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Broken Lands

Broken Lands

Titel: Broken Lands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Milford
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reale Möglichkeit –, dass er Walker besiegen konnte, ohne zu schummeln. Aber das verlangte einen ungeheuren Akt des Glaubens.
    Er legte die beiden übrigen Karten mit dem Gesicht nach unten auf den Tisch. Die oberste war der Lügner. Diese Karte schob er beiseite. Dann nahm er die andere Karte, drehte sie um und legte sie auf die Thaumaturgen.
    Walkers Kinnlade klappte nach unten. Sam holte tief Atem und schaute auf den Kartenstapel. Dann stand auch sein Mund weit offen: Er wusste genau, was er in der Hand gehalten hatte; die letzte Karte war ein unbedeutender Heiliger mit einem Einhorn gewesen. Aber was nun auf den Thaumaturgen lag, war des Teufels Advokat.
    Sam stieß den angehaltenen Atem aus. Erleichterung durchströmte jede Faser seines Körpers, sodass ihm schwindelig wurde.
    «Nein!», keuchte Walker auf. Er bückte sich und drehte die beiden Karten um, die er vom Tisch geschnickt hatte: ein Marschall und ein Nothelfer. Kein Advokat.
    «Das ist nicht möglich», protestierte er und starrte die Karten an.
    Sam zuckte mit den Schultern und lächelte. «Es ist ein Wunder.» Aber das stimmte nicht. Er hatte herausgefunden, wie man dieses Spiel gewann. Die Karten hatten gute Arbeit geleistet, aber nur weil Sam begriffen hatte, wozu sie fähig waren.
    Das Spiel war vorbei. Er hatte gewonnen.
    Tesserian stieß einen Jubelschrei aus und klopfte ihm auf die Schultern. «Ich glaube, du schuldest diesem Jungen seinen Gewinn, Rotschwäre.»
    Walker stand auf. Die Sommersprossen auf seiner Haut wurden rasch dunkler. Er streckte die Hand nach Bones aus.
    «Walker», sagte Bones warnend.
    Walker schnippte mit den Fingern. Bones verdrehte die Muschelschalen-Augen und legte die Zunderbüchse aus gehämmertem Zinn in die Hand des Rothaarigen. Der warf sie Sam zu. «Ich schlage vor, du setzt dich umgehend in Bewegung.»
    Mit zitternden Händen fing Sam die kleine Zunderbüchse auf. Sie war kühl, aber durch die kleinen Löcher in dem Zinn konnte er ein rosiges Glühen erkennen.
    Dann erst sickerte durch, was Walker gesagt hatte. «Was?»
    «Ich sagte, du solltest dich umgehend in Bewegung setzen.» Walker klopfte sich den Staub von den Anzughosen und zog sein Jackett an. «Wir geben dir eine halbe Stunde Vorsprung.»
    «Was?»
    «Du hast das Spiel gewonnen», stieß Walker durch die gebleckten Zähne hervor, «und dafür gebe ich dir, was vereinbart war. Wenn du versucht hättest, das Spiel hiermit zu gewinnen» – er drehte Sams letzte Karte um, den Lügner –, «dann hätte ich dich auf der Stelle getötet.»
    Die Finger des rothaarigen Mannes umklammerten die Kanten der Kiste, die als Tisch gedient hatte, als ob er an sich halten müsste, um Sam nicht an die Gurgel zu gehen. «Aber du hast es nicht getan, also gebe ich dir, was du gewonnen hast, und ein bisschen Zeit.» Das Holz der Kiste knirschte protestierend auf. «Aber das ist alles.»
    Sam schluckte schwer. Also hatte es Walker die ganze Zeit gewusst.
    Walker grinste ein entsetzliches, zorniges Grinsen. «Natürlich habe ich es gewusst, du kleine Ratte. Ich habe deinen lächerlichen Taschenspielertrick bemerkt. Ich war bloß so arrogant zu glauben, dass ich dich auf jeden Fall besiegen könnte. Und deswegen werde ich dich jagen und dich in Stücke reißen, vor den Augen dieses Mädchens. An deiner Stelle würde ich mich schleunigst auf den Weg machen.»
    Bones zog die Taschenuhr hervor und warf einen Blick darauf. «Noch neunundzwanzig Minuten.»
    Sam rannte los.
    Hoch oben in der Hotelsuite drängten sich Susannah Asher, Tom Guyot, Ilana Ponzi und Mr. Burns am Fenster. Sie sahen, wie Sam aufsprang, die Kiste umwarf und dabei die Karten in alle Richtungen verstreute und sich dann in Höchstgeschwindigkeit von Walker, Bones und einem dritten, unbekannten Mann entfernte.
    «Ich hoffe, Mike ist bereit», seufzte Susannah. «Es kommt mir immer noch nicht richtig vor, dass ich nicht dort bin. Auf der Brücke, meine ich. Es kommt mir nicht richtig vor, dass ich … dass ich andere in die Gefahr bringe und selbst in Sicherheit bin und hoffen muss, dass ihnen nichts passiert.»
    Mr. Burns lächelte sie an. «So fühlt man sich, wenn man Menschen in die Schlacht schickt. Es spricht für Sie, dass Ihnen nicht wohl dabei ist.»
    Sie ließ sich auf ein Sofa fallen und barg den Kopf in den Händen. Ilana setzte sich neben sie. «Kann ich irgendetwas für dich tun, Susannah?»
    «Macht sich deine Mutter keine Sorgen, wo du steckst?», antwortete Susannah mit einer Gegenfrage.

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