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Britannien-Zyklus 04 - Die Herrin der Insel

Titel: Britannien-Zyklus 04 - Die Herrin der Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
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spürte, wie er rot wurde.
    »Wurdest du die Treppe hinuntergestoßen?« Er hielt dem eindringlichen Blick des Jungen stand und erspähte ein kurzes, sogleich unterdrücktes Aufflackern von Gefühlen.
    Artor war König, seit er so alt wie dieser Knabe gewesen war, und er glaubte zu wissen, wie man Menschen einschätzte, doch Medrods Wesen bot keinerlei Ansatzpunkte, um eine Beziehung aufzubauen.
    Stimmt das tatsächlich, fragte er sich plötzlich, oder liegt es daran, dass du dich davor fürchtest, es zu versuchen? Seit fast einem Jahr war der Junge nun bei ihm, aber wie viel Zeit hatten sie wirklich miteinander verbracht?
    Nach einer Weile schlug Medrod die Augen nieder.
    »Es war dunkel und hat geregnet… Ich dachte, da wäre jemand, aber ich konnte nicht richtig sehen. Doch eins kann ich Euch verraten: Der Pfeil, der mich im Süden verwundet hat, kam von hinten.«
    »Das hast du mir nie gesagt!« Mit gerunzelter Stirn trat Artor einen Schritt vor, aber Medrods Augen waren so durchsichtig wie das Meer.
    »Ich hatte keinen Beweis, Herr, ebenso wenig habe ich jetzt einen…«
    Die Hände zu Fäusten geballt, stand Artor über ihm. Was verbirgst du?, dachte er, und dann: Was verberge ich? Als sein Zorn verebbte, verspürte er unsägliche Müdigkeit.
    »Ich werde dich zu den Sachsen schicken. Hier kann ich keine Gewähr für deine Sicherheit geben, aber Cynric wird über dich wachen wie eine Wölfin über ihr letztes Junges.«
    Er wird dich vor seinem Volk beschützen und vor meinem, setzten seine Gedanken sich fort, und vielleicht auch vor mir…
    »Wenn das Euer Wunsch ist, werde ich gehorchen«, erwiderte Medrod und wandte den Blick ab.
    Artor musterte ihn kurz; er hatte in der Stimme des Knaben etwas vernommen, das sich beinahe wie Zufriedenheit anhörte, und er fragte sich weshalb.

III
    Am Ort der Steine
    A.D. 503
     
    Im Hochsommer durch die Gefilde von Alba zu reisen, ohne jemanden zu verfolgen oder selbst verfolgt zu werden, war ein richtiges Vergnügen. Die römischen Festungen, die einst zur Verteidigung des antoninischen Walls gedient hatten, waren mittlerweile nicht mehr als aufgeworfene Erdwälle, aber die Straße, die sie miteinander verband, war immer noch passierbar. Im Norden erhoben sich in der Ferne blau schimmernd die Ausläufer der Hochländer, die näher gelegenen Hänge waren wie ein Kaiser in Purpur gehüllt. Alba präsentierte sich durch und durch violett und golden unter einem blassen Himmel, und die Luft hatte den gleichen süßen Geruch wie das torfbraune Wasser, das von den Hügeln herabfloss.
    Artor holte tief Luft und richtete sich höher auf, und Sorgen, die ihm gar nicht bewusst gewesen waren, fielen von ihm ab. Sogar das Wetter blieb heiter, als wollte es ihn willkommen heißen.
    »Das ist nicht von Dauer«, sagte Goriat. »Ein, vielleicht zwei Wochen, dann erleben wir so dichten Nebel und Regen, dass man meinen könnte, es wäre Winter in den südlichen Gefilden.«
    »Umso mehr Grund, es jetzt zu genießen!« Artor grinste ihn an, und Corvus, der die Stimmung seines Reiters spürte, tänzelte und zog an den Zügeln. »Bis das Wetter umschlägt, werden wir wohlbehalten in Fodreu eingetroffen sein.«
    Gai, der an seiner anderen Seite ritt, gab einen Laut von sich, der halb nach einem Grunzen, halb nach einem Knurren klang. »Sofern wir ihnen vertrauen können – ich behaupte weiterhin, du bist ein Narr, dich ihrer Macht auszuliefern!«
    Goriat riss ob der Wortwahl die Augen auf, Artor hingegen lächelte nur. Mitunter vergaß Gai, dass der König nicht mehr der kleine Pflegebruder war, der ihm überallhin gefolgt war, als sie noch jung waren. Doch das Blut, das Gai seither in seinen Diensten vergossen hatte, berechtigte ihn zu einigen ungeschliffenen Worten, dachte Artor. Der Altersunterschied zwischen beiden betrug nur vier Jahre, doch wirkte Gai um zehn Jahre älter als der König. Sein dunkles Haar war von grauen Strähnen durchzogen, das Gesicht ledrig und zerfurcht.
    »Vielleicht«, antwortete Artor milde. »Aber wenn wir ihnen wirklich nicht vertrauen können, halte ich es für besser, das jetzt herauszufinden, damit sie nicht die Grenze überschreiten, während ich in Gallien bin!«
    »Naja!«, gab Gai zurück. »Vielleicht genießt du aber auch nur das Wagnis. Ich erinnere mich noch an unsere Kindertage…«
    Goriat trat seinem Ross in die Rippen und zog mit den beiden gleich, seine Augenbrauen fragend hochgezogen.
    »Wann immer es zu friedlich wurde, fiel Artor irgendein

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