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Brodecks Bericht (German Edition)

Brodecks Bericht (German Edition)

Titel: Brodecks Bericht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Claudel
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der Katze. Sollten sie sich doch ihr eigenes Spiel überlegen, auf mich brauchten sie nicht mehr zu zählen. Ich habe getan, was ich tun musste, ich habe alles erzählt.
    Ich legte die Seiten, auf denen ich die Tatsachen notiert hatte, vor dem Bürgermeister auf den Tisch.
    «Hier ist der Bericht, den ihr bei mir bestellt habt.»
    Zerstreut nahm der Bürgermeister die Seiten in die Hand. Noch nie hatte ich ihn so abwesend, so nachdenklich erlebt. Sogar seine Gesichtszüge schienen weniger grob als sonst. Eine gewisse Traurigkeit machte sein hässliches Gesicht ein bisschen schöner.
    «Der Bericht …», sagte er und breitete die Blätter vor sich aus.
    «Du sollst ihn sofort lesen, vor meinen Augen. Und sag mir, was du davon hältst. Ich habe Zeit, ich werde warten.»
    Orschwir sah mich lächelnd an und sagte nur:
    «Wenn du willst, Brodeck, wenn du willst … Auch ich habe Zeit …»
    Dann begann der Bürgermeister zu lesen, von Anfang, vom ersten Wort an. Mein Stuhl war bequem, ich lehnte mich behaglich zurück und versuchte, Orschwirs Gesichtsausdruck zu deuten, aber keine Gefühlsregung ließ sich erkennen. Nur manchmal wischte er sich mit seiner großen Hand über die Stirn, rieb sich die Augen, als hätte er nicht geschlafen, oder biss sich auf die Lippen, wobei er offensichtlich nicht bemerkte, wie heftig er zubiss.
    Man hörte, wie der große Bauernhof erwachte, hörte Schritte, Schreie, Quieken, Wasser aus Eimern auf den Boden plätschern, Stimmen, quietschende Radachsen. Draußen begann das Leben von Neuem, an einem Tag, der im Großen und Ganzen war wie jeder andere auch, ein Tag, an dem überall auf der Welt Menschen geboren wurden und starben, in einem ewigen Kreislauf.
    Orschwir las mehrere Stunden lang. Wie lange genau, kann ich nicht sagen. Ich fühlte mich ruhig. Ich ließ meine Gedanken wandern.
    Die Wanduhr schlug. Orschwir hatte den Bericht bis zum Ende durchgelesen. Er räusperte sich dreimal, sammelte die Seiten wieder zusammen, legte sie auf einen ordentlichen Stapel, aus dem kein Blatt herausstand, und sah mich mit großen, müden Augen an.
    «Und?», fragte ich.
    Er wartete eine Weile, bevor er antwortete. Er stand wortlos auf, begann, langsam um den großen Tisch herumzugehen, und rollte die Seiten zu einer Art kleinem Zepter zusammen.
    «Ich bin der Bürgermeister, Brodeck, das weißt du. Aber ich glaube nicht, dass du weißt, was das für mich bedeutet. Du schreibst gut, Brodeck, wir haben uns nicht in dir getäuscht. Du drückst dich gerne in Bildern aus, vielleicht übertreibst du es manchmal ein bisschen, aber na ja … Also werde auch ich in Bildern mit dir reden. Die Hirten auf den Hochweiden hast du ja schon oft beobachtet, du kennst sie. Ob sie die Tiere, die man ihnen anvertraut, lieben oder nicht, ist nicht bekannt. Und übrigens geht es weder mich noch sie etwas an, ob sie die Tiere lieben. Man überlässt die Tiere dem Hirten. Er muss für sie Gras, frisches Wasser und windgeschützte Stellen finden. Er muss sie vor Gefahren schützen, er muss sie fernhalten von den steilen Abhängen, von Felsen, auf denen sie ausrutschen und sich die Knochen brechen könnten, von Pflanzen, die sie vergiften oder ihre Bäuche aufblähen könnten, von Raubtieren und Raubvögeln, die das schwächste Glied der Herde angreifen könnten, und natürlich vor den Wölfen, die sich manchmal in der Nähe der Herden herumtreiben. Ein guter Hirte weiß das alles und tut alles, ob er nun die Tiere liebt oder nicht. Und die Tiere, wirst du jetzt denken, lieben die denn den Hirten? Aber das frage ich dich.»
    Eigentlich stellte mir Orschwir keine Frage. Er sah mich nicht an, sondern ging immer weiter um den großen Tisch herum, sprach dabei und trommelte gedankenverloren mit den zusammengerollten Seiten auf die Innenseite seiner Handfläche.
    «Wissen die Tiere überhaupt, dass sie einen Hirten haben, der das alles für sie tut? Wissen sie es? Ich glaube nicht. Ich glaube, dass sie sich nur für das interessieren, was sie unter ihren Hufen und vor ihren Mäulern haben, also Gras, Wasser und Stroh zum Schlafen. Das ist alles. Unser Dorf ist klein und hilflos, das weißt du. Das weißt du gut. Fast hätte unser Dorf nicht überlebt. Der Krieg kam über uns wie ein riesiger Mühlstein, der das Korn zerquetscht. Dennoch ist es uns gelungen, einiges zu retten. Es ist nicht alles zerstört worden. Nicht alles. Und mit dem, was übrig blieb, muss das Dorf leben.»
    Orschwir war neben dem großen blauen

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