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Britannien-Zyklus 03 - Die Herrin von Camelot

Titel: Britannien-Zyklus 03 - Die Herrin von Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
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strahlende Rund in den Himmel heben. Indes stieg der Mond rasch immer höher, bis die Frauen mit ausgestreckten Armen andächtig dastanden und die Göttin mit einem wortlosen Laut reinen Klanges anriefen.
    Nach und nach verstummte das menschliche Lied, bis nur noch das fröhliche Zirpen von Grillen zu hören war. Einige der Priesterinnen verharrten mit erhobenen Armen, um still zu beten, während andere zu Boden sanken, sich mit untergeschlagenen Beinen hinhockten, die geöffneten Hände auf den Knien ruhend. Igraine rührte sich nicht, sondern starrte in den grellen Schein des Mondes, bis die Helligkeit ihre Sicht überwältigte.
    Herrin, erhöre mich und hilf mir!, rief ihr Herz. Hier steht die Frucht meines Leibes – wieso fällt es mir so schwer, sie zu lieben? Sie ist meine Tochter, nicht meine Feindin! Sie hörte ihren rasselnden Atem und würgte den inneren Wortschwall ab, als sie daran dachte, wie oft sie die jungen Priesterinnen hatte wissen lassen, dass es nicht gut sei, den Göttern Fragen zu stellen, wenn man die Antworten nicht hören wollte.
    Neben sich hörte sie Morgause atmen. Nach einer Weile bemerkte sie, dass sie in denselben Rhythmus verfallen waren. Igraine schämte sich dafür, dass der Umstand sie so überraschte.
    Ist das Deine Antwort? Sogleich verdrängte sie den Gedanken, konzentrierte sich stattdessen auf ihren Atem und wartete.
    Mittlerweile hatte der Mond den Himmel halb erklommen; seine Farbe wandelte sich von einem warmen, perlmuttfarbenen Schimmer zu einem unverfälscht silbrigen Licht. Ihre lauschenden Ohren hörten, wie Morgauses gleichmäßiger Atem stockend aussetzte, als versuchte sie, Tränen zurückzuhalten.
    Was hat sie denn für einen Grund zum Weinen?, war Igraines rasch unterdrückter Gedanke. Wenn diese Frau, deren Überheblichkeit Igraine an jenem Nachmittag so verärgert hatte, jetzt weinte, dann musste ihr Kummer umso größer sein, da sie ihn verbarg. Gewiss hatte so mancher dasselbe von Igraine gedacht, in jenen Tagen, als sie insgeheim um ihren verlorenen Sohn trauerte, während alle Welt ihr als Uthers Gemahlin zujubelte.
    Ach Kind, es hat eine Zeit gegeben, da hättest du mir deine Sorgen mitgeteilt und in meinen Armen geweint. Wie konnten wir uns nur so fremd werden? In der Absicht, Trost an zubieten, drehte sie sich zu ihrer Tochter um. Als ihre Augen jenen Morgauses begegneten, versteinerte sich der Blick der jüngeren Frau, und sie wandte sich ab, jedoch erst, nachdem Igraine die glitzernden Spuren von Tränen auf ihren Wangen erspäht hatte.
    Igraine starrte auf ihren Rücken und spürte, wie sich in den eigenen Augen Tränen sammelten. Gütige Herrin, hilf ihr! Hilf uns allen!, ertönte der stumme Ruf ihres Herzens.
    Im nächsten Augenblick fuhr ein Windhauch durch das Gras und berührte sanft ihr Haar. Als er ihre Wangen trocknete, vermeinte sie, in der Brise ein Flüstern zu hören: »Ich bin bei dir, selbst in deinem tiefsten Schmerz…«
     
    Während der Erntemond abnahm, präsentierte der Norden sich friedlich. Das Korn reifte, und auf beiden Seiten der Bodotria-Mündung schufteten die Menschen, um die goldenen Ähren zu ernten. Morgause stützte sich am Rand des Bootes ab, das sie über das Wasser beförderte, drehte das Gesicht in die Meeresbrise und atmete Freiheit.
    Leudonus befand sich immer noch im Süden bei Artor. Als Morgause ihre Absicht kundtat, Fürstin Tulach in Fodreu zu besuchen, befand sich also niemand in Dun Eidyn, der die Autorität besessen hätte, es ihr zu untersagen. Medrod hatte geschrien, als sie seine kleinen Händchen von ihrem Kittel löste und ihn seiner Amme reichte, doch selbst seine Schreie waren machtlos gegen den Drang, der seit ihrem Besuch am See gleich einem Trommelschlag in ihrem Gehirn pochte Meine Mutter liebt Artor immer noch mehr als mich! Sie wird ihre Geheimnisse nie mit mir teilen. Ich muss mich mit eigener Magie bewaffnen!
    Die Landschaft am piktischen Ufer der Flussmündung unterschied sich kaum von der Gegend um Dun Eidyn. Warum, fragte sie sich, schien auf der anderen Seite die Luft frischer zu sein und die Farbe üppiger? Es war nicht allein der Ortswechsel, der sie erregte, dachte Morgause, denn auch das Seenland rings um die Insel der Maiden war ein völlig anderes Land, doch hatte sie sich dort nur noch eingeengter gefühlt. Vielleicht war der Grund dafür, dass sie mit den Pikten keinerlei Bande der Liebe oder Pflicht einschränkten, lediglich gegenseitige Versprechen, denen sie auf ihrer Suche

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