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Broken (German Edition)

Broken (German Edition)

Titel: Broken (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Kyle Williams
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Mal begriff ich, dass er da gar nicht gegraben hatte, um Kudzu zu pflanzen. Ich rief noch einmal McMillan an, stieg dann auf der Beifahrerseite in meinen Impala am Ende der Zufahrt. Mrs. Stargell winkte mir von der Veranda aus zu. Ich winkte zurück. Ich hörte Rausers Klingelton. Aber ich ging nicht ran. Ich sehnte mich nur nach einer Dusche. Einer endlosen, dampfend heißen Dusche.
    Ich schickte eine SMS. Mir geht’s gut. Fahre jetzt ins Hotel. Muss erst mal runterkommen.
    Er würde es verstehen. Rauser war vielleicht der einzige Mensch auf der Welt, der das voll und ganz verstand. Die Vorteile einer Beziehung mit einem Cop überwogen mitunter die Risiken.
    In meinem Hotelzimmer zog ich mich aus und warf die nassen Klamotten in den Abfallkorb, duschte dann, bis dem Big Knob Resort & Spa das heiße Wasser auszugehen drohte. Ich dachte an die Agents im Wald, die jetzt Bagger und sonstiges schweres Gerät ankarren ließen. Die heute Abend, wenn die Sonne unterging, versuchen würden, den riesigen Tatort zu bewachen und zu schützen. Die Medien würden bald anrücken, wenn sie nicht schon da waren, und das GBI würde alle Hände voll zu tun haben. Ich fühlte mich noch nicht stark genug, um den Fernseher einzuschalten.
    Ich steckte mir das Haar hoch und schlüpfte in einen Hotelbademantel. Mir war nicht danach zumute, jetzt gleich zurück nach Atlanta zu fahren. Mir war nach gar nichts zumute. Außer vielleicht einem schönen Cognac, der im Schwenker kreiste, mir Wärme durch die Kehle in den Bauch schickte. Ja, danach wäre mir sehr zumute gewesen.
    Neil bestellte beim Zimmerservice Brokkoli-Cremesuppe und warmes Brot, eine Kanne Tee. Trostessen. Er wusste, dass ich seit dem Frühstück nichts mehr zu mir genommen hatte. Keiner von uns zählte die Schüssel pappigen Reis dazu, die Mary Kate Stargell mir hingestellt hatte.
    Ich rief meine Mom an, um zu fragen, wie es in Decatur lief. Die Nachbarschaftsgrillparty war im Gange. Sie hatten sie für den späten Nachmittag angesetzt, wenn die größte Hitze vorbei war. Dad hatte Lichterketten aufgehängt und alles in Sichtweite mit Chemikalien eingesprüht, in der Hoffnung, die Mücken fernzuhalten. Miki war eine große Hilfe gewesen und schien die Ablenkung zu genießen, erzählte Mutter. Ich musste lächeln. Meine Eltern waren für sie schon immer mehr wie Vater und Mutter gewesen als ihre richtigen Eltern. Ich war froh, dass sie das jetzt hatte. Ich glaube, Miki hatte sich oft schrecklich allein gefühlt. Dennoch nahm ich es ihr übel, dass sie ihren hüfthohen Scheiß in unser Leben gebracht hatte.
    Ich aß kaum etwas. Ich hatte keinen richtigen Appetit, was bei mir selten vorkam. Ich sprach mit Neil über das, was die GBI-Agents da draußen ausbuddelten. Sämtliche Anklagepunkte gegen die Kirkpatricks würden mit der Zahl der Leichen multipliziert werden, die identifiziert werden könnten. Joe Ray und seine herrische Mama mussten gut und gern mit an die tausend Anklagepunkten rechnen. Ich überlegte laut, wann und warum die angesehene Familie sich das erste Mal entschlossen hatte zu betrügen und ob die Sache von da an langsam eskaliert war, Schritt für Schritt, bis die zwei so tief drinsteckten, dass sowieso schon alles egal war. Vielleicht war es von Anfang an durchdacht gewesen. Aber eher glaubte ich, dass irgendwann mit dem Krematorium etwas schiefgelaufen war und sie es nicht über sich gebracht hatten, den Laden dichtzumachen. Von da war es wohl kein weiter Weg mehr bis dahin, die Toten zu verkaufen, anstatt sie einfach wegzuwerfen. Und sich einzureden, dass sie ja sogar etwas Nützliches taten, indem sie dazu beitrugen, den Bedarf an Organen und Gewebe zu decken.
    «Das ist total krank», sagte Neil.
    «Immerhin hatte einer von ihnen ein schlechtes Gewissen. Ich glaube, das steckt hinter den Fotos.»
    Neil nahm seine Serviette vom Schoß, betupfte sich den Mund. «Wie wär’s, wenn wir die Sache mal für eine Weile vergessen? Ich meine, wir sind noch eine Nacht hier. Es ist früh am Abend. Machen wir die Stadt unsicher.»
    Ich schüttelte den Kopf. «Nimm den Wagen. Amüsier dich. Ich bin erledigt.»
    Er drängte mich nicht. Er strich mir über die Schulter, als er an mir vorbeiging und die Autoschlüssel nahm. «Ruf an, wenn du mich brauchst.»
    Nachdem Neil gegangen war, setzte ich mich ans Fenster, den Hotelbademantel eng um mich gewickelt, kein Licht im Zimmer. Händchenhaltende Pärchen überquerten weiter unten den Fairway, und Familien mit Kindern

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