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Britannien-Zyklus 01 - Die Herrin vom See

Titel: Britannien-Zyklus 01 - Die Herrin vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
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dass die Kapelle kaum genug Platz für ein Dutzend Männer bot.
    Letzten Endes umfasste die Gruppe neben dem Bischof selbst Leudonus und Cador, den Oberfriedensrichter von Calleva, Eleutherius, Cadrod und Eldol, Ulfinus, der Uthers Freund gewesen war, Igraine, Turpilius und seinen Sohn Gai.
    Und Artor, der um sich blickte wie ein Tier, das spürt, dass die Jäger es umzingeln. Das Schwert aber umklammerte er immer noch.
    »Fürchte dich nicht, Junge«, sprach der Bischof. »Die Wahrheit wird siegen, hier auf dieser heiligen Erde.«
    Artor nickte, und Igraine wusste, dass er nicht die Menschen fürchtete, sondern sein Schicksal.
    »Schwörst du vor Gott und Seinen heiligen Engeln, dass du das Schwert, das du da hältst, aus diesem Stein gezogen hast?«
    Alle konnten sehen, dass der Spalt, in dem es gesteckt hatte, leer war. Abermals nickte Artor.
    »Dann fordere ich dich auf, die Klinge zurück in den Stein zu stecken und sie neuerlich zu ziehen.«
    Etwas Verkniffenes in den Zügen rings um die Kiefer des Jungen erinnerte Igraine auf schmerzliche Weise an Uther, als der Knabe vortrat. Sie hörte, wie Ulfinus den Atem anhielt, und wusste, dass es auch ihm aufgefallen war. Artor ließ das umhüllende Tuch zu Boden gleiten, streckte die Waffe mit einer flinken Handbewegung empor, zielte auf den Spalt und schob die Klinge mit jenem Dreh hinein, an den Igraines Muskeln sich noch erinnerten.
    »Da ist Blut auf dem Stein«, meinte jemand und deutete auf den dunklen Fleck, der in das »R« des Wortes REX auf der Oberfläche des Steins geronnen war.
    »Ich habe mir in die Hand geschnitten«, erklärte Artor, »als ich es zuvor herausgezogen habe.«
    »Ich habe gehört, solche Klingen müssten mit Blut getränkt werden, wenn man sie zieht«, besann sich Eldol.
    Eine Weile betrachtete Artor das Schwert im Stein, die Stirn in tiefe Falten gelegt, dann wandte er sich an die Versammelten. »Da ist es, wie zuvor. Versucht es, wenn ihr wollt…«
    »Mich hat es bereits verbrannt!«, rief Gai aus. »Ich habe keine Lust, es noch einmal anzufassen.«
    »Nun, dann versuche ich es«, sagte Cadrod grinsend, »obwohl ich nicht den Wunsch hege, Hochkönig zu werden.« Er trat vor; zwar verbrannte ihn das Schwert nicht, aber er vermochte es auch nicht aus dem Stein zu zerren.
    Danach wagten es Cador und einige der anderen – vergeblich. Und die ganze Zeit beobachtete sie Leudonus, zupfte sich am Bart und ließ den Blick von dem Schwert zu Igraine und wieder zurück wandern.
    »Ich glaube, meine Frau hat mir etwas über diese Klinge erzählt. Es gibt einen Kniff, um es herauszubekommen, nicht wahr? Peinigt Euch Euer Kummer so sehr, Herrin, dass Ihr diesem armen Jungen das Geheimnis anvertraut und Euch eingeredet habt, er wäre Euer Sohn?«
    »Ich kenne dieses Schwert tatsächlich«, räumte Igraine voller Stolz ein, »denn meine Familie hat es viele Jahre behütet. Aber nicht ich habe es hierher gebracht. Und was den Jungen angeht – mein Herz begann mir zuzuflüstern, wer er sein muss, und so habe ich ihm verraten, wo die Klinge zu finden ist. Aber nicht mehr – das schwöre ich vor dem Thron unserer Herrin. Mehr habe ich ihm nicht anvertraut! Nicht das Ziehen der Klinge, sondern ihr Schwingen stellte die eigentliche Probe dar, Leudonus. Lasst es Artor noch einmal für Euch herausziehen und seht, ob Ihr dessen Macht ertragen könnt!«
    »Tu, was sie sagt, mein Sohn«, forderte Bischof Dubricius den Knaben mit sanfter Stimme auf. »So wie vorher…«
    »Ich habe mich vor den Altar gekniet und um Gottes Erlaubnis gebetet«, erklärte Artor, »denn ich war nicht sicher, ob es rechtens ist, etwas aus einem Schrein zu entwenden.« Während er sprach, kniete er sich abermals nieder und neigte das Haupt zum Gebet. Dann bekreuzigte er sich und ging zu dem Stein. »Aber ich habe alles schneller gemacht, weil ich in Eile war…«
    Nun war er nicht in Eile. Igraine sah, wie er schluckte, als er das Schwert betrachtete, diesmal wissend, was es bedeuten mochte, es herauszuziehen.
    Er schloss die Hand um den Griff, und sie beobachtete, wie er sich ob des ersten Schwalls der Macht versteifte. Dann stemmte er die Beine fester in den Boden und zog; die Muskeln seiner Unterarme traten hervor, als er die Klinge drehte – mit einem leisen Zischen löste sie sich. Artor trat einen Schritt zurück und schwang sie hoch über den Kopf; niemand vermochte später zu sagen, ob es das letzte, durch die Tür scheinende Licht des Sonnenuntergangs oder ein inneres

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