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Britannien-Zyklus 03 - Die Herrin von Camelot

Titel: Britannien-Zyklus 03 - Die Herrin von Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
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Igraine das Mädchen in ihrer Obhut zurückließ.
    »Oh, mir geht es sehr gut!« Morgause bedachte die greise Frau mit einer kurzen Umarmung, als sie sich neben ihr niederließ. »Ebenso dem Kind. Ist er nicht ein wunderschöner Knabe?« Selbstgefällig lächelte sie auf den Jungen hinab, der mit den Rosenblütenblättern auf dem Pfad spielte.
    »Das ist er tatsächlich«, erwiderte Everdila. »Ganz die Mutter!«
    Igraine musste zugeben, dass der Knabe hübsch war, obwohl die meisten Kinder, ganz gleich wie hässlich sie als Säuglinge und wie schlaksig sie als Halbwüchsige sein mochten, in seinem Alter mollig und rosig wirkten. War Artor mit zwei Jahren auch so entzückend pummelig gewesen, so ernsthaft mit den wunderlichen Dingen dieser Welt beschäftigt? Bedauern ob der verlorenen Jahre schmerzte wie eine alte Wunde in ihrer Brust. Das Haar dieses Knaben leuchtete im Sonnenschein wie polierte Bronze – genauso wie einst Morgauses Haar –, aber wenn er aufschaute, ertappte Igraine sich dabei, dass sein abwägender Blick sie beunruhigte. Dann griff er nach einem weiteren Rosenblütenblatt und lachte, und der sonderbare Moment war vorüber.
    Igraine räusperte sich. »Und wie geht es Leudonus?« Eine Weilte starrte Morgause sie nur an. Dein Gemahl, dach te Igraine. Gewiss erinnerst du dich an ihn, auch wenn er nicht der Vater dieses Kindes ist.
    »Er ist in Isca«, antwortete Morgause ein wenig trotzig. »Er hat Gwyhir mitgenommen, um ihn bei Gwalchmai im Haushalt Artors einzuführen. Aber bestimmt weißt du das schon – schreibt ihr euch nicht regelmäßig? Ich dachte, er würde dich jedes Mal um Rat fragen, wenn er heult – «
    »Morgause!«, schalt Everdila sie sanft. »Es gibt keinen Grund, ungehobelt zu werden.«
    Sie hatte nicht den Inhalt der Bemerkung beanstandet, sondern lediglich die Ausdrucksweise. Aber zumindest wusste Igraine nun, dass die Eifersucht, die Morgause als Mädchen gegenüber ihrem Bruder empfunden hatte, immer noch da war.
    »Und hat Leudonus vorgeschlagen, dass du seine Abwesenheit hier verbringst?«, erkundigte sich Igraine, wo bei sie versuchte, sich nicht sarkastisch anzuhören. »Es ist lange her – «
    Morgause runzelte die Stirn. »Ich habe festgestellt, dass ich den See und all jene vermisse, die ich hier liebe«, erwiderte ihre Tochter nach einer Weile. »Schließlich bin ich hier aufgewachsen.«
    »Das ist wohl war!« Glücklich lächelnd tätschelte Everdila ihre Hand.
    Mir wird gleich übel, dachte Igraine, dennoch rang auch sie sich ein Lächeln ab. Ob es ihr gefiel oder nicht, Morgause entstammte dem alten Blut. Die Insel der Maiden war ihr Erbe.
    »Heute Nacht ist der Mond voll, und wir wollen ihn ehren. Es wird gut tun, dich wieder im Kreis zu sehen.«
    »Doch hoffentlich nicht das Ritual auf dem Hügel«, entgegnete Morgause.
    »Aber sicher. Die Nacht wird sternklar sein«, gab ihre Mutter zurück.
    Morgause verzog das Gesicht. »Ich hatte gehofft, den Kessel wiederzusehen. Das Schwert trägt Artor, aber das auf dieser Insel verbliebene Heiligtum ist ihm an Macht ebenbürtig. Mich überrascht, dass ihr es nicht öfter verwendet!«
    Igraine zog fragend ihre Augenbrauen hoch. War Morgause deshalb gekommen? »Würdest du etwa eine Streitaxt verwenden, um Holz zu hacken? Weder Schwert noch Kessel dürfen verwendet werden, wenn es nicht unbedingt nötig ist.«
    »Stimmt, aber wer nie mit einer Waffe übt, weiß nicht, wie er sie einzusetzen hat, wenn es nötig ist. Das Schwert trägt dein Sohn, der Kessel aber ist mein Erbe. Wäre es nicht an der Zeit, dass ich seine Geheimnisse erfahre?«
    Dem Gesichtsausdruck ihrer Tochter nach fürchtete Igraine, dass es ihr nicht gelungen war, ihre unwillkürlich aufflammende Vorsicht zu verbergen.
    »Erst wenn du keine Mutter und herrschende Königin mehr bist.« Mühevoll verlieh sie ihrer Stimme einen ruhigen Klang. Sie fragte sich, weshalb es ihr so widerstrebte, ihre Tochter auch nur in die Nähe des Kessels zu lassen, denn – um ehrlich zu sein – Morgauses Worte entsprachen durchaus der Wahrheit. »Ich selbst habe seine Geheimnisse nicht einmal ansatzweise begriffen, bevor ich mit all dem fertig war und mich an den See zurückgezogen hatte, um mich ihnen mit ganzem Herzen zu widmen.«
    »Zweifellos hast du Recht«, meinte Morgause mit einem abweisenden Achselzucken. »Und ich bin sicher, das Ritual in luftiger Höhe wird wundervoll. Es ist schon eine Weile her, seit ich zuletzt geklettert bin, aber wenn du es in deinem Alter

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