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Britannien-Zyklus 04 - Die Herrin der Insel

Titel: Britannien-Zyklus 04 - Die Herrin der Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
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Armen einschlief.
    Auch in der nächsten Nacht zogen sie weiter, wenngleich die wunden Füße und schmerzenden Muskeln der Königin sie weder schnell noch weit vorankommen ließen. Sofern Medrod Pikten auf die Suche nach ihr geschickt hatte, nahm sie keine Anzeichen davon wahr; außerdem vertraute sie auf Merlins Kenntnis der Wälder. Am dritten Tage brachte er ihnen Pferde – kräftige Heideponys, die unwirtliche Gebiete zu durchqueren vermochten, ohne Schaden zu nehmen, und die noch weiterlaufen konnten, wenn die Ausdauer eines Kriegspferdes längst erschöpft war.
    Sie zogen südostwärts durch die Hügel, wobei Merlin gleich einem Schatten abwechselnd vor und neben ihnen einherschritt. Mittlerweile waren sein Haar und sein Bart vollkommen weiß, dennoch trieb er sie voran. Jeden Morgen lagen eine Hand voll Frühlingskräuter und ein kleines Tier bereit – ein Hase, ein Waldhuhn oder ein Igel –, das sie über ihrem kleinen Feuer braten konnten. Während Gwendivar am ganzen Körper wund und erschöpft war, blühte Ninive förmlich auf, krempelte ihre Röcke hoch und öffnete das Haar, bis sie keine königliche Dame mehr war, sondern ein junges Geschöpf des Waldes, das mühelos mit Merlin Schritt hielt.
    Am fünften Tage ihrer Reise wurden sie langsamer und begannen, auch tagsüber zu reisen. Mittlerweile hatten sie die Grenze zu den Ländern der Votadini überschritten, wohin ihnen die Pikten nicht mehr folgen würden. In jener Nacht erkundigte Merlin sich, wohin Gwendivar wollte.
    »Artor ist unterwegs nach Norden, wenngleich er nur langsam vorankommt, weil er versucht, die Zerstörung zu lindern, die Medrod angerichtet hat. Es gibt kaum eine Familie, die dieser Aufstand nicht getrennt hat – tausende Funken, die er austreten muss, ehe er das wahre Feuer bekämpfen kann.«
    »Ich kann ihm nicht unter die Augen treten!« Gwendivar wich zurück, versuchte, in den dunklen Augen unter Merlins buschigen Brauen zu lesen. Mittlerweile wanderte er in der Fellkluft eines Wilden Mannes; der mit Runen beschnitzte Speer war die einzige Spur von Zivilisation an ihm. Gwendivar hatte den Eindruck, er stützte sich von Zeit zu Zeit schwerer als gewöhnlich auf den Stock, zudem war ihr, als hätte die Geschwindigkeit, die er während der vergangenen Tage vorgelegt hatte, nachgelassen, doch sie wagte nicht, ihn zu fragen, wie es ihm wohl gehe.
    »Könnte ich wählen, würde ich in den Süden, in meine Heimat zurückkehren. Vielleicht könnte ich bei den heiligen Frauen auf der Insel Avalon Zuflucht suchen.«
    »Begreift Ihr denn nicht?« Er schüttelte den Kopf. »Ihr könnt immer wählen – Ihr seid die Königin.«
    Gwendivar starrte ihn an; heiße Tränen rannen ihr über die Wangen, und ihre Kehle schmerzte so sehr, dass sie kein Wort hervorbrachte.
    »Aber noch ist die Zeit der Entscheidung nicht gekommen«, fuhr er fort, als hätte er es nicht bemerkt. »Wir ziehen weiter gen Süden zum Wall, und vielleicht überlegt Ihr es Euch unterwegs noch anders.«
     
    Gegen Beltene wurden die Tage länger, und das Land begann aufzublühen. Mittlerweile tauchten an sonnigen Flecken cremefarbene Primeln auf, und unter den kräftig ausschlagenden Bäumen sprossen die ersten Glockenblumen. Die Moore waren mit weißem Heidekraut und knospenden Blaubeeren gesprenkelt. Genau so, dachte Gwendivar, hatte das Land sich gezeigt, als sie zu ihrer Hochzeit geritten war, und sie fragte sich, ob ihre Tränen jemals versiegen würden.
    Ihr Weg führte sie entlang des Ufers des Bodotria nach Osten, danach wandten sie sich Richtung Süden und folgten der alten Römerstraße. Die Reise wurde unbeschwerlicher, und Gwendivar vergaß, die Tage zu zählen.
    Und dann, eines Abends, als die Sonne gerade hinter den Hügeln versank, hörte sie das leise Schlagen von Trommeln. Sie versetzte das Pony in einen Trab und schloss zu Merlin auf.
    »Was ist das? Herrscht hier Krieg?«
    Mit einem eigenartigen Lächeln auf den Lippen schüttelte er den Kopf. »Es ist der Vorabend des Beltene…«
    »Kennt Ihr ein geschütztes Fleckchen, wo wir während der dunklen Stunden sicher sind?«
    »Mein Kind, weshalb fürchtest du dich so? Hast du alles vergessen, was du je gekannt hast?« Er pflückte eine frühe Schlehdornblüte vom Strauch und legte sie ihr in die Hand. »Hab keine Angst. Dort, wohin ich dich führe, werden wir willkommen sein.«
    Sie ritten weiter in die lange Frühlingsdämmerung. Jenseits des Tales sah sie die Umrisse dreier Gipfel vor dem Himmel. Aus

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