Britannien-Zyklus 03 - Die Herrin von Camelot
nach Macht zustimmen würde.
Tulach erwartete sie am Ufer, begleitet von einem halben Dutzend Stammesmänner in zerknitterten Plaids und zwei greisen Frauen in staubig schwarzen Roben. Zudem hatten sie genug Ponys für die Votadini dabei.
»Bringt Ihr mich nach Fodreu?«, erkundigte sich Morgause, als sie auf die zottige, kleine Stute kletterte, die man für sie mitgebracht hatte. Ihre eigene Begleitgarde beäugte die piktischen Krieger verlegen, aber mit oder ohne Zustimmung ihrer Verwandtschaft hatte es genug grenzüberschreitende Ehen gegeben, sodass die Hälfte von ihnen Beziehungen zur anderen Seite hatte. Als sie aufbrachen, verflüchtigte sich ihr Argwohn allmählich in Gesprächen über Stammbaumvergleiche.
Tulach schüttelte den Kopf. »Der Ort für das Ritual, das ich im Sinn habe, liegt weiter oben an der Küste. Wir sollten ihn vor Einbruch der Dunkelheit erreichen.«
»Was ist das für ein Ort?«
»Ein Ort der uralten Völker, die vor den Römern oder Briten hier waren. Die Pikten entstammen teilweise jenem Blut. Auch ihr im Süden habt solche Kreise, aber ihr habt vergessen, wie man ihre Magie verwendet. Die alten Mächte sind immer noch da, wenn man weiß, wie man sie heraufbeschwört. Ihr werdet schon sehen.«
Merlin weiß, wie man sie heraufbeschwört, dachte Morgause eingedenk der Geschichten, die sie gehört hatte. Wollte sie diese Magie, die so alt war, dass sie ihresgleichen fremdartig erschien, tatsächlich beherrschen? Aber sie war zu weit gekommen, um noch umzukehren. Ihrer Mutter würde im Traum nicht einfallen, Merlin herauszufordern. Ihre Mutter, besann sie sich verbittert, begnügte sich damit, dem traditionellen Pfad einer Frau zu folgen, indem sie unterstützte, ermutigte, in den Schatten lauerte. Las Artor die Ratschläge überhaupt, die sie ihm sandte?
Tief sog sie die feuchte Meeresluft ein. Ihre älteren Knaben drängten bereits in Leudonus’ Welt, aber Medrod gehörte immer noch ihr allein. Ich werde ihm keine Ratschlage, sondern Befehle erteilen, sobald ich an der Macht bin, dachte sie unwirsch. Die Fürsten Britanniens träumen davon, die alten Tage, vor der Unterwerfung unter das Joch Roms, zurückzubringen. Ich werde eine noch ältere Zeit zurückbringen, die Zeit der Königinnen!
Die rauhfelligen Ponys kamen auf dem unebenen Boden überraschend gut voran. Gegen Nachmittag waren sie ein beträchtliches Stück gen Norden und Osten entlang der Küste gereist. Sie kamen an einem Fischerdorf vorbei, dessen kleine Ruderboote umgedreht gleich Pilzen an dem steinigen Strand prangten und hielten an, um einen auf der Herdplatte gebackenen Gerstenkuchen zu verzehren, den sie mit Heidebier hinunterspülten. Nachdem sie wieder aufgestiegen waren, schlugen sie einen neuen Pfad ein, der sich durch die steilen Klippen zu einem Waldstreifen unterhalb des Hochmoors emporwand. Mittlerweile trug einer der Krieger einen Beutel, in dem etwas zuckte und zappelte, während sie den Pfad erklommen.
Bei Einbruch der Dunkelheit durchquerten sie ein Gewirr aus Eschen und Erlen, wo ein kleiner Bach in Richtung der See strömte. Dahinter war ein Bereich, der etwa der Größe von Leudonus’ Halle entsprach, grob geräumt worden. Im letzten Tageslicht sah Morgause, dass den Platz ein Steinkreis begrenzte, dessen größte Steine kaum hüfthoch aufragten. Sie waren zu sehr von Unterholz überwuchert, um sie zu zählen, aber das Gras um die drei in der Mitte, von denen einer stand, die anderen umgestürzt lagen, war geschnitten worden, sodass sie sich vom Rest abhoben.
Als die Priesterinnen abstiegen, banden einige der Krieger Fackeln an die in den Boden gerammten Pfähle, und der Beutel wurde neben einen Baum gelegt. Dann salutierten die Männer vor Tulach und führten die Ponys zurück den Hügel hinunter.
»Sie sind viel zu schlau, um in der Nähe zu bleiben, wenn Frauen Zauber wirken!«, lachte die piktische Frau. Sie holte aus ihrem Bündel zwei schwarze Umhänge hervor, von denen sie einen Morgause reichte. »Zieht Eure Sachen aus und legt das an. Dann wartet hier, bis wir Euch rufen.«
Gewiss, der Wind blies zunehmend kälter, aber Morgause nahm an, es war die Berührung des Gewands, das sie zittern ließ. Die eigene Erscheinung zu verändern kam einer Veränderung der Seele gleich; als die schwarze Wolle die Gewänder der Königin der Votadini ersetzte, wurde sie jemand anders, jemand, den sie nicht kannte.
Die anderen Frauen hatten bereits die Fackeln angezündet und einen Bronzekessel
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