Brockmann Suzanne
Bobby an.
Auf dem anderen Monitor spielte Jake lustlos mit seinem Essen herum. Dann ließ er die Gabel aufs Tablett fallen und legte die Stirn in die Hand. Ein Bild der Verzweiflung.
Aber dann setzte er sich auf. Und gestikulierte mit beiden Händen auf dem Tisch vor ihm, gab ein Handsignal, wie es von SEALs benutzt wurde. Es war kurz, aber unmissverständlich.
Macht euch bereit.
„Hast du das gesehen?”, fragte Lucky und sprang auf. „War es das, wofür ich es halte?”
„Ja, Sir. Das war ganz eindeutig eine Botschaft für uns.”
Jake hatte das Zeichen nur einmal gegeben, aber sie hatten es auf Band.
Lucky griff nach dem Telefon. „Hallo, Skelly, O’Donlon hier. Ist der Senior Chief da? Bob und ich haben hier etwas, was er sich ansehen sollte. Ihr alle”, sagte er. „Ach ja: Beeilt euch!”
Zoe zog sich die Baseballkappe in die Stirn und schob den Reinigungswagen in Christopher Vincents Privatwohnung.
Bis jetzt hatte noch niemand gemerkt, dass sie nicht zur regulären Putzkolonne gehörte. Oder es hatte jemand bemerkt, war aber bereits zu abgestumpft, zu oft geschlagen worden, zu unterwürfig, um sich über so etwas Gedanken zu machen.
Melissa, Amy, Ivy, Karen, Beth und Joan. Zoe konnte sich ihre Namen nur anhand der Haarfarbe merken. Die Gesichter waren sich zu ähnlich, alle gleichermaßen ausgelaugt und hoffnungslos.
Zoe bewegte sich genauso wie sie. Als täte ihr alles weh, seelisch wie körperlich. Sie nahm die Putzmittel fürs Klo und ging damit zur Tür, die in Vincents privates Büro führte. Die Tür stand offen, und Zoe trat ein, ohne Licht zu machen.
Das Büro sah genau so aus, wie Jake es beschrieben hatte. Ein großer Schreibtisch. Keine Fenster. Drei Türen. Weit und breit kein Kanister mit Triple X.
Die Toilette lag auf der linken Seite. Zoe drückte kurz die Klinke der rechten Tür hinunter, als sie vorbeiging. Abgeschlossen. Genau wie die mittlere Tür. Die Toilettentür war nur angelehnt, und sie schaltete das Licht an. Der Raum war winzig. Ein Toiletten- und ein Waschbecken. Nach den Bauplänen der ehemaligen Fabrik, die sie sich zusammen mit Bobby und Wes angeschaut hatte, konnte in diesem Teil des Gebäudes durchaus noch eine große Sicherheitszentrale und ein weitläufiger Innerer Saal untergebracht sein.
Einen Dietrich hatte sie nicht dabei, aber zur Not tat es auch eine Büroklammer von Vincents Schreibtisch. In der schwachen Toilettenbeleuchtung bog sie die Klammer auf und ...
Im Büro ging das Licht an. „Wer bist du? Was tust du hier drin?”
„Die Toilette putzen?” Zoe blinzelte verwirrt und versuchte, die aufgebogene Büroklammer unauffällig in ihre Hosentasche zu schieben. Sie bekam sie nur halb hinein, dann war der langbärtige Mann zu nah.
Vincents zweiter Vertrauter. „Du bist die Neue. Ausgeschlossen, dass man dir diese Aufgabe übertragen hat.”
Zoe ließ ihre Unterlippe zittern. „Man hat mir gesagt, ich solle Toiletten putzen. Aber ich ... ich habe mich verlaufen, und weil ich nicht wusste, was ich tun soll, bin ich einfach einer Putzkolonne gefolgt, und deshalb ...”
„Raus hier!” Der Mann hielt die Tür auf und bedeutete ihr unmissverständlich zu verschwinden. „Sofort!”
Zoe schnappte sich ihre Putzsachen und rannte aus der Tür. Auf dem Weg nach draußen schlug der Mann ihr so hart gegen den Hinterkopf, dass ihr die Ohren dröhnten und sie in die Knie ging. Am liebsten wäre sie herumgewirbelt und hätte dem Typen einen Tritt gegen das Kinn verpasst.
Aber natürlich tat sie das nicht. Sie hielt den Blick gesenkt und ließ den Kopf hängen. Wenn sie hier rauskommen wollte, ohne ihre Tarnung auffliegen zu lassen, dann durfte sie keinesfalls zeigen, dass sie den schwarzen Gürtel in Karate trug.
Beth, die Leiterin der Putztruppe, gab ihr ebenfalls eine Ohrfeige, als Zoe wieder aufstand. „Du blöde Kuh! Du kannst doch nicht einfach gehen, wohin du willst. Mach gefälligst deine Arbeit!”
Zoes Augen füllten sich mit Tränen. Sie wunderte sich, dass überhaupt noch Tränen kamen, nachdem sie sich vor nicht mal einer Stunde fast die Augen ausgeweint hatte. Aber offensichtlich war das kein Problem. Sie brauchte nur an Jake zu denken, und schon liefen die Tränen.
„Es tut mir leid”, murmelte sie. „Ich habe irgendwie Edith verloren, meine Partnerin. Dann bekam ich es mit der Angst zu tun. Ich habe euch gesehen und ...”
„Geh zurück in die Küche”, unterbrach Beth sie scharf. „Bestimmt wartet Edith dort schon auf
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