Brockmann Suzanne
Gedächtnis, während sie die Treppen hinunterrannte.
Nur … Jetzt wo sie es hatte, reichte ihr das nicht mehr.
Das Telefon klingelte, als Bobby Colleens Dusche verließ.
Er griff sich ein Handtuch, wickelte es sich um die Hüften und tappte tropfend in die Küche. „Hallo?“
Im Hörer summte es leicht, so als wäre zwar jemand dran, antwortete aber nicht. Dann: „Bobby?“
Es war Wes.
Oh Gott! Es war Wes!
„Hey“, sagte Bobby, verzweifelt bemüht, normal zu klingen – eben nicht wie ein Mann, der halb nackt keinen Meter von dem Punkt entfernt stand, an dem er die Schwester seines Freundes an die Wand gedrückt und …
„Was machst du in Colleens Wohnung?“ Wes klang seltsam. Oder vielleicht bildete Bobby sich das auch nur ein. Schuldgefühle schafften das, ließen jeden so klingen, als hätte er Verdacht geschöpft.
„Ähm …“, sagte Bobby. Er musste Wes sagen, was zwischen ihm und Colleen passiert war, aber ganz bestimmt nicht am Telefon. Trotzdem wollte er auch nicht lügen. Nicht gegenüber Wes. Niemals gegenüber Wes.
Zum Glück erwartete Wes – wie üblich – gar keine Antwort auf seine Frage. „Du bist verteufelt schwer zu erreichen“, fuhr er fort. „Ich habe dich gestern Nacht im Hotel angerufen, sehr spät. Du hast dich entweder unerlaubt von der Truppe entfernt oder du warst anderweitig beschäftigt, du Glückspilz!“
„Äh“, erwiderte Bobby, „ja.“ Er war sich nicht sicher, ob es Wes sonderlich interessierte, welcher seiner Vermutungen er eigentlich zustimmte. Aber die Wahrheit war nun mal, dass er sich entfernt hatte, anderweitig beschäftigt gewesen und ein Glückspilz war. „Wo steckst du?“
„In Little Creek. Schaff deinen Arsch hierher, Kumpel, und zwar pronto! Für neunzehn Uhr ist eine Besprechung mit Admiral Robinson angesetzt. Der nächste Flug von Logan geht in knapp zwei Stunden. Wenn du dich beeilst, kriegst du den Flieger noch. Am Schalter liegt ein Ticket für dich bereit.“
Wenn er sich beeilte, musste er gehen, bevor Colleen zurückkam. Bobby warf einen Blick auf die Küchenuhr und fluchte. Günstigstenfalls konnte sie in neunzig Minuten zurück sein. Sofern sie durch nichts aufgehalten wurde und die U-Bahn ausnahmsweise absolut pünktlich war.
„Ich weiß nicht, ob ich das schaffe“, erklärte er Wes.
„Klar schaffst du das. Bitte Colleen, dich zum Flughafen zu fahren.“
„Oh“, entfuhr es Bobby. Gut, dieses Geheimnis konnte er gefahrlos lüften. „Nein. Das kann sie nicht. Sie hat ihr Auto verkauft.“
„Was?“
„Sie leistet doch all diese gemeinnützige Arbeit – Rechtsberatung pro bono, neben allem, was sie sonst noch so ehrenamtlich tut“, erzählte Bobby. „Sie hat den Mustang verkauft, weil das Geld zu knapp wurde.“
Wes fluchte ausgiebig. „Ich kann nicht glauben, dass sie den Wagen verkauft hat! Ich hätte ihr doch Geld geliehen. Warum hat sie mich nicht um Geld gebeten?“
„Ich habe ihr das Gleiche angeboten. Sie wollte unser Geld nicht.“
„Das ist dumm. Lass mich mit dem dummen Mädchen reden, okay?“
„Eigentlich ist das überhaupt nicht dumm“, widersprach Bobby. Und sie war kein Mädchen. Sondern eine Frau. Eine großartige, lebenslustige, unabhängige, begehrenswerte Frau. „Sie möchte das auf ihre Weise tun. Allein, ohne Unterstützung. Und wenn sie ihre Zulassung bekommt, dann weiß sie, dass sie es selbst geschafft hat. Ich kann ihr das nicht verübeln.“
„Ja, ja, schon gut! Gib sie mir endlich.“
Bobby atmete tief durch und betete, dass Wes es nicht merkwürdig fand, dass er sich in Colleens Wohnung aufhielt, obwohl sie nicht zu Hause war. „Sie ist nicht hier. Sie musste zur Uni, um etwas zu erledigen, und …“
„Dann hinterlass ihr eine Nachricht. Sie soll mich anrufen.“ Wes ratterte eine Telefonnummer herunter, die Bobby pflichtbewusst auf einem Zettel notierte. Dann faltete er den Zettel zusammen, um ihn in die Tasche zu stecken, sowie er etwas mit einer Tasche am Leib hatte. Er durfte keinesfalls riskieren, dass Colleen mit Wes telefonierte, bevor er selbst Gelegenheit hatte, mit ihm zu sprechen.
„Komm in die Gänge“, befahl Wes. „Du wirst bei diesem Meeting gebraucht. Wenn Colleen so dumm ist, auf dieser Reise nach Tulgeria zu bestehen, müssen wir alles richtig machen. Und wenn du heute Abend noch hier eintrudelst, können wir zwölf Stunden früher mit der Planung für die Operation beginnen. Ich will diese zwölf Stunden ausnutzen. Schließlich geht es um Colleens
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