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Britannien-Zyklus 04 - Die Herrin der Insel

Titel: Britannien-Zyklus 04 - Die Herrin der Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
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Vertiefung prangte, die einem Fußabdruck ähnelte. Artor wusste, dass im Norden jeder Stamm seinen Nabelstein hatte, der den Mittelpunkt jedweder Versammlung darstellte. Auch in Britannien gab es geheiligte Steine, doch wo die Römer herrschten, war ihre Verwendung vergessen worden.
    »Nicht mehr«, flüsterte er.
    »Ich komme hierher, wenn ich wie ein König denken muss.« Drest bedeutete ihm, sich neben ihn auf den umgestürzten Baumstamm zu setzen, der am Rand der Lichtung lag. »Warum wollt Ihr die Meerenge überqueren?«
    Die plötzliche Frage traf Artor völlig überraschend.
    Sinnlos sich zu erkundigen, woher der alte Wolf es wusste; zweifellos hatte er einen Spitzel in Artors Haushalt, wie es ja auch im Piktenland Leute gab, die dem britischen König Neuigkeiten zutrugen.
    »Um gegen die Franken zu kämpfen«, antwortete er nach einer Weile.
    »Weshalb? Sie greifen Eure Küsten doch nicht an.«
    »Noch nicht. Aber sie sind hungrig. Eines Tages werden sie so wie die Römer das Meer überqueren. Es ist besser, sie jetzt aufzuhalten, als zu warten, bis sie sich in unseren Jagdgründen herumtreiben – oder in Euren.«
    Drest wirkte nachdenklich. »Also dient dieser Krieg, in den Ihr zieht, auch unserer Verteidigung?«
    »Zumindest glaube ich das.« Artor stellte fest, dass er wie die Römer dachte, die ihre Grenzen schützten, indem sie eroberten, was sich dahinter befand. Doch die Römer hatten nicht gewusst, wann es genug war. Er würde klüger und weiser sein.
    Der Piktenkönig knurrte. »Dann werde ich Euch den Rücken frei halten.«
    Artor richtete sich auf. Seine Haut glühte, als eine ungeahnte Spannung von ihm abfiel.
    »Blut besiegelt ein Bündnis besser als heiße Luft«, meinte Drest schließlich. »Wirklich schade, dass Ihr kein Kind habt.«
    Ich habe einen Sohn… Unvermittelt tauchte Medrods Antlitz vor Artors geistigem Auge auf, doch er schwieg.
    »Einer der Söhne Eurer Schwester wird Euer Erbe werden, wie es sich geziemt, aber sie hat mehrere. Es wäre gut, wenn einer von ihnen hergeschickt würde, um eine unserer königlichen Frauen zu heiraten.« Er bedachte Artor mit einem verstohlenen Blick. »Eines Tages könnte Euer Blut doch noch über die Pretani herrschen…«
    Artor fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen. »Sie sind erwachsene Männer. Ich kann nicht für sie entscheiden. Aber ich will sie fragen.«
    »Oder einer Eurer Gefährten, obwohl mein Volk das als weniger bindend betrachten würde. Dennoch würde es jeden in Eurer Kriegsbande ausgebildeten Mann hoch schätzen.«
    Artors Lippen zuckten ob der Schmeichelei. »Ich werde fragen.«
     
    Die Briten waren darauf bedacht, ihre Abreise hinauszuzögern, bis die Sonne zurückkehrte, doch Artor begriff bald, dass dem Wetter so hoch im Norden nie zu trauen war. Als sie die Förde erreichten, blies ein frostiger Wind vom Meer herein und trieb dunkle Wolken vor sich her, denen Regenschwaden folgten. Er hoffte nur, dass die Pikten vertrauenswürdiger waren als der Himmel.
    Jenseits der Förde sah er die Umrisse des Felsens von Dun Eidyn, der sich gegen die Wolken abzeichnete. Das Wasser präsentierte sich voller Schaumkronen. Gewiss würde niemand wagen, dieses Meer zu befahren, ehe der Wind nachgelassen hatte.
    Der König zügelte das schwarze Ross am Rand des Strandes und blickte mit einer Sehnsucht über die rollenden Wogen, die ihn überraschte. Er wollte zurück in sein eigenes Land!
    Gai sagte etwas von einem Wald, in dessen Schutz sie den Sturm abwarten konnten, aber Artor schüttelte den Kopf.
    »Ich habe Boote ohnehin nie gemocht«, entgegnete er ungehalten. »Wir reiten drum herum nach Osten.«
    Gai schüttelte trübsinnig den Kopf, dennoch wandte er sich ab und begann, die notwendigen Befehle zu erteilen. Kurz plagten den König Gewissensbisse – er wusste, dass seinem Stiefbruder das am Mons Badonicus verletzte Knie bei feuchtem Wetter Schmerzen bereitete, doch zweifellos würde es unterwegs nicht mehr schmerzen, als wenn sie in einem nassen Wald herumhockten.
    Eine Zeit lang schien Artors Entscheidung sich sogar als eine gute zu erweisen. In einiger Entfernung vom Meer ließ die Stärke des Windes nach, und als die Nacht näher rückte, schwächte sich der Regen in feinen Niesel ab. Im Lager war es zwar nass, doch die Umhänge aus dicht gewobener, natürlicher Wolle, die König Drest ihnen als Reitmäntel mitgegeben hatte, hielten auch in feuchtem Zustand warm.
    Am nächsten Morgen empfanden sie die Luft als wärmer,

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