Britannien-Zyklus 04 - Die Herrin der Insel
gestürzt war. Sein Helm war ihm vom Kopf geglitten; die Luft war kühl auf dem schweißdurchtränkten Haar. Es war kurz nach Mittag.
»Ich knie auf der Erde, deren Macht mich zu Fall gebracht hat«, erklärte er mit ruhiger Stimme. »Lässt du mich aufstehen, oder muss ich auf Knien gegen dich kämpfen?«
Seine Beine wurden nass; er blickte hinab und erkannte, dass er in den seichten Gewässern am Rand des Flusses kniete.
Langsam hob Medrod das Schwert. Er ist müde, stellte Artor fest, doch auch er selbst war erschöpft. Vielleicht wäre es einfacher, von hier aus zu kämpfen. Oder sich von Medrod töten zu lassen. Sie waren von Toten und Sterbenden umgeben. Er hatte seine Armee verloren, dachte er wie betäubt, und Britannien.
Süß und klar plätscherte der Fluss zwischen seinen Füßen vorbei. Da Medrod immer noch nicht antwortete, schöpfte der König eine Hand voll Wasser aus dem Strom.
Sein erster Gedanke war, dass er gar nicht wahrgenommen hatte, wie durstig er war. Er schöpfte mehr Wasser aus dem Fluss und fühlte, dass sein Körper aufblühte wie ausgetrocknete Erde im Regen. Mit dem dritten Mundvoll spürte er das triumphierende Aufbranden von Merlins Geist, das ihn eins mit allem um sich herum werden ließ. Die kühle Süße des Wassers, die feste Stärke der Erde, die trockene Hitze der Luft – Artor empfand alles mit einer Gewalt, die beinahe schmerzlich war.
Mit einer Bewegung, die noch einen Augenblick zuvor unmöglich gewesen wäre, war der König auf den Beinen. Mit weit aufgerissenen Augen zuckte Medrod zurück und starrte ihn an.
»Danke…«, flüsterte Artor, doch es war nicht sein Gegner, zu dem er sprach. Er wankte, und Medrod kam ihm mit hoch erhobenem Schwert entgegen.
Mit einer geschmeidigen Drehung nahm der König Verteidigungsstellung ein und riss das Schwert des Verteidigers beidhändig hoch, um Medrods Hieb abzuwehren. Das Klirren der beiden aufeinander treffenden Klingen hallte durch das Tal. Artor ging leicht in die Knie, das große Schwert hob sich und verharrte über seiner rechten Schulter.
»Warum hast du das getan, Medrod? Warum hast du versucht, Britannien zu zerstören?«
Verständnislos blickte sein Sohn ihn an. »Ich wollte herrschen – «
Artor schüttelte den Kopf. »Man kann das Land nicht beherrschen, man kann ihm nur dienen.«
Medrods Mund zuckte, und er stieß zu. »Du hast es im Stich gelassen! Du hast mich im Stich gelassen!«
Für den Bruchteil einer Sekunde zögerte der König; die Wahrheit des Gesagten verletzte ihn schlimmer als es jedem feindlichen Schwert möglich gewesen wäre. Dann stieg wieder Kraft aus der Erde auf, und er wusste, dass er immer noch der Kämpfer der Herrin war.
Artor wich zurück, ließ das Schwert seitlich hinunterfahren, wehrte die Waffe seines Sohnes ab und wirbelte ihn dabei herum, sodass ihre Schultern sich kurz berührten, als begegneten sie sich bei einem Tanz.
»Ich kam zu dir«, zischte Medrod. »weil meine Mutter mich weggeworfen hatte wie ein Werkzeug, das sie nicht mehr brauchte. Und du hast mich zu den Barbaren verbannt und vergessen! Ich musste mir alles erkämpfen, mein Leben, meinen Namen…« In einer drehenden Bewegung wich er aus und ließ den Rest unausgesprochen zwischen ihnen – Gwendivar…
»Gib auf, und du sollst über den Norden herrschen«, bot Artor ihm an, dessen Atem in heftigen Stößen ging.
»Ich könnte immer noch alles gewinnen, Vater…« Medrod drang mit einer Reihe kurzer Hiebe auf ihn ein, die dem König höchste Konzentration abverlangten.
»Nicht solange ich lebe!« Den letzten Hieb des jüngeren Mannes blockte Artor mit einer Wucht ab, die Medrod um die eigene Achse drehte.
»Du wirst sterben, durch die Hand der Zeit oder durch meine«, entgegnete Medrod keuchend. »Die Erben Britanniens sind junge Füchse, die es kaum erwarten können, sich ihre eigenen, kleinen Königreiche abzubeißen, und das wird das Ende deines Traumes sein.«
Unwillkürlich nahm Artor Verteidigungsstellung ein, doch seine Gedanken rasten. Er trug das Schwert des Verteidigers, doch was konnte ein toter Mann verteidigen? Er blickte in das höhnische Antlitz seines Sohnes empor. Die Männer nannten Medrod einen Verräter, doch Betrüger wäre zutreffender gewesen; ein Betrüger, der darauf aus war, ihn zu täuschen und dadurch in die Verzweiflung zu treiben. Und dennoch pochte in seinen Adern immer noch die Macht jenes unmöglichen Augenblicks der Verbindung mit dem Land.
»O Medrod, ist in deinem Herzen
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