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Britannien-Zyklus 03 - Die Herrin von Camelot

Titel: Britannien-Zyklus 03 - Die Herrin von Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
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des dreifachen Pfades, Herrin vom silbernen Rund…« Eine Weile summte sie vor sich hin, während sie versuchte, sich an die nächsten Zeilen zu erinnern, bis ihr die Worte zuflogen. »Du schenkst uns die Träume des Rates, Schicksale tust du uns kund.«
    Sie wiederholte den Reim, versank tiefer in den Sprechgesang, fand neue Verse, mit denen sie das Lied fortsetzte.
    Sie sang Worte der Macht, um ihre Herrschaft zu bekräftigen, doch nach und nach vermeinte sie, auch andere Stimmen die alten Worte singen zu hören, wenngleich sie nicht wusste, ob sie aus ihrer Erinnerung stammten oder ob die vertraute Melodie sie im Geiste irgendwie mit den Priesterinnen verbunden hatte, die auf der Heiligen Insel in diesem Augenblick ebenfalls den Mond anbeten würden.
    »Heiligkeit ist deine Bleibe, Hilfe und Heil gibt es dort.« Doch Morgause hatte kein Heil gewollt, sondern Macht.
    »Allzeit sich wandelnd du thronest, da in der Bewegung du ruhst.«
    Während sie die Worte sang, verließ sie die Kraft, und sie sank auf ihre ringsum verstreuten Kleider; ihr Atem verfiel in ein ersticktes Schluchzen. Es dauerte lange, bis sie zu einer inneren Stille zurückfand, die jener der Nacht um sie gleichkam.
    Und während all dieser Zeit, stieg der Mond höher in den Himmel. Morgause hockte da und beobachtete ihn, schlang sich den Mantel um die nackten Schultern, um sich gegen die nächtliche Kälte zu schützen. Allmählich wurde ihr bewusst, dass die Stille eine atmende Ruhe war, die sich aus dem Quaken von Fröschen, dem sanften Klatschen der Wellen auf den Sand und dem Flüstern des Windes im Gras zusammensetzte. Alsbald sah sie das erste Funkeln auf dem Wasser, und der Mond, der immer höher wanderte, begann einen Pfad des Lichts über die See zu ziehen.
    Welle für Welle verlängerte der Mondpfad sich. Langsam, wie in einem Traum, stand Morgause auf, löste die Schnappschlösser, welche die Truhe sicherten und öffnete den Deckel.
    Weiße Seide verhüllte den Kessel. Behutsam schob Morgause sie zurück und atmete tief ein, als sie das silbrige Schimmern darunter erblickte. Der Kessel funkelte, als wäre er frisch poliert. Die Priesterinnen auf der Insel der Maiden pflegten zu tuscheln, dass er niemals anlief, nie gereinigt werden musste.
    Eine Weile bannte sie die Ehrfurcht vor dem Heiligtum, dann ergriff sie den Kessel und trug ihn zum Wasserrand. Die Flut hatte vollständig eingesetzt, weshalb sie nicht weit zu gehen brauchte. Der Mond stand klar und hoch an einem indigoblauen Himmel, so hell, dass auch die See sich tiefblau präsentierte. Doch über den Fluss näherte sich ein tänzelndes, schillerndes Licht. Mit dem Kessel in den Händen watete Morgause ins Wasser, und als es ihr gegen die Hüften klatschte, senkte sie das Gefäß und füllte es.
    Hier, wo der Fluss sich in die Flut ergoss, war das Wasser sowohl süß als auch salzig. Es sind alle Wasser der Welt, dachte Morgause, als sie den Kessel zurück ans Ufer trug.
    Am Wasserrand stellte sie ihn ab und kniete sich dahinter. Eine letzte Welle kroch über den Sand und bespritzte sie, dann wandelte die Flut sich in Ebbe, doch der Mondpfad verlängerte sich unablässig, glitzernd über den feuchten Sand, bis das Licht zunächst den Rand des Kessels, danach das Wasser darin berührte, das sogleich zu leuchten begann.
    Dies war die Macht, die sie beim Ritual ihrer Mutter erspäht hatte, jedoch tausendfach verstärkt. Es war alles, was sie sich je erhofft, je ersehnt hatte. Mit klopfendem Herzen umfasste Morgause den Rand des Kessels und blickte hinein.
    Im ersten Augenblick sah sie nur den Mond, der sich auf der Wasseroberfläche widerspiegelte. Im nächsten zuckte Licht rings um sie auf.
    Sie wusste nicht, ob das Wasser emporgesprungen oder ob sie hineingefallen war. Schillernde Gestalten umschwirrten sie; Morgause blinzelte und erkannte die Göttinnen, deren Bildnisse in die Außenseite des Kessels geprägt waren. Die Herrin des Silberrades und die Herrin der Raben, die Blumenbraut und die Große Mutter, die Herrin des Heils und die Todesgreisin, sie alle schwebten an ihr vorüber. Aber nun nahm Morgause sie ohne jene Schleier wahr, die der menschliche Verstand ihnen auferlegte, um Augen zu schützen, die nicht bereit waren, solche Pracht zu schauen.
    Morgause trieb inmitten ihres Kreises und schauderte, als eine nach der anderen sich umwandte, um sie anzusehen. Sie versuchte, ihr Antlitz zu verbergen, doch sie besaß keine Hände, auch keine Füße, um wegzurennen, hätte es

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