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Britannien-Zyklus 04 - Die Herrin der Insel

Titel: Britannien-Zyklus 04 - Die Herrin der Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
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wich, der so tief war wie der ihre.
    »Herrin«, antwortete er mit brüchiger Stimme, »auch mein Sohn liegt bei den Toten auf dem Feld von Camboglanna.«
    Seine Schritte waren langsam, als er neuerlich den Hügel hinab zum See aufbrach.
     
    Morgause saß im Bug des schaukelnden Bootes, während Nest sie zum Ufer ruderte. Den Kessel hielt sie in den Armen. Ninive hockte vor ihr und hütete den Beutel mit der Medizin und den anderen Dingen, die zu finden sie mehr Zeit als erwartet gekostet hatte, denn womöglich würden sie einige Zeit auf dem Hügel zubringen müssen, ehe sie Artor zum See hinab schaffen konnten.
    Wir haben Zeit, beruhigte Morgause sich innerlich und drehte sich auf dem Sitz, um den Hügel im Blick zu halten. Im Kreis ist er in Sicherheit. Er wird leben, bis ich zurückkehre…
    Unter seiner Umhüllung bebte der Kessel, den sie gegen den Leib gepresst hielt, wie ein lebendes Wesen. So viele Jahre hatte sie nach ihm gestrebt, und als sie ihn endlich in Händen hatte, da hatte seine Macht von ihr Besitz ergriffen und sie verwandelt. Doch obwohl sie seit mehr als einem Dutzend Jahren als seine Priesterin diente, benutzte sie ihn nur unter Einhaltung der vorgeschriebenen Riten. Diese innige Berührung verursachte ihr Schwindel.
    Brigantia, steh mir bei, betete sie. Lass mich deinen Willen vollstrecken!
    Eine Bewegung am Ufer erregte ihre Aufmerksamkeit, und sie beugte sich vor, um besser zu sehen. »Nest, wende das Boot«, befahl sie unvermittelt. »Lenk es zu dem kleinen Strand am Felsen.«
    Am Rand des Wassers stand Bediver und hielt das Schwert. Sogar von hier aus konnte sie erkennen, dass er weinte.
    »Was tust du denn da?«, schrie sie. »Ist Artor – «
    »O Herrin, er befahl mir, es in den See zu werfen!«, rief er mit zuckendem Antlitz zurück.
    Das Boot schaukelte, als Morgause aufstand. Vor Artor waren die Frauen ihres Blutes die Hüter des Schwertes gewesen.
    »Halt ein! Du darfst es nicht – «, setzte sie an, doch Bediver holte bereits aus, wirbelte die Klinge mit mächtigem Schwung von sich.
    Einen Augenblick lang schien das Schwert in der Luft zu schweben und glänzte dabei im Sonnenlicht. Dann flog es weiter, stieg in einem Flammenbogen über dem Wasser auf. Morgause wurde nach vorn geschleudert, spürte, wie Ninive im selben Augenblick ihre Beine umklammerte, als der Kessel sich aus ihren Fingern löste, die keine Kraft mehr hatten, ihn zu halten.
    Der Kessel wirbelte gleich einem silbrigen Rad über das Wasser; das Schwert stach herab. Als sie sich trafen, flammte grelles Licht auf und blendete die Sinne. Doch als Morgause rücklings stürzte, brannte sich nicht das Nachbild des Schwertes und des Kessels in ihre Lider, sondern das einer Göttin, die sich aus den Wassern reckt, um den Gott zu empfangen…
     
    Artor fuhr aus seiner Bewusstlosigkeit auf und stöhnte. Ich sterbe!, dachte er, doch er war noch immer an seinen von Schmerzen geplagten Leib gefesselt. Vielmehr war es die Welt, die erbebte und sich neu zusammenfügte, und er begriff, dass jenes vollkommene Gleichgewicht, nach dem er getrachtet, seit er das Schwert aus dem Stein gezogen hatte, endlich erreicht war.
    »Gwendivar!«, rief er. »Spürst du das? Es ist vollbracht!«
    Sie legte seine Hand auf ihre Brust, und er fühlte, wie ihr Herz darin beinahe so wild pochte wie das seine. Artor grinste wie ein Krieger am Ende einer verzweifelt gefochtenen, entgegen jeder Hoffnung gewonnenen Schlacht. In ihrem Antlitz sah er eben solche Verblüffung.
    »Helft mir auf – «, forderte er die Umstehenden mit plötzlicher Autorität in der Stimme auf. »Lehnt mich mit dem Rücken an einen Stein.«
    Die Königin nickte, und Männer, aus deren Augen kummervolles Begreifen sprach, kamen herbei, um ihn aufzuheben. Sie lehnten ihn an einen Felsblock, der ein Rechteck am östlichen Rand des Kreises markierte und dessen Oberfläche von den Jahrhunderten glattgescheuert war. Er gibt einen königlichen Sitz für den Tod eines Königs ab, dachte Artor.
    Er holte tief Luft und lies langsam den Atem entweichen. Der kalte Stein erwärmte sich unter ihm; ein Schauder kroch ihm über den Rücken und in die Tiefen der Erde, ehe er gleich einer Fontäne wieder emporbrach. Der König hustete, immer und immer wieder, und er spürte, wie die Bande rissen, welche die Seele an den Körper fesseln.
    Gwendivar kniete weinend neben ihm.
    »Meine Geliebte… meine Geliebte…«, flüsterte er, der nun so viele Dinge verstand. »Wir können einander nicht

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