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Britannien-Zyklus 04 - Die Herrin der Insel

Titel: Britannien-Zyklus 04 - Die Herrin der Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
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vielleicht würde Ceawlin auf einen anderen Knaben eher hören. Sie konnten einander den Rücken gegen die Rudel der britischen Kinder stärken, und Gwendivar würde sie ebenso mühelos für sich einnehmen wie jeden anderen auch.
    Kurz schloss Artor die Augen und sah vor den Lidern den Schimmer ihres bernsteinfarbenen Haars. Wenn er zu Hause war, quälte ihn das Wissen darum, wie sehr er sie enttäuscht hatte, bisweilen so schmerzlich, dass er sich wünschte, wieder fort zu sein. Wenn er hingegen von Gwendivar getrennt war, beherrschte sie seine Träume.
    »Damit wäre das also geklärt«, verkündete er forsch. »Goriat, ich gebe dir eine Begleitgarde, um den Knaben in den Süden zu bringen, außerdem Briefe an die Konigin.« Als er des rebellischen Blicks des jungen Mannes gewahr wurde, fügte er hinzu: »Fürchte nicht um meine Sicherheit – Gai ist misstrauisch für zwei. Und außerdem – hieß es nicht, die Pikten wollten dich einst mit einer ihrer Prinzessinnen verheiraten? Es widerstrebt mir, dich in ihre Nähe zu lassen!«
    Ob der Schamesröte, die Goriats Wangen überzog, begannen alle zu lachen, und Artor wusste, dass sein Neffe nicht mehr wagen würde, aufzubegehren.
    Nach zwei weiteren Tagesmärschen konnten sie im Osten, wo die Bodotria-Förde tief ins Land schnitt, einen flüchtigen Blick auf klares Wasser werfen. Hier trennten sich ihre Wege. Goriat und seine Männer reisten mit dem Knaben nach Dun Eidyn und weiter nach Süden, Artor und seine Gruppe gen Norden in Richtung der Quelle des Tava und der piktischen Clangebiete von Fodreu.
     
    »Goriat hatte Recht! Das gute Wetter war nicht von langer Dauer«, brummte Gai. »Verflucht sei dieser teuflische Nebel – wie sollen wir denn so den Pfad erkennen?«
    Artor wischte sich Regen aus den Augen und spähte voraus. Wie vorhergesagt, hatte das Wetter sich verschlechtert. Den ganzen Tag hindurch waren sie in Nieselregen gereist. Wären sie nicht bereits so weit gekommen, wäre Artor vielleicht versucht gewesen umzukehren, doch mittlerweile glaubte er sich nahe Fodreu zu befinden. Sofern sie den Ort überhaupt fanden, dachte er missmutig. Doch die Aussicht, sich zu verirren, war im Falle einer Umkehr ebenso wahrscheinlich wie wenn sie weiterzogen. Er konnte nur hoffen, dass die Pikten ihre Jagdgebiete aufmerksam im Auge behielten und sie hingeleiten würden.
    Der Pfad, dem sie folgten, wand sich zwischen sanften Hügeln entlang. Gelegentlich erspähte er über ihnen die Schemen höherer Gipfel, die kurz auftauchten und sogleich wieder verschwanden. Merlin könnte sie wieder herbeizaubern, dachte er wehmütig. Ich wünschte, Merlin wäre hier.
    Das schwarze Ross stolperte auf dem felsigen Boden; instinktiv zog er die Zügel straff und beruhigte das Tier mit Händen und Knien. Corvus nahm sich wieder zusammen und bewegte sich vorsichtig weiter. Artor verlagerte das Gewicht im Sattel, dessen harte Sitzfläche allmählich durch die feuchte Lederhose zu reiben begann, die seine Oberschenkel bedeckte. Der erlesene Stahl seines stets geölten und polierten Schwertes würde keinen Schaden nehmen, doch er hatte den Eindruck, das weniger wertvolle Metall seines Kettenhemds, das irgendeiner barbarischen Hilfsstreitmacht entstammte, begann bereits zu rosten.
    Nach einigen weiteren Schritten nahm der Rappe abermals mit erhobenem Kopf und sich blähenden Nüstern Witterung auf.
    »Alles in Ordnung, alter Knabe.« Der König beugte sich vor, um den feuchten Hals zu tätscheln, dann verharrte er, als die gedrungenen Formen von Büschen und Felsblöcken auf dem Hang vor ihnen sich zu bewegen begannen. Die verschwommenen Gestalten von Männern auf struppigen Ponys schienen aus dem Hügel hervorzutreten.
    Jemand schrie eine Warnung, und Gai trat sein Pferd vorwärts, um den König zu decken. Gleichzeitig riss er, leise fluchend, das Schwert aus der Scheide.
    Artor richtete sich auf und griff nach dem Heft der eigenen Klinge. Dann hielt er inne. Warum brüllten die Neuankömmlinge nicht? Und warum hatte kein Pfeilhagel eingesetzt, um die Briten zu fällen?
    Hinter ihm mühten seine Männer sich fieberhaft damit ab, die Bögen zu spannen. Artor hob eine Hand. »Wartet!«
    Vor Spannung bebend, beobachteten die Briten, wie die piktischen Reiter aus dem Nebel auftauchten. Sie waren von Kopf bis Fuß in schwere Wollstoffe gehüllt, gestreifte und karierte Tuche, mit Naturfarben getönt, dampfend vor Feuchtigkeit. Als sie sich näherten, bemerkte Artor, dass sie wie Schafe

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