Broken Heart Vampires 02 - Ein Vampir zum Dinner
mir leid.“ Lorcan meinte es wirklich so, wie er es sagte.
Er öffnete den Mund, wie um etwas hinzuzufügen, änderte dann aber seine Meinung. Da stand er, stumm, mit seinem traurigen Blick - und die Spannung zwischen uns stieg ins Unermessliche.
Schließlich seufzte er. „Mehr gibt es wohl nicht zu sagen.“
„Es gibt immer mehr zu sagen“, wies ich ihn zurecht. „Das Schwierige ist nur, die richtigen Worte zu finden.“
Seine Augen glänzten amüsiert, aber seine erdrückende Traurigkeit behielt die Oberhand. „Bis mir diese Worte einfallen“, sagte er leise, „werde ich mich verabschieden.“
„Meine Mom hat immer gesagt: ,Lass uns nicht von Abschied reden. Lass uns sagen ,bis wir uns wiedersehen'.“ Keine Ahnung, warum ich auch noch so nett zu diesem Typen war, der mir gerade so schlechte Nachrichten überbracht hatte. Wie auch immer. Ich hob meine Hand zum Gruß und sagte: „Also dann: Bis wir uns wiedersehen.“
Er senkte den Kopf und brachte so etwas wie ein Lächeln zustande.
Erstaunt beobachtete ich, wie er sich in die Lüfte erhob. Er winkte mir noch einmal zu, dann schwirrte er davon.
Das Eichhörnchen hatte die zweite Eichel verspeist und hüpfte auf meinen Schoß. Kein Haus. Keine Bücherei. Kein Nichts. Ich streichelte den kleinen Kopf des Tieres und seufzte. Es fiepte und sah mich mit seinen braunen Knopfaugen an. „Danke, mein Schätzchen“, sagte ich. „Aber ich glaube, dein Nest ist zu klein für mich.“
Ich sah mich um und stellte einmal mehr fest, wie weit mein Haus doch von der Stadt entfernt war. Der Wald hinter dem Anwesen markierte die Grenze von Broken Heart. Ich hörte immer wieder die Patrouillen, die die Sicherheitszone kontrollierten.
Vermutlich war das LeRoy-Haus vom sicherheitstechnischen Standpunkt aus tatsächlich ein Schwachpunkt für die Gemeinde. Und der Gedanke daran, dass die Wraiths - oder noch schlimmere Kreaturen - gleich außerhalb der Stadtgrenzen herumschlichen, jagte mir einen Schauer über den Rücken. Ich wollte ja auch, dass wir in Sicherheit leben konnten, schon allein wegen Tamara.
Man bekommt nicht immer das, was man möchte. Man kann darüber zetern und klagen, Eva, oder die Veränderung als neue Chance begreifen.
An diese Weisheit meiner Mutter hatte ich mich mein Leben lang gehalten. Und doch ... Ich betrachtete das heruntergekommene Haus und hätte am liebsten geweint. Immerhin war es mein Zuhause.
Aber nicht mehr lange.
***
Tamara trug, wie immer, Schwarz. Die Bezeichnung „Gothic“ scheute sie allerdings, obwohl sie ihre Augen dick mit schwarzem Kajal schminkte, blutroten Lippenstift auflegte und die Bezeichnung „düster“ in ihr zur Realität wurde. Ihr Haar, das eigentlich dieselbe Farbe hatte wie meines, war auf Kinnlänge gestutzt und schwarz gefärbt, bis auf zwei kirschrote Strähnchen rechts und links des Gesichts. Ihre beiden Augenbrauen und ihren Bauchnabel zierten silberne Piercing-Ringe - und das war schon ihr Zugeständnis an mich.
„Hast du schon gegessen?“, fragte Tamara fürsorglich.
„Ja, Mami.“ Ich band mir die Schnürsenkel zu, stand auf und stampfte ein paar Mal zünftig auf. Die Stiefel saßen bestens. Das war gut so angesichts des Terrains, auf das ich mich gleich begeben würde. „Wo ist die Taschenlampe?“
„Hier drin“, antwortete sie und reichte mir einen schwarzen Rucksack. „Dein Handy auch. Ich hätte dir ja auch was zu essen eingepackt, aber ...“
Als ich mit Tamara schwanger war, hatte ich eine besondere Faszination für die verschiedenen Lebenszyklen der Natur entwickelt (warum, war klar). Ich beobachtete vor allem die Mondphasen sehr genau, weil ich ein totaler Fan des Symbolismus war und mich das Motiv „Licht in der Dunkelheit“ ganz besonders ansprach. Daher wusste ich auch, dass heute Nacht abnehmender Mond war. So viel zum Thema nutzloses Wissen. Ich wusste auch, wie viel Wasser beim durchschnittlichen Spülvorgang einer neuen, handelsüblichen Toilette verbraucht wurden: 3,78 Liter. Mein Hirn war ein Sammelsurium an derart überflüssigen Informationen.
„In einer Stunde ist Sonnenaufgang“, ließ sich Tamara mit strengem Ton vernehmen und riss mich damit aus meinen Gedanken.
„Das weiß ich auch.“
„Da bin ich mir nicht so sicher“, sagte sie kichernd. „Du hast doch gar keine Uhr.“
„Dafür habe ich sehr ausgeprägte Vampirsinne, vielen Dank“, erwiderte ich, hängte mir den Rucksack über die Schulter und
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