Broken (German Edition)
konnte.
Miki kam aus der Küche, sah mich und kam in meine Arme gelaufen. Ich umarmte sie fest. Wir gingen zu Rausers Couch. Sie umklammerte meine Hand. Rauser schickte Angotti weg, überprüfte dann Türen und Fenster, machte Kaffee, während Miki und ich miteinander redeten, stellte Tassen und Milch und Zucker auf den schönen alten Couchtisch. Schließlich setzte er sich in einen Sessel uns gegenüber.
Miki goss Milch in ihren Kaffee. Ich trank meinen schwarz. «Brauchst du irgendwas?», fragte Rauser. «Was zu essen oder so?»
Miki schüttelte den Kopf. «Tante Emily hat auf der Party jeden vollgestopft, der in ihre Nähe kam. O Gott, sie hasst mich jetzt bestimmt. Sie hat so geschuftet, damit alles perfekt ist.»
«Ihr geht’s gut», sagte Rauser. «Sie hat Getränke und Häppchen serviert, während wir die Leute befragt haben.»
«Typisch Mom», sagte ich. «Sie kann sogar aus einem Verhör eine Party machen.»
«Kam dir irgendeiner von den Gästen komisch vor?», fragte er Miki. «War einer dabei, der allein rumstand, mit keinem geredet hat? Den du nicht kanntest? Oder einer, der dir vage bekannt vorkam, den du aber nirgendwo hintun konntest?»
«Das trifft auf so gut wie alle zu. Ich meine, da hat sich viel verändert. Ich bin nur noch an Feiertagen da. Ich hab die meisten Gäste nicht gekannt. Oder sie kamen mir vage bekannt vor. Mensch, wir sind alle so verdammt alt geworden!», sagte meine vierunddreißig Jahre alte Cousine zu Rauser.
«Erzähl uns doch einfach alles, woran du dich von dem Zeitpunkt an erinnerst, als die ersten Gäste eintrafen», schlug Rauser vor.
Miki schilderte uns den Ablauf der Party. Sie hielt sich ganz gut. Ohne Hysterie. Miki hatte sich immer durchs Leben gekämpft. Zum ersten Mal sah ich die Überlebenskünstlerin in ihr, die in den letzten paar Jahren aus ihr geworden war. Sie war völlig nüchtern, das sah ich ihren Augen an, die klar und türkis waren, obwohl Rausers Bourbon auf der Küchentheke stand und der Alkohol auf der Party in Strömen geflossen war. Bei derlei Festivitäten serviert Mutter Punschschüsseln voll weißer Sangria mit Orangen- und Limonenscheiben, die tagelang Alkohol in sich aufgesogen haben.
«Die gute Nachricht ist ja wohl, dass Cash es nicht ist.» Miki seufzte. «Cash kann nirgendwo hingehen, ohne erkannt zu werden. Und ich hätte ihn bemerkt. Ich würde seinen Gang und die Stimme überall erkennen.»
«Zwei von meinen Leuten haben ihm heute einen Besuch abgestattet», teilte Rauser uns mit. «Er hat bereitwillig kooperiert. Er hatte fast das ganze letzte Wochenende über das Haus voller Promis. In den vierundzwanzig Stunden nach Kellys Ermordung war er zu Hause. Dafür gibt es jede Menge Zeugen.» Rauser ließ unerwähnt, dass ich bei Cash Tilison gewesen war. Ich war froh. Ich hatte keine Lust auf die Diskussion. «Für heute hatte er ein großes Fest am See geplant.»
«Ich habe letztes Jahr den vierten Juli mit ihm und seinen Freunden gefeiert.» Miki lächelte über irgendeine schöne Erinnerung, blickte nach unten in ihre Tasse. «Ich danke euch, dass ihr mir Schutz anbietet. Aber ich kann mich nicht hier verkriechen. Tante Emily muss morgen früh ins Fernsehstudio für das Probevideo. Ich hab ihr versprochen, dass ich mitkomme.»
«Ich bin sicher, Emily würde das verstehen», sagte Rauser.
«Ich halte meine Zusagen gegenüber Tante Emily.» Miki sagte das, als hätte sie dafür ein Schulterklopfen verdient. «Und danach muss ich zum Flughafen. Ich hab einen neuen Auftrag.»
«Ich kann dich nicht zwingen hierzubleiben», sagte Rauser, «aber wir können dich nicht schützen, sobald du in ein Flugzeug gestiegen bist. Wir bringen dich in einem netten Hotel unter, wenn dir das lieber ist. Ich hab für morgen früh um sieben einen Kollegen in Uniform herbestellt. Es wäre mir lieb, wenn du heute Nacht hier bei uns bleiben würdest.»
Wir schwiegen einen Moment. Dann nickte Miki und sagte: «Für Texas ist ein Unwetter vorhergesagt. Die rechnen mit einem ganzen Schwarm von Tornados. Ich treffe mich in Birmingham mit einem Sturmjäger, dann fahren wir dahin, wo die Wirbelstürme durchziehen sollen. Ich kann’s kaum erwarten, bis ich endlich da bin. Außerdem verfolgt mich dieser Scheißkerl nie, wenn ich beruflich unterwegs bin.»
«Da ist was dran, Rauser. Ich glaube nicht, dass er die Mittel hat, ihr zu folgen. Keiner kann so einfach durch die Weltgeschichte jetten, wenn er nicht den entsprechenden Job hat oder stinkreich ist.
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