Broken (German Edition)
Geschmack am Töten gefunden. Er ist dreister geworden.»
«Küchenpsychologie, Lieutenant», sagte ich. Ich schaute aus dem offenen Beifahrerfenster, damit Rauser mich nicht grinsen sah. Wir überquerten die Bahngleise und kamen an dem deutschen Restaurant vorbei, das ich aus meiner Kindheit in Erinnerung hatte.
«Du bist bloß neidisch, Street. Du bist neidisch, weil ich diesen ganzen Mist auch ohne einen Haufen Uniabschlüsse durchschaue.»
«Es war Donald Kellys Geburtstag», sagte ich. «Fatu Does dreißigster Tag ohne Drogen, an dem sie mit dem orangenen Schlüsselanhänger belohnt wurde. Auch Troy Delgado stand an der Schwelle von etwas, nicht? Er hatte Aussicht auf eine große Karriere, einen teuren Privattrainer, die Qualifikation für die Jugend-Olympiade. Und Miki. Wie passt Miki da rein?», fragte ich mich laut. «Wo wäre die Verbindung? Sie hat sich geritzt, genau wie Fatu, aber sie war seit zwei Jahren in keiner Klinik mehr. Sie ist beruflich wieder richtig erfolgreich. Sie war in der engeren Wahl für den Pulitzer-Preis und hat andere wichtige Fotopreise gewonnen. Sie erntet beruflich jede Menge Anerkennung. Und außerdem ist sie wegen ihrer Beziehungen mit Promis in der Klatschpresse gelandet.»
«Vielleicht bringt Erfolg ihn zum Ausrasten», spekulierte Rauser.
«Vielleicht», sagte ich. «Oder Übergänge. Wenn jemand es schafft, nach vorne zu schauen. Vielleicht war er nach einem einschneidenden Ereignis in seinem Leben unfähig, nach vorne zu schauen.»
Wir passierten Läden, vor denen auf dem Bürgersteig Bilder von ortsansässigen Malern auf Staffeleien ausgestellt waren, Konditoreien, Souvenirläden, Cafés und Restaurants, Antiquitätengeschäfte und eine Kneipe mit Dachterrasse. Rauser fand einen Parkplatz unweit eines Hauses im Charleston-Stil, das in ein Restaurant umgewandelt worden war. Es nannte sich Sycamore Grill, weil ein Bergahorn, ein sycamore tree , jahrelang als Schattenspender für die Veranda gedient hatte. Im Bürgerkrieg war das Haus als Lazarett genutzt worden. Es gibt nicht mehr viele von diesen alten Gebäuden. General Sherman hat zu viele abfackeln lassen.
«Bei jedem der Opfer war irgendwas für den Mörder der Auslöser. Diese Motivation müssen wir herausfinden.»
« Du musst sie herausfinden», sagte Rauser. «Ich bin doch bloß ein Cop. Mich interessiert das Wann und Wo. Nicht das Warum.»
Wir stiegen aus Rausers Glutofen auf Rädern und spürten eine Brise. Der Pavillon, wo Fatus Leichnam abgelegt worden war, stand gut fünfzig Meter links von uns. Der Sycamore Grill und etliche andere Läden lagen an einem Hang oberhalb der Bahngleise, die den Ort durchschnitten. Auf beiden Seiten der Gleise waren Parkplätze, wodurch der Pavillon leichter erreichbar war, als wir beide in Erinnerung hatten. Der Täter konnte also, ohne die Hauptstraße zu benutzen, mühelos in den Ort gelangt sein. Niemand hatte ihn gesehen. Ein weiterer Hinweis darauf, dass er sich in der Gegend gut auskannte – er wusste, wie er am besten in den Ort kam, wo er parken konnte, kannte die Gepflogenheiten der Cops und Ladenbetreiber. Es war wichtig für ihn gewesen, Fatu an einem öffentlichen Ort abzulegen. Warum? Ein letzter Akt der Dominanz über sie? Er hatte ihr den Rock bis zur Taille hochgeschoben, bevor er verschwand. Er wollte sie entwürdigen. Er hatte sie woanders zusammengeschlagen und vergewaltigt und ermordet, aber er hatte sie hierhergeschafft und ihr den Rock hochgeschoben – er wollte sie demütigen, noch im Tod.
Während wir den Park durchquerten, erzählte ich Rauser, dass ich den Pavillon schon voller Mikrophonständer und Musikinstrumente gesehen hatte, wenn hier Konzerte stattfanden. Dann war die Wiese mit Picknickdecken und Kühltaschen und Klappstühlen übersät, und überall tobten Kinder herum. Als Ablageort für eine Leiche kam mir der Park zu unschuldig vor. Ich versuchte, mir die Stimmung vorzustellen, die in diesem idyllischen Örtchen geherrscht haben musste, nachdem Fatu Does Leiche entdeckt worden war und sich die Nachricht von ihrer Ermordung wie ein Lauffeuer verbreitet hatte. Die Tote war von einer entsetzten Ladeninhaberin gefunden worden, die ihren Morgenkaffee bei schönem Wetter gern im Pavillon trank.
Wir waren hergekommen, weil wir uns ein Gefühl für die Örtlichkeiten verschaffen wollten. Bei Tatortfotos ist es extrem schwierig, den Kontext zu verstehen – wie die unmittelbare Umgebung aussieht und wo genau das Opfer gelegen hat. Keiner von
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