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Britannien-Zyklus 04 - Die Herrin der Insel

Titel: Britannien-Zyklus 04 - Die Herrin der Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
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marschierten die Überreste von Medrods Armee gen Norden. Von jener Zeit an drang zu den Briten im Süden die Kunde über den Krieg nur in Form von bruchstückhaften Gerüchten, die sich wie ein Mosaik zu einem Trugbild der Wahrheit zusammenfügten.
    Für Artor hingegen, der das Schlachtfeld mit einer Fackel in der Hand absuchte, war es nur allzu wirklich. Obwohl die meisten der Gefallenen aus den Reihen seiner Feinde stammten, waren auch die Verluste unter jenen Männern schwer, die er aus Gallien mit zurückgebracht hatte. Er streifte zwischen den aufgetürmten Leichnamen umher, erkannte hier einen Mann, der ihm in Gallien das Leben gerettet hatte, da einen Burschen, der stets in der Lage gewesen war, seine Kameraden zum Lachen zu bringen.
    Und gegen Mitternacht, als das Fleisch auf den Knochen schont kalt wurde, fand er Gwalchmai.
    Zunächst blickte der König zu einem unförmigen Ring aufgehäufter Leichen, als hätte ein garstiger Kobold versucht, mit den Leibern der Gefallenen eine Hügelfeste zu errichten. Schon früher hatte er solche Bollwerke gesehen, wo ein tapferer Soldat die Stellung gehalten hatte, nie jedoch ein solch hohes. Er starrte immer noch darauf, als Goriat zu ihm kam.
    »Hast du deinen Bruder gefunden?«, fragte Artor; Goriat schüttelte den Kopf. »Nun, vielleicht sollten wir dort nach ihm suchen«, sagte Artor und deutete auf den Haufen der Erschlagenen.
    Wortlos reichte Goriat dem König seine Fackel und begann die Leichen beiseite zu schleifen. Sie waren in mehreren Lagen gefallen – Icels Angeln über Männern aus Dumnonia, darunter Krieger aus Cynrics Bande, allesamt von den Hieben der Schwerter hingerafft. Nachdem Goriat einen schmalen Pfad gelichtet hatte, folgte Artor ihm in die Mitte. Da lag Gwalchmai im eigenen Blut, das mächtige Schwert immer noch fest umklammert. Kein einzelner Krieger war in der Lage gewesen, ihn zu töten – es war der Blutverlust aus zu vielen Wunden gewesen, der ihn letztlich überwältigt hatte.
    »Früher habe ich immer davon geträumt, ihn zu übertreffen«, sagte Goriat. »Aber kein Krieger wird Annwyn je mit einer so edlen Begleitung betreten wie diese Männer.«
    Artor nickte zustimmend, dann erstarrte er, als Gwalchmai sich regte. Im nächsten Augenblick kniete er neben ihm, tastete unter dem von Blut steifen Bart nach dem Puls.
    »Gwalchmai, mein Freund, hörst du mich?« Er bettete den Kopf auf seinen Schoß, streichelte die Stirn. »Goriat, hol einen Karren, bring Decken und Wasser, lauf!«
    Gwalchmais Fleisch fühlte sich kalt an, doch seine Brust hob und senkte sich nach wie vor.
    »Artor…«
    Er vermochte das Flüstern kaum zu hören. »Still, mein Freund, ich bin ja da.«
    »Meine Schuld… es war eine Natter… ich sah sie… als mein Schwert fiel… Ich habe dafür bezahlt.«
    »Gwalchmai, du musst leben«, rief Artor verzweifelt. »Ich liebe dich und Bediver mehr als alles andere auf der Welt. Wie soll ich ohne dich leben?«
    Vielleicht war es eine Tücke des Fackellichts, aber er vermeinte auf Gwalchmais Lippen ein Lächeln zu sehen. »Der König… wird niemals sterben…«
    Als Goriat und die anderen eintrafen, saß Artor immer noch mit Gwalchmais Kopf im Schoß da, aber auf den Wangen des Königs sahen sie die Spuren von Tränen glitzern, und sie wussten, dass der Held Britanniens von ihnen gegangen war.
    »Herr, was sollen wir jetzt tun?«
    »Setzt Gwalchmai im Grabhügel der Fürsten bei und hebt ein Grab für den Rest unserer Männer aus, die hier gefallen sind«, befahl Artor. Aus seinen Augen flossen nach wie vor Tränen, seine Stimme jedoch erklang kalt wie Stein. »Wo ist der Feind?«
    »Die Dumnonier huschen westwärts wie Ratten zu ihren Löchern, aber Medrod hat sich nach Norden gewandt«, antwortete Goriat. »Es heißt, er hätte die Königin und Frau Ninive mitgenommen.«
    »Dann ziehen auch wir gen Norden. Ob er nach Alba oder nach Ultima Thule flieht, es gibt keinen Ort auf dieser Welt, an den ich ihm nicht folgen werde.«
     
    Den ganzen Tag über hallte der Lärm von Krummaxt und Hammer durch die Luft, als Medrods Soldaten die Palisade von Dun Bara, der Hügelfeste, neu errichteten. Von Wachen begleitet, schritt Gwendivar mit Ninive an ihrer Seite entlang des alten Erdwalls auf und ab. Von der überstürzten Reise in den Norden zerschunden und mit Blutergüssen übersät, hatte sie nur darum gebetet, der Marsch möge enden, doch während ihr Körper sich erholte, wurde ihr allmählich klar, wie gering der Unterschied

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