.
    Das Blut pochte in Merlins Kopf, als er sich wieder zu atmen besann. Artor blinzelte ein paar Mal, dann drehte er sich um. Seine Augen weiteten sich nur ein wenig, als stellte das Erscheinen des Druiden nach dem, was soeben geschehen war, keine besondere Überraschung dar.
    »Habt Ihr das gesehen?«, flüsterte er.
    »Ich habe es gesehen.« Jahre der Disziplin ließen Merlin rasch die Stimme wiederfinden. »Du bist Arktos, der Bär, und dein Totem hat dich gesegnet.«

IX
    Die Raben der Schlacht
    A.D. 473
     
    »Leudonus wird den Befehl übernehmen müssen.« Die Worte des Königs ertönten wie ein Fluch. »Das heißt, wenn er lange genug aufhören kann, das Feld deiner Tochter zu beackern, um sich in seine Rüstung zu werfen!«
    Das warme Licht eines Sommermorgens am Fluss Tamesis schien durch das Fenster des alten römischen Turms und gleißte auf der geweißelten Decke; ein klares, unbarmherziges Licht, das sein Antlitz erhellte und jede Furche hervorhob, die sich durch den Schmerz des vergangenen Jahres dort eingegraben hatte.
    »Uther!« Zwischen Sorge und Verzweiflung hin- und hergerissen, schüttelte Igraine den Kopf. Er musste sich heute außergewöhnlich schlecht fühlen, denn im Allgemeinen hütete er in ihrem Beisein die Zunge. »Morgause ist mit ihrem zweiten Kind schwanger, und Gwalchmai ist gerade ein Jahr alt.«
    »Zwei Bälger in drei Jahren ist eine gute Ausbeute«, knurrte der König. »Es ist an der Zeit sicherzustellen, dass es etwas für sie zu erben gibt. Leudonus ist der Beste des ganzen Haufens – wenn ich das Heer schon nicht anführen kann, das er befehligen soll.«
    »Deshalb hast du ihn ja mit Morgause verheiratet«, erinnerte ihn Igraine.
    »Ich hatte gehofft, es würde nicht so weit kommen – verdammt!« Abermals fluchte er, als er versuchte, sich im Bett zu drehen. Es war so gemütlich, wie es sein Hofgesinde einzurichten vermochte, doch die alte Garnisonsfeste war nicht für längeres Wohnen gedacht. Londinium war eine Handelsstadt, keine Festung, und der alte Turm, am Flussufer gelegen und durch Bollwerk und Graben von der Stadt getrennt, war der sicherste Ort gewesen, den sie finden konnten.
    In den vergangenen drei Jahren waren die Anfälle von Gliederschmerzen und Muskelschwäche zunehmend häufig aufgetreten. Gelegentlich, bei mildem Wetter, hatte Uther Ruhe davor, doch Octha und seine Kriegerschar warteten nicht, bis es dem König besser ging. Hengests Sohn hielt den Schwur, den er geleistet hatte, als er aus Londinium entkommen war, und die Armee, die er aus den Stämmen Germaniens erschaffen hatte, war in der Gegend südlich von Eboracum gelandet.
    »Herr, beruhigt Euch«, sagte Jordanus. »Ich sende die Botschaft mit schnellen Reitern aus. Wenn der Feind im Norden zuschlägt, wird er bereit sein.«
    »Und wenn er nach Süden zieht?«, fragte Igraine.
    Uther legte die Stirn in Falten. »Cador von Dumnonia ist ein tüchtiger Mann, dasselbe gilt für seine Brüder, aber es mangelt ihm an Erfahrung. Cadrod ist ein guter Kämpfer, aber ungestüm. Vielleicht Eldol… aber so mancher vertraut ihm immer noch nicht. Wir haben in diesen endlosen Kriegen unsere besten Männer verbraucht! Wenn sie nach Süden kommen… muss ich selbst… irgendwie… aus diesem verfluchten Bett.« Er versuchte sich aufzurichten und sank vor Schmerz keuchend zurück.
    Igraine kniete sich an seine Seite und wischte ihm den plötzlich ausgebrochenen Schweiß von der Stirn. Auf die Lippen zwang sie ein Lächeln, innerlich jedoch weinte sie. Sein ganzes Leben lang war Uther ein Krieger gewesen; dem Tod in der Schlacht hätte er sich mit Freuden gestellt, doch gegenüber diesem unsichtbaren Feind, der ihn in einen Gefangenen seines eigenen Körpers verwandelte, war er machtlos. Es musste doch etwas geben, das diese endlose Pein zu lindern vermochte!
    In jener Nacht träumte sie von Blut und Kampf, doch gerade, als die Dunkelheit Freund und Feind gleichermaßen zu verschlingen drohte, flammte im Westen ein Licht auf, und sie sah durch das

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