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Britannien-Zyklus 02 - Die Herrin der Raben

Titel: Britannien-Zyklus 02 - Die Herrin der Raben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
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noch übrig war, linderte die Schläge, die sie einstecken mussten.
    Es folgten ein paar Augenblicke ungestümer Kampfhandlungen, danach eine Pause, während der alle schnaufend verharrten. Einer ihrer Gegner lag auf dem Boden, während ein anderer sich den Bauch hielt, wo Cunorix ihn getreten hatte. Oesc spürte, wie Artor sich aufrichtete.
    »Nun, Freunde, ich glaube, wir haben die Reihen ein wenig gelichtet. Ich glaube, jetzt ist es an der Zeit, königlich nachzusetzen!« Ehe sie Einspruch erheben konnten, sprang Artor vorwärts, ergriff einen fallen gelassenen Knüppel und schwang ihn gegen den nächstbesten Gegner.
    Cunorix brüllte etwas auf Irisch, senkte das Haupt und stürmte los, während Oesc sich des dritten Mannes annahm. Endlich konnte er ungehindert kämpfen! Der Zorn, den er Zeit seiner Gefangenschaft unterdrückt hatte, erfüllte ihn mit neuem Rausch. Er sah einen Prügel auf sich zusausen, hob den linken Arm, um den Kopf zu schützen und hörte ein Knacken, als die Waffe ihn traf. Die Wucht wirbelte ihn herum, mitten hinein in die Deckung seines Gegners, und seine Faust schoss auf die Kehle des anderen Mannes zu. Mit Übelkeit erregendem Knirschen gab etwas darin nach, und der Mann sackte gurgelnd zu Boden.
    Auch Artor hatte seinen Gegner zu Fall gebracht, Cunorix rang noch mit dem seinen. Oesc holte Luft, um ihnen zuzurufen und keuchte auf, als die Taubheit in seinem Arm jäh einem stechenden Schmerz wich. Lauschend hob Artor die Hand.
    Weitere Männer nahten. Doch was sie nun hörten, waren das Hallen von genagelten Sandalen und das Klirren von Harnischen, nicht die verstohlenen Schritte eines Straßenräubers. Gai war endlich mit der Stadtwache unterwegs.
     
    Oescs gebrochener Arm heilte allmählich, während der Tadel, mit dem Artor von seinen Beratern nach der Rückkehr in den Palast überhäuft wurde, zweifellos tiefere Wunden hinterließ. Gerüchte besagten, auch Artors Mutter habe zu diesem Vorfall heftig Stellung bezogen, als sie zu einem ihrer regelmäßigen Besuche eintraf. Nur Merlin, der bald darauf von einer seiner Reisen zurückgekehrt war, schien Verständnis aufzubringen.
    Um Oesc während seiner Genesung zu beschäftigen, wurde ein Priester namens Fastidius gesandt, der ihm die Sprache der Römer beibringen sollte. Die anderen an der Eskapade Beteiligten wurden ermutigt, mit ihm zu lernen, wenngleich unklar blieb, ob zur Strafe oder um ihm Gesellschaft zu leisten.
    »Arma virumque cano…« Die Stimme des Mannes war wohlklingend, und er sprach ganz ohne Akzent; es war offensichtlich, dass er die Sprache liebte. Oesc bemerkte, dass sich sein Latein merklich von dem Lagerlatein unterschied, dessen sich viele der Soldaten bedienten. »Und was, mein Kind, bedeuten diese Worte?«
    »Arma – das heißt Waffen«, antwortete Oesc. Dies klang wesentlich interessanter als die Grammatik, die ihnen der greise Mann zuvor beigebracht hatte. »Hat virumque irgendetwas mit Männern zu tun?«
    Durch das offene Fenster hörte er die Geräusche von Männern und Pferden, außerdem, aus weiterer Ferne, leisen Donner. Die Hitzewelle war vorüber, Kühle lag in der Luft und das Versprechen von Regen.
    »Ein Mann«, berichtigte ihn Fastidius. »Das Objekt des Verbs. Und das que hinten dran – was bedeutet das?« Sein wässriger Blick heftete sich auf Cunorix, der ihn anstarrte, als wäre soeben ein bewaffneter Unhold vor ihm aus der Erde geschossen. In Wahrheit, dachte Oesc, hätte er sich einem Krieger wohl mit weniger Furcht gestellt.
    Artor erbarmte sich seiner. »Es bedeutet ›und‹, nicht wahr? ›Von Waffen und dem Mann singe ich…‹«
    »Mhm«, brummte der Priester zustimmend. »Du hast die Sprache wohl schon früher gelernt.«
    »Sie wurde im Haus von Gaius Turpilius gesprochen, der mich aufgezogen hat«, antwortete der König. »Aber im Lesen hatte ich nie viel Übung.«
    »Nun, gewiss wollt Ihr in der Lage sein, Botschaften von fremdländischen Königen auch ohne Schriftgelehrte zu verstehen und sicherstellen können, dass in Eurem Namen verfasste Botschaften das ausdrücken, was Ihr sagen wollt.«
    Oesc war nie der Gedanke gekommen, ein König könnte sein eigener Übersetzer sein, nun aber sah er ein, dass es durchaus nützlich sein mochte. Der Priester schien es auf jeden Fall zu glauben. Fastidius war ein greiser Mann, der seine Ausbildung in den goldenen Tagen vor dem Aufstand der Sachsen erhalten hatte, als sein Namensvetter, der Bischof, noch höflich belustigte Briefe über die

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